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Überblick zum neuen Kaufrecht 2022 – Teil 4

Überblick zum neuen Kaufrecht 2022 – Teil 4 Verbraucherverträge über digitale Produkte

Hinweis:

In der losen Beitragsreihe „Überblick zum neuen Kaufrecht 2022“ stellt der Autor die aus seiner Sicht wichtigsten Änderungen des BGB als reinen informatorischen Überblick vor, die am 1. Januar 2022 in Kraft getreten sind. Ein Anspruch auf Vollständigkeit aller Neuregelungen besteht daher nicht. Hintergrund der Neuregelungen sind Richtlinien der EU.

A. Anwendungsbereich

Auch hier ist der Anwendungsbereich zum einen auf einen entgeltlichen Verbrauchervertrag begrenzt:

Auch hier ist der Anwendungsbereich zum einen auf einen entgeltlichen Verbrauchervertrag begrenzt:

Zum anderen müssen digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen Vertragsgegenstand sein:

Anwendung finden die Regelugen zum Verbrauchervertrag über digitale Produkte auch auf Paketverträge und Verträge über Sachen mit digitalen Produkten und Waren mit digitalen Elementen. So geregelt in § 327a BGB.

Paketverträge sind legaldefiniert in § 327a I BGB. Dies ist ein Vertrag zwischen denselben Vertragsparteien, der neben der Bereitstellung digitaler Produkte die Bereitstellung anderer Sachen oder die Bereitstellung anderer Dienstleistungen zum Gegenstand hat.

Es ist keine inhaltliche Verbundenheit oder wirtschaftliche Abhängigkeit erforderlich. Maßgeblich ist die Verbindung in einem Vertrag.

Anwendung finden die Regelungen zum Verbrauchervertrag über digitale Produkte dann nur auf den Vertragsteil, der digitale Produkte betrifft. Überdies ist auch Personenidentität auf beiden Seiten des Vertrages erforderlich.

Einen Ausschluss der Anwendung Regelugen zum Verbrauchervertrag über digitale Produkte findet sich für Verträge über Sachen mit digitalen Produkten und Waren mit digitalen Elementen in § 327a III. Liegt der Ausschluss vor, so findet das Kaufrecht für Sachen Anwendung.

B. Bereitstellung digitaler Produkte & Folgen bei deren Unterbleiben

I. Bereitstellungspflicht

Verpflichtung ergibt sich aus dem Verbrauchervertrag selbst.

Der Inhalt der Bereitstellung ergibt sich aus § 327b III BGB_

„…Ein digitaler Inhalt ist bereitgestellt, sobald der digitale Inhalt oder die geeigneten Mittel für den Zugang zu diesem oder das Herunterladen des digitalen Inhalts dem Verbraucher unmittelbar oder mittels einer von ihm hierzu bestimmten Einrichtung zur Verfügung gestellt oder zugänglich gemacht worden ist.“

Zurverfügungstellung ist gleichzusetzen mit der eigenständigen Zugriffsmöglichkeit, Zugänglichmachung ist gleichzusetzen mit der Schaffung einer Möglichkeit zur Nutzung unter fremder Kontrolle.

Der Zeitpunkt der Bereitstellung ergibt sich aus Zeitpunkt § 327b II BGB. Der Zeitpunkt der Bereitstellung kann sich aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Andernfalls kann der Verbraucher die Bereitstellung unverzüglich nach Vertragsschluss verlangen, der Unternehmer sie sofort bewirken, so § 327b II BGB.

II. Verletzung der Bereitstellungspflicht

Verletzt der Unternehmer die Bereitstellungspflicht, ergeben sich die Folgen aus § 327 c BGB:

C. Mängelgewährleistung

Auch hier gilt seit dem 1. Januar 2022 ein eigenes Gewährleistungsrecht für Verbraucherverträge über digitale Produkte.

Voraussetzung ist neben dem entsprechenden Verbrauchervertrag ein Produkt- oder Rechtsmangel

I. Produktmangel

Der Produktmangel ist in § 327e BGB geregelt.

  • Frei von Produktmängeln ist ein digitales Produkt, wenn es
    • den subjektiven Anforderungen
    • den objektiven Anforderungen und
    • den Anforderungen an die Integration entspricht

Maßgeblicher Zeitpunkt ist nicht der Gefahrübergang, sondern dieser ergibt sich aus einer Bestimmung der Vertragsparteien.

Wenn keine Bestimmung erfolgt ist, ist Zeitpunkt der Bereitstellung nach § 327b BGB, § 327e I 2 BGB relevant

Wenn eine dauerhafte Bereitstellung vertraglich vereinbart, ist der gesamte vereinbarte Zeitraum der Bereitstellung (Bereitstellungszeitraum) nach § 327e I 3 BGB relevant.

Die subjektiven Anforderungen sind in § 327e II BGB wie folgt bestimmt. Mangelfreiheit liegt vor, wenn

  • das digitale Produkt hat die vereinbarte Beschaffenheit, einschließlich der Anforderungen an seine Menge, seine Funktionalität, seine Kompatibilität und seine Interoperabilität, § 327e II 1 Nr.1 a) BGB
  • das digitale Produkt eignet sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, § 327e II 1 Nr.1 b) BGB
  • das digitale Produkt wird wie im Vertrag vereinbart mit Zubehör, Anleitungen und Kundendienst bereitgestellt, § 327e II 1 Nr.2BGB und
  • es werden die im Vertrag vereinbarten Aktualisierungen während des nach dem Vertrag maßgeblichen Zeitraums bereitgestellt, § 327e II 1 Nr.3 BGB

Die objektiven Anforderungen sind in § 327e III BGB wie folgt bestimmt. Mangelfreiheit liegt vor, wenn

