E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

OLG Köln:Personalisierte Rabattaktion durch Cookies

Personalisierte Rabattaktion durch Cookies – Eine solche Werbemaßnahme hatte das OLG Köln zu bewerten. In dem wettbewerbsrechtlichen Rechtsstreit zwischen zwei Unternehmen, die Matratzen und Bettwaren vertreiben, war eine Werbeaktion des beklagten Unternehmens zu bewerten.

Dieses hatte, so den Entscheidungsgründen des Urteils vom 3. Dezember 2021 (Az.: 6 U 62/21) zu entnehmen, unter Nutzung von Cookies Internetnutzer, die die Internetseite der Beklagten aufriefen, immer wieder Rabattkaktionen dargestellt, die zeitlich ohne Unterbrechung aufeinander folgten.

Das klagende Unternehmen sah darin eine wettbewerbsrechtliche Irreführung, da der Betrachter immer einen angegebenen Zeitraum des Rabattes sehe und dadurch sich mit dem Angebot der Beklagten beschäftigt innerhalb des beworbenen Zeitraumes, obwohl der Rabatt in folgenden Zeiträumen ebenfalls gewährt werde.

Personalisierte Rabattaktion durch Cookies – Ansicht des Gerichts

Das OLG Köln sah die konkret streitgegenständliche Werbung als irreführend an.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen des Urteils dazu unter anderem aus:

„… Ein Verbraucher, der sich für Matratzen und Bettwaren interessiert, wird in der 1. Rabattaktion einen erheblichen Preisvorteil erblicken, der jedoch nur befristet gewährt wird. Er wird daher durch die Angabe der Frist einem Druck ausgesetzt, möglichst schnell innerhalb der kurzen Frist eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Wenn der Verbraucher nach Ablauf der Frist jedoch erkennt, dass er unmittelbar im Anschluss daran wieder einen vergleichbaren Rabatt erhalten hätte, ist er in seiner Erwartung enttäuscht. Der Verkehr wird irregeführt, wenn für eine Sonderaktion mit einer zeitlichen Befristung geworben wird, dann aber kurz nach Ablauf der Frist weiterhin der reduzierte Preis verlangt wird (vgl. Bornkamm/Feddersen in: KBF, UWG, 39. Aufl. § 5 Rn. 3.8 m.w.N.). Daraus folgt, dass die Kombination einer befristeten Rabattaktion mit einer unmittelbar oder in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführten weiteren Rabattaktion mit demselben oder einem vergleichbaren Preisnachlass irreführend ist, weil ein Kunde sich möglicherweise nicht zu einem Kauf entschlossen oder sich intensiver mit dem Angebot befasst hätte, wenn er gewusst hätte, dass er mehr Zeit hatte als die ihm in der ersten Rabattaktion ausdrücklich mitgeteilte Frist.

b. Bei den anderen Varianten handelt es sich um die Kombination von zwei individuellen Rabattaktionen, die von Seiten der Beklagten derart durch Cookies gesteuert werden, dass derjenige, der zum ersten Mal auf der Seite der Beklagten landet, eine individuelle Rabattaktion angezeigt bekommt. Hinterlässt er – was regelmäßig der Fall ist – bei seinem Besuch Cookies, erkennt dies das System der Beklagten bei einem weiteren Besuch desselben Internetnutzers von demselben Gerät. In diesem Fall wird diesem Nutzer die individuelle Rabattaktion nach Ablauf der Frist nicht mehr angezeigt. Einem neuen Nutzer bzw. einem Nutzer, der nicht anhand von Cookies wiedererkannt wird, wird hingegen erneut die individuelle Rabattaktion angezeigt.

aa. Auch diese Art der Hintereinanderschaltung zweier individueller Rabattaktionen ist irreführend. Denn auch hier erwartet der Nutzer, der zum ersten Mal auf der Seite der Beklagten ist, dass die Rabattaktion nur innerhalb der angezeigten Frist angeboten und in Anspruch genommen werden kann. Tatsächlich handelt es sich jedoch nicht um eine allgemein befristete Rabattaktion. Denn auch nach Ablauf der Frist wurde jedem Nutzer eine entsprechende Rabattaktion angezeigt und konnte von diesem in Anspruch genommen werden, solange er erstmalig auf der Seite war bzw. nicht über Cookies vom System wiedererkannt wurde. Der durchschnittliche Nutzer, der von diesen technischen Hintergründen keine Kenntnis hat, versteht die Rabattwerbung aber dahingehend, dass es einen besonderen Preisnachlass nur in der angegebenen Frist gibt, und zwar generell. Er nimmt die Frist als allgemeingültig ernst und geht davon aus, dass es diesen Rabatt nach Ablauf der ihm angezeigten Frist nicht mehr gibt, wodurch ihm die Attraktivität des Rabattangebots, aber auch die Dringlichkeit besonders hoch erscheint. Dass die Frist individuell auf ihn zugeschnitten ist, weiß er nicht und kann dies weder am Ankündigungstext noch anhand der Verwendung von Code-Buchstabenkombinationen erkennen, zumal in vielen Fällen Gutschriften oder Vergünstigungen im Internet durch Eingabe eines Codes einzulösen sind.

