Sonstiges IP-Recht
EU-Parlament stimmt Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haftung für fehlerhafte Produkte zu
Dies geschah am 12. März 2024. Damit wird sich in den nächsten Jahren das Produkthaftungsrecht, dass in Deutschland vor allem über die Umsetzung des bisherigen EU-Rechts, dem Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ProdHaftG), ändern und reformierten. Die EU-Richtlinie muss nach der finalen Rechtssetzung im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Dann besteht ab Inkrafttreten der EU-Richtlinie eine Umsetzungsfrist von 24 Monaten für die Mitgliedsstaaten der EU. Wesentliche Inhalte der EU-Richtlinie sind folgende: 1. Anpassung der Definition des „Produktes“ 2. Ausnahme der Geltung der Regelungen 3. Neuregelung der Schadensersatzbegründungsgrundlagen, Art. 6 I 4. Neufassung und wesentliche Erweiterung des Fehlerbegriffs, Art.7 5. Haftende, Art 8 6. Beweislastregelung, Art. 10 7. Verjährungsfristen,…
EuG: Bekannter Musikstar trägt Turnschuhe mit einem bestimmten Design, dass einem später eingetragenen Design ähnlich ist = Neuheit für späteren Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz nicht mehr gegeben
Und daher muss diese auf Antrag hin zu Recht gelöscht werden. So das Europäische Gericht in seinem Urteil vom 6. März 2024 (Az.: T-647/22). In einigen Instagram-Posts im Jahre 2014 hatte ein bekannter Musikstar Turnschuhe in weißer Farbe und mit dicker schwarzer Sohle getragen. Ein Sportartikelhersteller hatte später ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beim EUIPO beantragt und dieses im August 2016 eingetragen bekommen. Dagegen ist ein Unternehmen erfolgreich vorgegangen, wie das Europäische Gericht nunmehr feststellte, und konnte die Neuheit widerlegen. Das Gericht sah die wesentlichen Merkmale der Produkte aus dem Jahr 2014 aus den Veröffentlichungen und die aus dem Schutzumfang des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters als gleich an.
KG Berlin: Die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO bei Verstoß gegen Unterlassungsverurteilung ist möglich, auch wenn Verstoß zum Zeitpunkt der Antragstellung und Verurteilung nicht mehr vorliegt
So das Gericht in seinem Beschluss vom 2. Januar 2024 (Az.: 5 W 140/23) in einem Bestrafungsverfahren nach erfolgter Verurteilung zur Unterlassung. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Das Abstellen der zu unterlassenden Handlung, also das Absehen von weiteren Verstößen, macht den vorher eingetretenen Verstoß nicht ungeschehen. Bereits nach dem Wortlaut des § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO erfordert die Verhängung eines Ordnungsmittels allein, dass der Schuldner (wie in die Vorschrift hineinzulesen ist: schuldhaft) der ihm auferlegten Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen, zuwiderhandelt. Die Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO setzt aber schon nach dem Wortlaut dieser Norm nicht voraus, dass die schuldhafte Zuwiderhandlung noch im Zeitpunkt der Beantragung…
BGH: keine Beschwer für sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen Ordnungsmittelbeschluss, wenn Ordnungsgeldantrag ohne Betrag oder Mindestsumme gestellt wurde und Gericht im Ermessen entscheiden kann
So das Gericht in seinem Beschluss vom 23. November 2023 (Az.: I ZB 29/23) bezogen auf eine Entscheidung des OLG Hamburg. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Ergibt sich aus dem Ordnungsmittelantrag des Gläubigers – einschließlich dessen Begründung – weder ein (Mindest-)Betrag noch eine Größenordnung für das beantragte Ordnungsgeld, legt der Gläubiger die Sanktionierung des Verhaltens des Schuldners einschließlich der damit zusammenhängenden effektiven Durchsetzung seines titulierten Rechts in das Ermessen des Gerichts. Sein Rechtsschutzziel ist dann beschränkt auf die Verhängung (irgend-)eines Ordnungsmittels. Übt das Gericht – wie hier – sein Ermessen aus und verhängt ein Ordnungsmittel, ist ein solches vom Gläubiger verfolgte Rechtsschutzziel erfüllt und fehlt es…
OLG Düsseldorf: Durch Rechtsanwaltskanzlei verfasste Unterlassungserklärung kann AGB-Regelungen unterfallen-> Vertragsstrafeklausel mit uneingeschränktem Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs ist dann Verstoß gegen § 307 I BGB
So das Gericht in seinem Urteil vom 23. November 2023 (Az.: 2 U 99/22) im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem ein Anspruch aus einer Unterlassungserklärung auf Vertragsstrafe geltend gemacht wurde, der sich auf eine Verletzung von Patentrechten bezog. Zum Thema „Anwendung des AGB-Rechts“ führt das Gericht unter anderem in den Entscheidungsgründen aus: „…Es drängt sich vorliegend bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung auf, dass der Inhaber von Schutzrechten eine Unterlassungserklärung regelmäßig nicht allein für den konkreten Einzelfall formuliert bzw. formulieren lässt, sondern – schon aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus – eine Mehrfachverwendungsabsicht verfolgt. Er wird darauf bedacht sein, ein Standardformular zu entwickeln, dass sich mit möglichst wenigen Modifikationen an die jeweilige Situation anpassen…
