Am 28. Juni 2024 ist die EU-Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/125/EG (nachfolgend nur: Ökodesign-Verordnung) im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden.
Es wird ein Rechtsrahmen für das Ökodesign von Produkten festgelegt, wobei die konkreten, produktbezogenen, Inhalte dann durch delegierte Rechtsakte im Einzelfall festgelegt werden. In diesem Beitrag wird ein erster, grober, Überblick für die betroffene Unternehmen gegeben
A. Adressaten der Verordnung
Die Inhalte der Verordnung betreffen die gesamte Lieferkette, wobei neben dem Hersteller hier an dieser Stelle insbesondere der „Vertreiber“, somit Händler, benannt werden wird.
Grundsätzlich dürfen Hersteller Produkte erst nach Durchführung eines
Prüf- und Messverfahrens, dass in dem produktbezogenen delegierten Rechtsakt festgelegt wird, und mit Abgabe einer sog. EU-Konformitätserklärung in der Lieferkette zu platzieren. Ebenso erfolgt eine produktbezogene CE-Kennzeichnung für Nutzer, die damit die Einhaltung der Vorgaben erkennen können, sollen.
Importeure müssen die herstellerbezogenen pflichten prüfen und sicherstellen, dass die Vorgaben vor dem Inverkehrbringen in die EU erfüllt sind. Zudem müssen Importeure genauso wie Händler die erforderliche Etikettierung der Produkte und weitere Informationspflichten sicherzustellen, auf die nachfolgend eingegangen wird.
B. betroffene Produkte und Ausnahmen
Grundsätzlich sind alle Produkte betroffen. Die Verordnung gilt „für alle physischen Waren, die in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, einschließlich Bauteile und Zwischenprodukte“.
Jedoch sieht die Verordnung vor, dass folgende Produkte nicht umfasst sind:
- Lebensmittel
- Futtermittel
- Humanarzneimittel
- Tierarzneimittel
- lebende Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen
- Erzeugnisse menschlichen Ursprungs
- Erzeugnisse von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen
- Fahrzeuge, in Bezug auf diejenigen Produktaspekte, für die in sektorspezifischen Rechtsakten der Union, die für diese Fahrzeuge gelten, Anforderungen festgelegt sind
C. Informationspflichten
Die Verordnung gibt hier einen Rahmen von verschiedenen Informationspflichten vor, die dann in dem jeweiligen produktbezogenen delegierten Rechtsakt konkretisiert werden.
- Zugang zu allen einschlägigen Informationen für ein Produkt
- Der Händler muss sicherstellen, dass alle Informationen zu einem Produkt auch einem Kunden zugänglich sind. Dies gilt neben dem stationären Handel auch für den Vertrieb im Wege des Fernabsatzes.
- Zugang zu digitalem Produktpass
- Der Händler muss sicherstellen, dass der Kunde auf den digitalen Produktpass und dessen Inhalte zugreifen kann, die sich aus den produktspezifischen Vorgaben ergeben. Dies hat so zu erfolgen, dass das Merkmal der „leichten Zugänglichkeit“ erfüllt ist. Auch hier gilt diese Regelung neben dem stationären Handel für den Vertrieb im Fernabsatz.
- Der digitale Produktpass selbst ist in der Verordnung mit grundsätzlichen Vorgaben geregelt.
- Der Unternehmer, der das Produkt in der EU in Verkehr bringt, stellt den Händlern eine digitale Kopie des Datenträgers bereit, auf dem der digitale Produktpass enthalten ist
- Nach Anhang III der Verordnung sind gewisse Mindestinhalte für den digitalen Produktpass vorgesehen. Dazu gehören unter anderem Angaben zum Hersteller und Importeur sowie Benutzerhandbücher, Gebrauchsanleitungen, Warn- oder Sicherheitshinweise oder auch Hinweis auf die Konformität des Produktes mit Regelungen der EU.
- Verwendung und Nutzung von Etiketten
- Wie z.B. für den Bereich von Haushaltsgeräten bereits bestehend, wird zukünftig für viele Produkte mittels eines delegierten Rechtsaktes auch zur Vorgabe von Etiketten kommen, über die dem Kunden wesentliche Informationen zum Öko-Design eines Produktes mitgeteilt werden sollen.
D. Vernichtungsverbot für bestimmte Produkte
Darüber hinaus sieht die Verordnung ein grundsätzliches Vernichtungsverbot von Waren vor, dessen Einzelheiten wiederum produktspezifisch in einem delegierten Rechtsakt geregelt werden sollen.
Dieses Verbot gilt aber vorerst genauso wie eine ebenfalls vorgesehene Offenbarungspflicht zu vernichteten Produkten nicht für KMU (Kleinstunternehmen, kleine oder mittlere Unternehmen), für die diese Regelungen erst mit Wirkung zum 19. Juli 2030 Geltung erlangen.
Aber auch kann in den produktbezogenen delegierten Rechtsakten eine anderweitige Vorgabe erfolgen, und zwar unter folgenden grundsätzlichen Vorgaben:
- für mittlere Unternehmen, wenn genügend Anhaltspunkte vorliegen, dass auf sie ein beträchtlicher Anteil unverkaufter Verbraucherprodukte entfällt, die vernichtet werden
- für Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen oder mittlere Unternehmen, wenn genügend Anhaltspunkte vorliegen, dass sie möglicherweise dazu genutzt werden, das Verbot der Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte oder die Offenlegungspflicht zu umgehen
Ab dem 19. Juli 2026 sind zunächst Bekleidung und Schuhe von diesem grundsätzlichen Verbot betroffen, wobei es hier auf die konkrete Zusammensetzung ankommt, die wiederum in Anhang VII dargestellt ist.
E. ToDo für Unternehmen
Unternehmen sollten sich frühestmöglich mit dem Thema der Einhaltung der Vorgaben auf alle relevanten Ebenen beschäftigen. Dabei spielt insbesondere der Arbeitsplan der EU-Kommission eine Rolle, der veröffentlicht wird, und dabei Angaben zum voraussichtlichen Zeitplan und zu den jeweils einschlägigen Kategorien zu einzelnen Produkten enthalten soll, für die dann delegierte Rechtsakte erlassen werden. Mit dem ersten Arbeitsplan ist bis zum 19. April 2025 zu rechnen. Vorrangig sollen dort folgende Produkte enthalten sein:
- Eisen und Stahl,
- Aluminium,
- Textilien, insbesondere Bekleidung und Schuhwerk,
- Möbel, einschließlich Matratzen,
- Reifen,
- Waschmittel,
- Anstrichmittel,
- Schmierstoffe,
- Chemikalien,
- energieverbrauchsrelevante Produkte, für die erstmals Ökodesign-Anforderungen festgelegt werden sollen oder für die bestehende, aufgrund der Richtlinie 2009/125/EG angenommene Durchführungsmaßnahmen im Rahmen der vorliegenden Verordnung zu überprüfen sind, und
- Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie und sonstige Elektronikgeräte
Aus dem Arbeitsplan werden dann erste Aspekte hinsichtlich der Designanforderungen zu erkennen sein.
Für die produktbezogenen delegierten Rechtsakte gilt, dass der Geltungsbeginn mindestens 18 Monate nach dem Inkrafttreten liegen muss. Davon kann aber in hinreichend begründeten Ausnahmefällen abgewichen und ein früherer Beginn in dem konkreten delegierten Rechtsakt festgelegt werden.