Allerlei,  Sonstiges IP-Recht

LG Köln: Unterlassungserklärung unter auflösenden Bedingung der Bestätigung der geltend gemachten Ansprüche durch Gerichtsverfahren räumt Wiederholungsgefahr nicht aus

Unterlassungserklärung unter auflösenden Bedingung der Bestätigung der geltend gemachten Ansprüche durch Gerichtsverfahren räumt Wiederholungsgefahr nicht aus – Diese räumt die Wiederholungsgefahr für einen Unterlassungsanspruch, im Streitfall ein Anspruch aus dem Urheberrecht, nicht aus. So das LG Köln in seinem Urteil vom 3. Februar 2022 (Az.: 14 O 392/21) in einem einstweiligen Verfügungsverfahren. Es waren Verletzungshandlungen durch eine Verbreitung in Social Media Anwendungen streitig.

Unterlassungserklärung unter auflösenden Bedingung der Bestätigung der geltend gemachten Ansprüche durch Gerichtsverfahren räumt Wiederholungsgefahr nicht aus – Ansicht des Gerichts

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor; sie wird durch die vorangegangene Verletzung indiziert. Die Verfügungsbeklagte zu 2), die wegen der hier streitgegenständlichen konkreten Verletzung nicht abgemahnt worden ist, hat sich jedenfalls nicht unterworden.

Die Verfügungsbeklagte zu1) hat zwar eine Unterlassungserklärung im Laufe des Verfahrens abgegeben. Diese war aber nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen.

An die Ausräumung der Vermutung werden strenge Anforderungen gestellt. Schon geringe Zweifel gehen zu Lasten des Schuldners. Die bloße Erklärung des Verletzers, er werde das beanstandete Verhalten einstellen, reicht danach regelmäßig nicht aus, auch wenn es sich um ein angesehenes und bedeutendes Unternehmen handelt. Das Gleiche gilt, wenn der Verletzer die Verletzung tatsächlich einstellt. Der Wegfall der Wiederholungsgefahr wird vielmehr regelmäßig erst dadurch herbeigeführt, dass der Verletzer sich unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung unwiderruflich zur Unterlassung verpflichtet (vgl. Fromm/Nordemann/Jan Bernd Nordemann, 12. Aufl. 2018, UrhG § 97 Rn. 31f. mwN aus der Rechtsprechung). Im hier einschlägigen Bereich der Schutzrechtsverletzungen ist regelmäßig nur eine uneingeschränkte, bedingungslose und unwiderrufliche Unterwerfungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung geeignet, die Besorgnis künftiger Verstöße auszuräumen, während grundsätzlich schon geringe Zweifel an der Ernstlichkeit der übernommenen Unterlassungsverpflichtung zu Lasten des Schuldners gehen. Es muss sich jedoch um objektivierbare Zweifel und nicht nur um subjektive Befürchtungen des Unterlassungsgläubigers handeln; nicht jede Modifikation einer von ihm vorformulierten Erklärung lässt auf fehlende Ernstlichkeit schließen. Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Unterlassungsverpflichtung und damit für deren Eignung zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB), zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck, die Beziehung zwischen den Vertragsparteien und ihre Interessenlage heranzuziehen sind (OLG Köln, ZUM-RD 2011, 18). Vorbehalte in der Erklärung sind allenfalls ausnahmsweise und jedenfalls nur insoweit unschädlich, als sie mit Sinn und Zweck einer Unterwerfungserklärung vereinbar sind, also eine abschließende (außergerichtliche) Unterbindung rechtswidrigen Verhaltens nicht ausschließen. Als ein solcher – zulässiger – Vorbehalt kommt eine auflösende Bedingung in Betracht, wenn diese in einer Änderung der Rechtslage – oder in deren verbindlicher Klärung in entsprechendem Sinne – besteht, durch die das zu unterlassende Verhalten rechtmäßig bzw. seine Zulässigkeit verbindlich geklärt wird; die Rechtmäßigkeit muss zweifelsfrei und allgemein verbindlich feststehen (zum UWG: BGH GRUR 1993, 677, 679 – Bedingte Unterwerfung).

Diesen Anforderungen wird die Unterlassungserklärung der Verfügungsbeklagten zu 1) vom 29.11.2021 (Anlage AG 1.3, Bl. 229 GA) nicht gerecht. Die Unterlassungserklärung enthielt den folgenden Passus der Unterlassungsverpflichtung: „bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim LG Köln zum Aktenzeichen 14 O 392/21 anhängigen einstweiligen Verfügungsverfahrens und eines dazu ggf. noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahrens, die die mit dem Verfügungsantrag geltend gemachten Unterlassungsansprüche der Antragstellerin bestätigen, oder deren einvernehmlichen Beendigung“. Diese Einschränkung war nach §§ 133, 157 BGB auszulegen. Aus dem objektivierten Empfängerhorizont könnte dies als auflösende Bedingung zu verstehen sein. Diese auflösende Bedingung entspricht jedoch nicht den obigen Anforderungen des BGH, wonach die Rechtmäßigkeit des zu unterlassenden Handelns zweifelsfrei und allgemein verbindlich feststehen muss. Die Einschränkung nimmt vielmehr Bezug auf eine Entscheidung bzw. einen Vergleich, der nur „inter partes“ verbindlich wird. Auch wird nicht hinreichend deutlich, was die Bedingung bezwecken soll, was zu Folgestreitigkeiten führen kann. So ist nicht verständlich, wieso die Unterlassungserklärung bei Bestätigung der klägerischen Ansprüche wegfallen soll – die Erklärung soll ja gerade eine solche Bestätigung im Verhältnis der Parteien zueinander vermeiden. Soweit hiermit auf das Prozessverhältnis zwischen der Verfügungsklägerin und der Verfügungsbeklagten zu 2) Bezug genommen werden soll, mangelt es an der Ernstlichkeit der Unterwerfung, weil hiermit durch die Bestätigung der Ansprüche die Unterlassungserklärung wegfiele und mithin die Wiederholungsgefahr wieder neu entstünde. Solche Auslegungsstreitigkeiten sollen aber durch die Unterwerfung grundsätzlich vermieden werden. Demnach bestehen objektivierbare Zweifel an der Ernstlichkeit der Unterlassungserklärung….“

Cookie Consent mit Real Cookie Banner