Parallelimport von Arzneimitteln und Markenrecht – Dies ist immer wieder Thema in markenrechtlichen Streitigkeiten und damit auch in der Rechtsprechung. Jüngst hat das OLG Frankfurt a.M. eine weitere Entscheidung in seinem Urteil vom 31. März 2022 (Az.: 6 U 165/20) in genau einer solchen markenrechtlichen Streitigkeiten rund um die Frage getroffen, in wie fern das Überkleben von Marken, in vollständiger oder teilweiser Form, auf den Produktverpackungen durch das Unternehmen, dass den Parallelimport durchführt und die Produkte dann wieder anbietet, eine Markenrechtsverletzung ist oder nicht. Bekanntlich ist in Kennzeichenstreitsachen eine Einzelfallbewertung erforderlich. Im Streitfall sahen die Richter bezogen auf die konkreten, zu bewertenden, Produktverpackungen keine Markenrechtsverletzung und damit unter anderem auch keinen Unterlassungsanspruch.
Parallelimport von Arzneimitteln und Markenrecht – Begründung des Gerichts im Streitfall
Das Gericht argumentiert in dem Urteil unter anderem wie folgt:
„… Die Klägerin kann sich dem weiteren Vertrieb der auf diese Weise veränderten Packungen gleichwohl nicht widersetzen, weil die Geltendmachung der Rechte aus den Klagemarken zu einer künstlichen Abschottung der nationalen Märkte führen würde.
Von einer künstlichen Marktabschottung ist auszugehen, wenn Regelungen oder Praktiken im Einfuhrland den Vertrieb der Ware in der unveränderten Originalverpackung verhindern; dagegen ist die Erforderlichkeit für das Umverpacken bzw. die Neuetikettierung nicht gegeben, wenn der Parallelimporteur damit lediglich einen wirtschaftlichen Vorteil erlangen möchte (OLG Frankfurt am Main PharmR 2017, 304, Rn 6; EuGH GRUR 2007, 586, Rn 36, 37 – Boehringer Ingelheim – Swingward II). Die Anforderungen an eine objektive Zwangslage in diesem Sinne dürfen nicht überspannt werden.
Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, die PZN der Klägerin durch ihre eigene zu ersetzen. Ohne die von der Beklagten angebrachte eigene PZN sind die von der Beklagten angebotenen Packungen nicht mittels des Warenwirtschafts- und Abrechnungssystems von den Packungen der Klägerin zu unterscheiden. Andernfalls könnte die Klägerin Wettbewerber von einem gleichwertigen Zugang zur elektronischen Warenwirtschaft ausschließen. Könnte die PZN nicht angebracht werden, würde kein Weitervertrieb möglich sein oder dieser zumindest erheblich erschwert, so dass im Endeffekt die Klägerin weiterhin Kontrolle über die Vertriebswege hätte, was mit dem Erschöpfungsgrundsatz unvereinbar wäre; zudem wäre auch der Preiswettbewerb erheblich behindert.
Damit unterstützt das Überkleben der PZN durch eine neue PZN der Beklagten den Normzweck der Erschöpfungsregelungen, der darin besteht, das Markenrecht angemessen zu begrenzen. Mit den Interessen des freien Wirtschaftsverkehrs ist es unvereinbar, den weiteren Vertrieb von Waren, die mit Zustimmung des Zeicheninhabers gekennzeichnet und in den Verkehr gebracht worden sind, markenrechtlich zu behindern….“