Markenrecht

Update: LG München I: Münchener Brauerei darf weiterhin Bezeichnung „Spezi“ nutzen

Eine ordentliche Kündigung einer Abgrenzungsvereinbarung grundsätzlich nicht möglich/außerordentliche Kündigung im Streitfall mangels Anlass nicht gegeben- Interessante Erwägungen und Ausführungen, die sich der vorliegenden Pressemitteilung zu dem Urteil des LG München I vom 11. Oktober 2022 (Az.: Az. 33 O 10784/21) entnehmen lassen. Insbesondere die Ansicht, dass eine Abgrenzungsvereinbarung keiner Möglichkeit der ordentlichen Kündigung unterliegt, könnte, sofern kein Rechtsmittel eingelegt wird, auf bestehende Vereinbarungen und etwaige Rechtsstreitigkeiten Einfluss haben. Der Link zur Pressemitteilung hier: https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/landgericht/muenchen-1/presse/2022/24.php4

Update vom 19. Oktober 2022

In dem nunmehr veröffentlichten Volltext der Urteilsbegründung (das Urteil ist nicht rechtskräftig und daher Berufung möglich) führt das Gericht zu der Ansicht, dass eine Abgrenzungsvereinbarung nicht ordentlich kündbar ist, in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Nach überwiegender und auch von der erkennenden Kammer vertretenen Auffassung sind markenrechtliche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen – im Gegensatz zu Lizenzverträgen – nicht ordentlich kündbar (arg. ex §§ 314, 544 BGB). Denn die Schutzdauer eingetragener Markenrechte kann durch einfache Gebührenzahlung unbegrenzt verlängert werden. Das berechtigte Bedürfnis nach einer Abgrenzung der Benutzungsbefugnisse für (tatsächlich oder vermeintlich) verwechslungsfähige Zeichen besteht deshalb ebenfalls regelmäßig zeitlich unbegrenzt, zumal wenn – wie im Streitfall – mit dem Abschluss der Koexistenz- bzw. Abgrenzungsvereinbarung eine endgültige Beilegung bestehender Meinungsverschiedenheiten beabsichtigt war, und die Parteien im Anschluss an diese Vereinbarung im Vertrauen auf deren Bestand vorhersehbar erhebliche Investitionen in ihren jeweiligen Markenaufbau getätigt haben (vgl. zu Koexistenz- bzw. Abgrenzungsvereinbarungen BGH GRUR 2011, 641 Rdnr. 47 – Jette Joop sowie BGH GRUR 2002, 703 – VOSSIUS & PARTNER; BeckOK/Mielke, MarkenG, 30. Edition, Stand: 01.07.2022, § 14 Rdnr. 29; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, § 14 Rdnr. 55; Fezer, MarkenG, 4. Auflage, § 14 Rdnr. 1101; Harte-Bavendamm/v. Bomhard GRUR 1998, 530; Elemenhorst/Schopp WRP 2012, 1356, 1357, 1360; offenlassend („jedenfalls aus wichtigem Grund“) Ströbele/Hacker/Thiering/Hacker, MarkenG, 13. Auflage, § 14 Rdnr. 302 mit Verweis auf § 15 Rdnr. 37; zur Geltungsdauer von Unterlassungsverpflichtungen allgemein BGH NJW 2012, 3162). Die Vereinbarung 1974 konnte daher durch die Kündigungen der Beklagten vom 25.05.2021 bzw. 27.04.2022 nicht ordentlich gekündigt werden.

Diesem Ergebnis stehen die von der Beklagten zur Stützung ihrer Auffassung herangezogenen, lange vor Einführung des § 314 BGB durch das SchuldRModG ergangenen Entscheidungen BGH GRUR 1959, 384 – Postkalender und BGH GRUR 1970, 528 – Migrol nicht entgegen:

In der Entscheidung BGH GRUR 1959, 384 – Postkalender ging es um die Frage der Kündbarkeit eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet auf die Überlassung der drucktechnischen Herstellung eines Kalenders auf unbestimmte Zeit. Eine solche ständige Vertragsbeziehung ist aber schon ihrem Wesen nach nicht mit einer kennzeichenrechtlichen Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung vergleichbar, die gerade die Rechtsbeziehung zweier Parteien in Bezug auf die jeweiligen Zeichennutzungen endgültig regeln und die Schutzbereiche voneinander abgrenzen soll. Zudem knüpfte der BGH im Falle „Postkalender“ die ordentliche Kündbarkeit des dortigen Dauerschuldverhältnisses an die Berücksichtigung aller wesentlichen Begleitumstände unter Abwägung der Interessenlage der Vertragsparteien nach Treu und Glauben und den Verkehrssitten. Im Streitfall aber würde eine ordentliche Kündbarkeit schon an den an einer endgültigen Streitbeilegung ausgerichteten Interessen der Parteien bei Abschluss der Vereinbarung 1974 scheitern.

Der Entscheidung BGH GRUR 1970, 528 – Migrol hingegen lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem es um die Kündigung einer Vereinbarung ging, durch die einem anderen die Benutzung einer Bezeichnung ohne zeitliche Begrenzung gestattet worden war. In diesem Fall hat der BGH eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit wegen der Besonderheiten des Falles in Erwägung gezogen, denn der dortigen Beklagten wurde die Benutzung einer eng an den bekannten und wertvollen Firmennamen „Migros“ angelehnten Bezeichnung unentgeltlich gestattet; zudem stellte die getroffene Vereinbarung ein noch ergänzungsbedürftiges Provisorium dar. Beides trifft auf die Vereinbarung 1974 indes nicht zu. Weder wurde diese unentgeltlich geschlossen, noch hat diese einen lediglich provisorischen Charakter; im Gegenteil beinhaltet die Vereinbarung 1974 vielmehr eine dauerhafte Konfliktlösung….“

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