LG Düsseldorf:Erstmalige Verweigerung der Entfernung von geschmacktsmusterverletzenden Angeboten bei zuvor erfolgten Entfernung solcher Angebote begründet neue Dringlichkeit für einstweiliges Verfügungsverfahren

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So entschieden durch das Gericht mit Urteil vom 22. August 2023 (Az.: 14c O 67/23) in einer Auseinandersetzung um rechtsverletzende Verkaufsangebote auf einer bekannten Onlinehandelsplattform, die ein bestehendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster verletzten. Unter anderem war eingewendet worden, dass für das geführte einstweilige Verfügungsverfahren keine Dringlichkeit mehr bestehe, da im Februar 2023 die Verfügungsklägerin sich mit der bloßen Beseitigung der Angebote begnügt habe und eben keine Sicherung eines Unterlassungsanspruchs per Gerichtsverfahren durchgeführt habe.

Für das Gericht ist der Verfügungsgrund geben. Es führt in den Entscheidungsgründen aus:

„…Schließlich ist auch der gemäß §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

Die Antragstellerin ist zur Wahrung ihrer Rechte auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. Sie hat durch ihr Verhalten deutlich gemacht, dass ihr die Sache eilig ist. So hat sie erst durch Inaugenscheinnahme der im Rahmen der Testkäufe am 31.05.2023 erhaltenen Leuchten abschließend die Rechtsverletzung prüfen können. Nachdem die Antragsgegnerinnen bereits am 30.05.2023 mitgeteilt hatten, die Angebote der Verletzungsmuster nicht von ihrer Verkaufsplattform entfernen zu wollen, reichte die Antragstellerin am 05.06.2023 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei der Kammer ein.

Die Antragstellerin hat nicht durch zögerliches Verhalten gezeigt, dass ihr die Sache nicht eilig ist. Zwar ist den Antragsgegnerinnen zuzugestehen, dass die Dringlichkeit für einen Antrag zur Untersagung eines neuerlichen (zumindest kerngleichen) Verstoßes fehlt, wenn der Verletzte gegen einen früheren Verstoß nicht vorgegangen ist (ganz h.M.; vgl. etwa zum UWG Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UWG, § 12 Rn. 2.19 m.w.N.). Genauso anerkannt ist indes, dass die Dringlichkeit neu entstehen kann, wenn sich die Umstände wesentlich ändern, z.B., weil der Verletzer sein Verhalten intensiviert oder zwischenzeitlich eine völlig neue Verletzungssituation vorliegt (vgl. etwa zum UWG Köhler/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UWG, § 12 Rn. 2.19 m.w.N.). Hat der Antragsgegner dem Antragsteller beispielsweise durch zeitweiliges Einstellen der Verstöße den Anlass zu einem sofortigen Einschreiten genommen, kann die Sache mit einer – nicht zu erwartenden – Wiederaufnahme der Verstöße wieder dringlich werden (vgl. Berneke/Schüttpelz, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 4. Aufl. 2018, Rn. 182).

So liegt der Fall auch hier. Denn unstreitig hatten die Antragsgegnerinnen in der Vergangenheit immer auf die zahlreichen Löschungsverlangen der Antragstellerin reagiert und die von der Antragstellerin als geschmacksmusterverletzend reklamierten Angebote kurzfristig von ihrer Verkaufsplattform entfernt. Damit durfte die Antragstellerin sich zunächst zufriedengeben. Sie war nach der Einstellung der Verstöße durch die Antragsgegnerinnen, auf deren Verkaufsplattform auch die Originalerzeugnisse der Antragstellerin vertrieben werden, nicht gehalten, nunmehr auch noch (einstweilige) gerichtliche Schritte gegen diese zu ergreifen, um die Dringlichkeit nicht zu gefährden. Vielmehr haben die Antragsgegnerinnen dadurch, dass sie im Hinblick auf die streitgegenständlichen Verletzungsmuster erstmals eine Entfernung der Angebote von ihrer Verkaufsplattform verweigert haben, neue, intensivere Verstöße begründet, wodurch die Sache für die Antragstellerin wieder dringlich wurde, was sie durch ihr oben beschriebenes zügiges Tätigwerden, nämlich sofortige Durchführung der Testkäufe und Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, belegt hat…“