OLG Hamburg: Dringlichkeitsfrist im Geschmacksmusterverletzung beginnt erst mit Zugang eines Testkaufes-Bestätigung eigener bestehender Rechtsprechung
So das Gericht in einem Rechtsstreit um Schuhe, geführt in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, und dem Berufungsurteil vom 5. Juli 2023 (Az.: 5 U 121/22). Das Gericht führt zur Dringlichkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Der Senat hält jedoch an seiner Rechtsprechung fest, wonach sich die Frage einer Geschmacksmusterverletzung in aller Regel nur anhand des Originalerzeugnisses zuverlässig beurteilen lässt, so dass die Dringlichkeitsfrist regelmäßig erst ab Zugang des per Testkauf bestellten Gegenstands läuft (Senat GRUR-RS 2021, 55227 Rn. 24 – Rasierkopf). Ein potentiell Verletzter darf den Beginn der Dringlichkeitsfrist allerdings nicht durch eine verspätete Auslösung des Testkaufs hinauszögern. Kennt der Verletzte bereits konkrete Umstände, die eine Verletzung…
LG Düsseldorf:Erstmalige Verweigerung der Entfernung von geschmacktsmusterverletzenden Angeboten bei zuvor erfolgten Entfernung solcher Angebote begründet neue Dringlichkeit für einstweiliges Verfügungsverfahren
So entschieden durch das Gericht mit Urteil vom 22. August 2023 (Az.: 14c O 67/23) in einer Auseinandersetzung um rechtsverletzende Verkaufsangebote auf einer bekannten Onlinehandelsplattform, die ein bestehendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster verletzten. Unter anderem war eingewendet worden, dass für das geführte einstweilige Verfügungsverfahren keine Dringlichkeit mehr bestehe, da im Februar 2023 die Verfügungsklägerin sich mit der bloßen Beseitigung der Angebote begnügt habe und eben keine Sicherung eines Unterlassungsanspruchs per Gerichtsverfahren durchgeführt habe. Für das Gericht ist der Verfügungsgrund geben. Es führt in den Entscheidungsgründen aus: „…Schließlich ist auch der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin ist zur Wahrung ihrer Rechte auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. Sie hat durch…
OLG Düsseldorf: In einer Patentstreitsache sind Kosten für Hinzuziehung eines Patentanwalts zu erstatten, wenn im Rahmen der Patentstreitsache ein technischer Sachverhalt in patentrechtlichem Zusammenhang zu klären ist
Dies betrifft nicht nur den Fall einer Verletzung von Patentrechten und die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, sondern auch Fälle, in den sich eines Anspruchs berühmt wird. So das Gericht in seinem Beschluss vom 25. Juli 2023 (Az.: 15 W 15/23). In dem Beschwerdeverfahren zur Kostenfestsetzung sprach das Gericht die Erstattung der Patentanwaltskosten zu, die für die Hinzuziehung eines Patentanwalts in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem es um die Unterlassung von Berühmungen zu angeblichen Patentverletzungen der Antragstellerin durch Angebote von Produkten auf einer Internetverkaufsplattform ging. Dies erfüllt für das Gericht zunächst den Sachverhalt einer Patentstreitsache nach § 143 III PatG. Dazu führt das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Um einen…
OLG Frankfurt a.M.: kein Rechtsmissbrauch zu Lasten des Antragsstellers in einem kennzeichenrechtlichen einstweiligen Verfügungsverfahren bei Vorenthalten von Informationen, wenn Antragsgegner ebenfalls angehört wird
So das Gericht in seinem Beschluss vom 3. Juli 2023 (Az.: 6 W 50/23) in einem kennzeichenrechtlichen Rechtsstreit rund um den Parallelimport von Arzneimitteln und daraus resultierenden Ansprüche auf Unterlassung, mit den noch streitigen Ansprüchen per Beschluss einer einstweiligen Verfügung erlassen wurden. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen aus: „…Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragstellerin ist nicht ersichtlich. Zwar weist das Landgericht zu Recht darauf hin, dass ein Indiz für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen darin gesehen werden kann, dass der Antragsteller die Reaktion des Antragsgegners auf eine vorgerichtliche Abmahnung verschweigt. Die prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet den Antragsteller zu vollständiger Erklärung über die tatsächlichen Umstände (BVerfG WRP 2021,…
OLG Nürnberg: Dringlichkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Grundlage des Geschäftsgeheimnisschutzgesetzes kann durch Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist widerlegt sein
Dies gilt, so das Gericht in seinem Hinweisbeschluss vom 6. Juli 2023, Az.: 3 U 889/23, auch wenn die Vorschrift aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) in Form des § 12 I UWG nicht anwendbar ist, der eine widerlegbare Dringlichkeitsvermutung im einstweiligen Verfügungsverfahren begründet. Das Gericht sieht allein aus den Vorschriften der §§ 935,940 ZPO eine Dringlichkeitsvoraussetzung, die zu berücksichtigen ist. Und diesen Vorschriften steht der Antrag auf Verlängerung einer Frist zur Berufungsbegründung nach Ansicht des Gerichts entgegen. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus: „…Der somit im vorliegenden Fall grundsätzlich zu bejahende Verfügungsgrund fehlt wegen Selbstwiderlegung, da die Verfügungsklägerin durch ihr Verhalten selbst zu erkennen gegeben…