Wenn der Verbraucher wüsste, dass es sich tatsächlich nicht um einen allgemein befristeten Rabatt handelt, sondern um einen im Grunde von der ihm genannten Frist unabhängigen Rabatt, der jedem nicht anhand von Cookies wiedererkannten Besucher gewährt wird, wird er über den Anwendungsbereich und aus seiner Sicht über die Ernsthaftigkeit der Befristung getäuscht. Dass die genannte Frist nur für ihn persönlich gilt, kann er nicht erkennen und muss daher auch nicht damit rechnen. Die Formulierung oder Gestaltung des Rabattbanners gibt ihm keine Veranlassung, die in seiner Rabattaktion genannte Frist nur als individuell auf ihn bezogene und nicht als für alle geltende aufzufassen.

bb. Die Beklagte wendet zwar ein, dass es für den einzelnen – nämlichen – Verbraucher keinen Unterschied mache, ob die Frist nur ihm gelte oder allgemein, weil der nämliche Verbraucher tatsächlich nur einmal den individuellen Rabattcode erhalte. Würde er nach Ablauf der Frist erneut auf die Internetseite der Beklagten gehen, würde ihm die individuelle Rabattaktion nicht angezeigt, sodass die Rabattaktion für den nämlichen Verbraucher tatsächlich beendet sei. Die Cookie-gesteuerte Rabattaktion sei vergleichbar mit Werbeaktionen per Flyer, die zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedliche Adressaten, wie Bewohner unterschiedlicher Straßenzüge, verteilt würden.

Dieser Sicht kann nicht gefolgt werden. Denn auch eine solche „analoge“ Aktion wäre nur dann zulässig, wenn für den Verbraucher der Charakter der Aktion erkennbar wäre und er erkennen könnte, dass die Frist, die für seinen Straßenzug genannt ist, auch nur für seinen Straßenzug gilt. Wenn er einen Flyer nur mit einer befristeten Rabattaktion bekommt, die aber allgemeingültig erscheint, und er später feststellt, dass Bewohner anderer Straßenzüge den Rabatt auch außerhalb der genannten Frist bekommen haben, wird er gleichermaßen enttäuscht sein.

Denn bei den individualisierten Rabattaktionen handelt es sich tatsächlich nicht um befristete Aktionen, wie sie der angesprochene Verkehr versteht. Entgegen der ausdrücklichen Ankündigung geht es der Beklagten nicht in erster Linie um eine zeitliche Beschränkung, denn die Beklagte ist bereit, über den angegebenen Zeitraum hinaus quasi jedermann einen Rabatt in derselben Höhe zu gewähren. Die Voraussetzung dabei ist – entgegen der Ankündigung in der Rabattwerbung – nicht die Einhaltung der Frist, sondern der erstmalige Besuch der Seite bzw. ein Besuch, den die Beklagte mangels wiedererkennbarer Cookies als erstmalig annimmt. Sie erweckt durch ihre Rabattaktionen aber den Anschein, als sei ein zeitlicher Druck gegeben, den es in Wirklichkeit nicht gibt, weil die Beklagte grundsätzlich bereit ist, jedem neuen und jedem nicht erkannten Besucher den Rabatt zu gewähren und zwar auch nach Ablauf der in der Anzeige genannten Frist...

cc. Es kommt – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – auch nicht darauf an, wie viele Verbraucher die Rabattaktion tatsächlich mehrfach angezeigt bekommen, d.h. konkret mit verschiedenen Geräten mehrfach dieselbe Seite aufsuchen, sich im anonymisierten Modus im Internet bewegen oder regelmäßig Cookies löschen. Der Senat geht zwar davon aus, dass nicht nur Internetnutzer, die „etwas zu verbergen haben“, versuchen, möglichst ohne Spuren im Internet unterwegs zu sein, sondern auch Verbraucher, die besonders auf Datenschutz bedacht sind. Auch dürften 2019/2020 genügend Verbraucher neben Smartphones über einen PC oder Laptop verfügt haben, um eine Seite mit mehreren Geräten zu besuchen. Letztlich bedarf es aber keiner Feststellung darüber, wie groß der Anteil derer ist, denen die Rabattaktionen tatsächlich wiederholt angezeigt werden. Letzteres spielt zwar auch eine Rolle, entscheidend ist jedoch, dass jedem neuen Besucher der dem Verbraucher X angekündigte Rabatt – unabhängig von der diesem angezeigten Frist – gewährt wird und die dem Verbraucher X angezeigte Frist nur für ihn gilt und dies auch nur für den Fall, dass er keine Cookies löschen oder verhindern kann und ihm auch kein anderes Gerät zur Verfügung steht. In allen anderen Fällen und für alle anderen Verbraucher hat die Frist keine Wirkung….“

Cookie Consent mit Real Cookie Banner