LG Flensburg: Angebot auf „Erstellung eines optimierten Google Business Eintrags und Einrichtung von Google Ads“ per Telefon im B2B-Bereich ist zu unbestimmt und damit kommt auch kein wirksamer Vertrag zustande
Dies gilt selbst dann, wenn der Angerufene telefonisch die Annahme erklärt hat. So das Gericht in seinem Urteil vom 29. Mai 2024 (Az.: 1 S 62/23) in einem Rechtsstreit, in dem ein Zahlungsanspruch aus einem vermeintlich am Telefon geschlossenen Vertrag geltend gemacht wurde. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Gegenstand und Inhalt des Vertrages müssen im Antrag so bestimmt oder so bestimmbar (§§ 133, 157, 315 ff. BGB) angegeben werden, dass die Annahme durch ein einfaches Ja erfolgen kann. Der Antrag muss vom Empfängerhorizont aus beurteilt verständlich sein (Grüneberg, 82. Auflage 2024, § 145 BGB, Rdnr. 1). Zwar ergeben sich aus der von der Klägerin eingereichten Transkription die Vertragsparteien, der von dem Beklagten in Raten zu zahlende Preis sowie die Vertragslaufzeit von drei Jahren. Die von der Klägerin geschuldete Leistung wird jedoch ausschließlich mit „für die Firma den optimierten Google Business Eintrag sowie die Google Ads Einrichtung (…) für drei Jahre zu erstellen (…), automatische Kündigung und Reputationsmanagement ist auch dabei“ bezeichnet. Was dies konkret bedeutet und im Einzelnen umfasst bzw. umfassen kann, wird im Telefonat nicht erwähnt. Die Beschreibung der von der Klägerin geschuldeten Leistung bleibt vage und unbestimmt.
So sind die Begriffe „optimierter Google Business Eintrag“ unspezifisch und interpretationsbedürftig. Es wird nicht definiert, was konkret unter Optimierung zu verstehen ist, welche Maßnahmen ergriffen werden und welche Ergebnisse zu erwarten sind. Auch hinsichtlich der Google Ads Einrichtung fehlen konkrete Angaben. Es bleibt offen, ob es sich um eine einmalige Einrichtung handelt, ob regelmäßige Wartungen und Anpassungen vorgesehen sind, oder ob gar Kampagnen eingerichtet werden sollen. „Einrichtung“ spricht erstmal nur für den bloßen Einrichtungsvorgang, die folgenden Worte „für die erste Laufzeit mit dem Neukundenrabatt zum Preis von 599 Euro netto für drei Jahre“ lassen jedoch eher vermuten, dass eine Leistung im gesamten Vertragszeitraum geschuldet sein sollen. Schließlich wird auch nicht erläutert, welche spezifischen Leistungen unter „Reputationsmanagement“ fallen sollen. Reputationsmanagement ist ein breit gefächertes Feld und kann verschiedene Dienstleistungen umfassen, wie zum Beispiel Überwachung von Online-Rezensionen, Reaktionsstrategien auf negative Bewertungen oder allgemeine Maßnahmen zur Verbesserung der Reputation…
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Leistungsinhalt bestimmbar gewesen sei, da es sich bei „Google (My) Business“ sowie „Google Ads“ um eindeutig identifizierbare Programme handele, deren Funktionen und Inhalte im Netz beschrieben seien. Die wesentlichen Vertragspunkte können auch dann nicht durch Auslegung ermittelt werden, wenn man sich über Funktionen und Inhalte (der Programme) näher erkundigt. Ebenso wenig überzeugt ihre Feststellung, dass der Beklagte hätte nachfragen können, wenn ihm Inhalt, Umfang und Bedeutung der angetragenen Leistungen der Klägerin nicht klar gewesen seien. Auf eine Nachlese- bzw. -fragemöglichkeit des Beklagten kann sich die Klägerin bereits aufgrund ihres gewählten Vorgehens nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht berufen. In diesem Zusammenhang wirkt sich die „Überrumpelungstaktik“ eines „cold calls“ unmittelbar auf den für die Angebotsauslegung relevanten Empfängerhorizont aus. Angesichts dieser kalkulierten Empfängersituation sind die Anforderungen an die Bestimmtheit bzw. einfache Nachvollziehbarkeit der unterbreiteten Leistungen erhöht, zumal das Geschäftsmodell der Klägerin auf einen verbindlichen Vertragsschluss bereits im Telefonat abzielt und daher keine Gelegenheit für den Adressaten bietet/bieten soll, sich ohne Druck über die o.g. Programme und Möglichkeiten zu informieren. Anders als die Klägerin meint, stellt sich die Kammer damit auch nicht gegen die Lebens-Kost-Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.04.2016 (I ZR 276/14 – juris). Vielmehr schließt sich die Kammer den Erwägungen des Bundesgerichtshofs an, wonach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht den Schutz der Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer bezweckt. Vorliegend geht es jedoch gar nicht um den Schutz der Entscheidungsfreiheit, sondern schlicht um den Empfängerhorizont. Keinesfalls vertritt die Kammer die Auffassung, dass Verträge nicht auch telefonisch in Überrumpelungssituationen geschlossen werden können…“