Sonstiges IP-Recht

OLG Düsseldorf: In einer Patentstreitsache sind Kosten für Hinzuziehung eines Patentanwalts zu erstatten, wenn im Rahmen der Patentstreitsache ein technischer Sachverhalt in patentrechtlichem Zusammenhang zu klären ist

Dies betrifft nicht nur den Fall einer Verletzung von Patentrechten und die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen, sondern auch Fälle, in den sich eines Anspruchs berühmt wird. So das Gericht in seinem Beschluss vom 25. Juli 2023 (Az.: 15 W 15/23).

In dem Beschwerdeverfahren zur Kostenfestsetzung sprach das Gericht die Erstattung der Patentanwaltskosten zu, die für die Hinzuziehung eines Patentanwalts in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem es um die Unterlassung von Berühmungen zu angeblichen Patentverletzungen der Antragstellerin durch Angebote von Produkten auf einer Internetverkaufsplattform ging.

Dies erfüllt für das Gericht zunächst den Sachverhalt einer Patentstreitsache nach § 143 III PatG. Dazu führt das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Um einen derartigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelte es sich bei dem Verfügungsantrag der Antragstellerin vom 21.09.2022, wobei es im Rahmen dieses Antrags maßgeblich darum ging, ob die Antragstellerin mit dem von ihr bislang auf der Online-Plattform xxx angebotenen Produkt mit der Bezeichnung „MX“ – wie von der Antragsgegnerin gegenüber xxx behauptet – zwei Patente der Antragsgegnerin (nachfolgend auch: Berühmungspatente) verletzt. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nahm die Antragstellerin die Antragsgegnerin darauf in Anspruch, es zu unterlassen, gegenüber xxx im Rahmen eines von xxx zur Verfügung gestellten Beschwerdeverfahrens Beschwerden an xxx zu richten und/oder richten zu lassen mit der Behauptung, das von der Antragstellerin auf der Handelsplattform xxx eingestellte Angebot des Produkts „MX“ verletze den Anspruch 15 des europäischen Patents xxx xxx xxx B1 oder das deutsche Patent DE xx xxx xxx xxx der Antragsgegnerin, sowie die entsprechenden Beschwerden gegenüber xxx zurückzunehmen und auf dem von xxx dafür vorgesehenen technischen Weg zurückzuziehen. Zugrunde lagen diesem auf §§ 8, 3, 4 Nr. 4 UWG und auf §§ 826, 823 Abs. 2, 1004 BGB gestützten Verfügungsbegehren, dem das Landgericht mit Beschluss vom 22.09.2022 entsprochen hat, zwei von der Antragsgegnerin bei xxx eingereichte Beschwerden, mit denen die Antragsgegnerin geltend gemacht hatte, das von der Antragstellerin auf der Online-Plattform xxx angebotene Erzeugnis verletze ihr deutsches Patent DE xx xxx xxx xxx und mittelbar den Patentanspruch A1 ihres europäischen Patents EP xxx xxx xxx. Die Antragsgegnerin hatte sich damit gegenüber einem Dritten (xxx) berühmt, die Antragstellerin verletze mit dem von ihr auf der Online-Plattform xxx angebotenen Produkt „MX“ zum einen das deutsche Patent DE xx xxx xxx und zum anderen mittelbar den deutschen Teil des europäischen Patents EP xxx xxx xxx der Antragsgegnerin. Dies hatte dazu geführt, dass xxx das Angebot dieses Produkt von seiner Handelsplattform entfernte. Mit ihrem Verfügungsantrag machte die Antragstellerin geltend, dass das von ihr angebotene Produkt weder den deutschen Teil des europäischen Patents EP xxx xxx xxx der Antragsgegnerin, auch nicht mittelbar dessen Patentanspruch A1, noch das deutsche Patent DE xx xxxx xxx xxx der Antragsgegnerin verletzt und nahm die Antragstellerin deshalb auf Unterlassung entsprechender Beschwerden gegenüber xxx und auf Rücknahme der eingereichten Beschwerden in Anspruch. Bei dem von der Antragstellerin eingeleiteten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung handelte es sich damit um eine Patentstreitsache im Sinne des § 143 Abs. 1 PatG, weshalb auch die zuständige Patentstreitkammer beim Landgericht über den Verfügungsantrag der Antragstellerin entschieden hat…“

Die Kosten waren für das Gericht ebenfalls erstattungsfähig, da ein technischer Sachverhalt zu klären war. Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Zwar machte die Antragstellerin in dem Verfügungsverfahren einen auf eine wettbewerbsrechtliche und/oder deliktsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützten Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch geltend. Dieser Verfügungsanspruch hing jedoch – was die Rechtspflegerin übersehen hat – davon ab, ob das von der Antragstellerin angebotene Erzeugnis die Berühmungspatente der Antragsgegnerin nicht unmittelbar bzw. mittelbar verletzt. In dem zugrundeliegenden Verfügungsverfahren der Parteien ging es damit auch und gerade um die Frage der Verletzung bzw. Nichtverletzung zweier Patente durch eine bestimmte technische Ausgestaltung und damit um die Beurteilung eines technischen Sachverhalts in patentrechtlichem Zusammenhang. Um die Nichtverletzung der von der Antragstellerin gegenüber xxx angeführten Patente im Einzelnen nachvollziehbar darzutun und gegenüber dem Gericht deren Nichtverletzung glaubhaft zu machen, durfte es die Antragstellerin hier im Zeitpunkt der Einleitung des Verfügungsverfahrens für erforderlich halten, einen Patentanwalt mit der Mitwirkung zu beauftragen. Das gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin vorprozessual ihrerseits einen Patentanwalt beauftragt hatte, der auf die Abmahnung der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin noch ausgeführt hatte, dass „an der mittelbaren Verletzung der europäischen Patente kein Zweifel bestehen“ könne, „was im Anschluss an ausführliche Erläuterungen gegenüber der Rechtsabteilung von xxx schließlich von der Rechtsabteilung auch so gesehen worden“ sei (Anlage AS09, LG-Anlagenband ASt). Da die behauptete Patentverletzung von dem Patentanwalt der Antragsgegnerin nicht näher begründet worden war, war für die Antragstellerin zu Beginn des Verfahrens nicht sicher vorhersehbar, welche technischen und patentrechtlichen Argumente die Antragsgegnerin für die von ihr behauptete Patentverletzung im Verfahren anführen würde. Daher war es für die Antragstellerin hier auch im Sinne des Beschreitens des sichersten Wegs sinnvoll, einen Patentanwalt zu beauftragen, der ihr mit seinem Spezialwissen und technischen Sachverstand beratend zur Seite steht…“

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