  • das digitale Produkt eignet sich für die gewöhnliche Verwendung
  • das digitale Produkt weist eine Beschaffenheit, einschließlich der Menge, der Funktionalität, der Kompatibilität, der Zugänglichkeit, der Kontinuität und der Sicherheit auf, die bei digitalen Produkten derselben Art üblich ist und die der Verbraucher unter Berücksichtigung der Art des digitalen Produkts erwarten kann,
  • das digitale Produkt entspricht der Beschaffenheit einer Testversion oder Voranzeige, die der Unternehmer dem Verbraucher vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat,
  • das digitale Produkt wird mit dem Zubehör und den Anleitungen bereitgestellt, deren Erhalt der Verbraucher erwarten kann,
  • es werden dem Verbraucher gemäß § 327f Aktualisierungen bereitgestellt und der Verbraucher wird über diese Aktualisierungen informiert und
  • sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, das digitale Produkt wird in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neuesten verfügbaren Version bereitgestellt

Die Integrationsanforderungen sind in § 327e IV BGB geregelt.

Anwendung findet diese Regelung aber nur, wenn der Unternehmer die Integration schuldet oder der Verbraucher die Integration durchführen muss.

Eine Definition der Integration findet sich in § 327e IV 2 BGB. Danach ist die Integration ist die Verbindung und die Einbindung eines digitalen Produkts mit den oder in die Komponenten der digitalen Umgebung des Verbrauchers, damit das digitale Produkt gemäß den Anforderungen der Vorschriften der Verbraucherverträge über digitale Produkte genutzt werden kann.

Ein digitales Produkt ist nach § 327e IV 1 BGB mangelfrei, wenn

  • wenn die Integration sachgemäß durchgeführt worden ist, oder
  • Die Integration zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Integration durch den Unternehmer noch auf einem Mangel in der vom Unternehmer bereitgestellten Anleitung beruht

II. Aktualisierungen

Eine wesentliche Neuerung ist die Pflicht zur Bereitstellung von Aktualisierungen.

Die Information über Aktualisierungen nach § 327 I 2. Alt BGB ist eine selbstständige Pflicht neben der Bereitstellungspflicht der Aktualisierungen. Es ist weder eine Form vorgeschrieben noch ein Zeitpunkt bzw. ein Zeitraum vorgeschrieben. Die Pflicht zur Information setzt erst ein, wenn die Aktualisierung auch erhältlich ist.

Auch hier besteht eine Verantwortlichkeit des Verbrauchers nach § 327 f II BGB:

„Unterlässt es der Verbraucher, eine Aktualisierung, die ihm gemäß Absatz 1 bereitgestellt worden ist, innerhalb einer angemessenen Frist zu installieren, so haftet der Unternehmer nicht für einen Produktmangel, der allein auf das Fehlen dieser Aktualisierung zurückzuführen ist, sofern

  • der Unternehmer den Verbraucher über die Verfügbarkeit der Aktualisierung und die Folgen einer unterlassenen Installation informiert hat und
  • die Tatsache, dass der Verbraucher die Aktualisierung nicht oder unsachgemäß installiert hat, nicht auf eine dem Verbraucher bereitgestellte mangelhafte Installationsanleitung zurückzuführen ist.“

III. Rechtsmangel

Hier greift § 327g BGB. Insbesondere das Urheberrecht ist hier von Relevanz.

IV. Beweislastumkehr

Hier greift die Sonderregelung des § 327k BGB

Grundsätzlich trägt der Verbraucher die Beweislast für Produkt-und/oder Rechtsmangel

Aber: Die Vermutungsregelung des § 327k BGB kann eingreifen. Dann gilt folgendes:

  • Ein Jahr = einmalige Bereitstellung des digitalen Produktes oder Reihe einzelner Bereitstellungen von digitalen Produkten
  • Zeitraum der bisherigen Bereitstellung = dauerhafte Bereitstellung des digitalen Produktes

Aber: Der Unternehmer kann sich auf Ausnahmen berufen, die in § 327k III BGB geregelt sind. Dies gilt aber nur dann, wenn er den Verbraucher vor Vertragsschluss klar und verständlich informiert hat, über

D. Gewährleistungsrechte des Verbrauchers

Es wird nachfolgend nur auf die Nacherfüllung und Vertragsbeendigung im Detail eingegangen

I. Nacherfüllung

Die Nacherfüllung ist in § 327 l BGB im Detail geregelt.

Es besteht im Gegensatz zu § 439 BGB kein Wahlrecht des Verbrauchers zum Inhalt der Nacherfüllung. Der Unternehmer entscheidet, ob er nachbessert oder neubereitstellt

Der Unternehmer muss die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 327l I 1 BGB tragen,

Die Durchführung der Nacherfüllung ist in § 327l I 2 BGB geregelt. Diese ist

  • innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel informiert hat, und
  • ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher

durchzuführen.

Es kann Ausschluss der Nacherfüllung der Nacherfüllung nach § 327 l II 2 BGB vorliegen, wenn die Nacherfüllung unmöglich oder für den Unternehmer nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

II. Vertragsbeendigung

Grundsätzlich kann nach der vorrangigen Nacherfüllung ein Anspruch auf Vertragsbeendigung nach §§ 327 m,o BGB bestehen.

Dies kommt in folgenden Konstellationen in Betracht:

Die Erklärung der Vertragsbeendigung ist in § 327 o BGB geregelt. Der

Entschluss des Verbrauchers zur Beendigung muss zum Ausdruck kommen, so § 327o I 1 BGB

Es bestehen keine zwingenden einzuhaltenden Formerfordernisse.

Es kommt ein Ausschluss der Vertragsbeendigung wegen Unerheblichkeit nach § 327 m II BGB in Betracht.

Rechtsfolgen der wirksamen Vertragsbeendigung sind folgende:

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