So unter anderem das Gericht in der Entscheidung vom 18.November 2024 (Az.: VI ZR 10/24).Das Gericht sieht nach den dortigen Angaben für die Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen nicht dem Eintritt eines Nachteils zu Lasten des Betroffenen in Form der Verwendung von personenbezogenen Daten unter missbräuchlichen Aspekten noch anderer, zusätzlich eintretender, negativer Folgen. Im konkreten Fall für die Sache an das Berufungsgericht in Form des OLG Köln zurückverwiesen.
Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen des Urteils unter anderem aus:
„…Für eine ordnungsgemäße Darlegung muss das Gericht nach allgemeinen Grundsätzen anhand des Parteivortrags beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind. Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist demnach bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. zur st. Rspr. – auch zur Geltung bei Massenverfahren wie etwa den Dieselfällen – nur Senat, Urteile vom 6. Februar 2024 – VI ZR 526/20, WM 2024, 761 Rn. 11; vom 13. Juli 2021 – VI ZR 128/20, VersR 2021, 1252 Rn. 20; vom 18. Mai 2021- VI ZR 401/19, VersR 2021, 1046 Rn. 19; jeweils mwN)…
Zu den weitergehenden Folgen hat der Kläger vorgetragen, wegen des Scraping-Vorfalls in einem Zustand großen Unwohlseins und großer Sorge über möglichen Missbrauch der ihn betreffenden Daten verblieben zu sein. Dies manifestiere sich unter anderem in einem verstärkten Misstrauen bezüglich E-Mails und Anrufen von unbekannten Nummern und Adressen. Seit dem Vorfall erhalte er unregelmäßig unbekannte Kontaktversuche via SMS und E-Mail. Diese enthielten Nachrichten mit offensichtlichen Betrugsversuchen und Phishing-Attacken. Das habe dazu geführt, dass er nur noch mit äußerster Vorsicht auf jegliche E-Mails und Nachrichten reagieren könne und jedes Mal einen Betrug fürchte und Unsicherheit verspüre. Zur aufgewendeten Zeit und Mühe trug der Kläger vor, er habe sich mit dem „Datenleak“ auseinandersetzen, den Sachverhalt ermitteln, sich um eine Auskunft der Beklagten kümmern und selbst weitere Maßnahmen ergreifen müssen.
(b) Dieses Vorbringen genügt sowohl hinsichtlich des eingetretenen Kontrollverlustes bezüglich seiner oben genannten Daten als auch hinsichtlich der sich hieraus entwickelnden besonderen Befürchtungen und Bemühungen den Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Klagevortrag. Insbesondere war der Kläger nicht gehalten, im Einzelnen auszuführen, welchen anderen Personen er seine Daten – insbesondere seine Telefonnummer – offengelegt hat. Es genügt jedenfalls, wenn er wie hier angibt, dies zuvor bewusst und ausgewählt getan zu haben, d.h. die Daten nicht allgemein veröffentlicht zu haben…“
Zur Höhe eines mögliches Schadensersatzanspruchs nach Art. 82 DSGVO tätigt das Gericht unter anderem folgende Ausführungen:
„…aa) Ist nach den Feststellungen des Gerichts allein ein Schaden in Form eines Kontrollverlusts an personenbezogenen Daten gegeben, weil weitere Schäden nicht nachgewiesen sind, hat der Tatrichter bei der Schätzung des Schadens insbesondere die etwaige Sensibilität der konkret betroffenen personenbezogenen Daten (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO) und deren typischerweise zweckgemäße Verwendung zu berücksichtigen. Weiter hat er die Art des Kontrollverlusts (begrenzter/unbegrenzter Empfängerkreis), die Dauer des Kontrollverlusts und die Möglichkeit der Wiedererlangung der Kontrolle etwa durch Entfernung einer Veröffentlichung aus dem Internet (inkl. Archiven) oder Änderung des personenbezogenen Datums (z.B. Rufnummernwechsel; neue Kreditkartennummer) in den Blick zu nehmen. Als Anhalt für einen noch effektiven Ausgleich könnte in den Fällen, in denen die Wiedererlangung der Kontrolle mit verhältnismäßigem Aufwand möglich wäre, etwa der hypothetische Aufwand für die Wiedererlangung der Kontrolle (hier insbesondere eines Rufnummernwechsels) dienen.
bb) Äußerst zweifelhaft erscheint daher, ob hier eine Festsetzung in „gegebenenfalls nur einstelliger Höhe“ mit dem Effektivitätsgrundsatz zu vereinbaren wäre (so aber obiter OLG Celle, Urteil vom 4. April 2024 – 5 U 31/23, juris Rn. 102). Dagegen hätte der Senat von Rechts wegen keine Bedenken, den notwendigen Ausgleich für den eingetretenen Kontrollverlust als solchem in einem Fall wie dem streitgegenständlichen in einer Größenordnung von 100 € (so obiter OLG Hamm, GRUR-RS 2024, 16856 Rn. 40) zu bemessen.
cc) Macht der Betroffene psychische Beeinträchtigungen geltend, die über die mit dem eingetretenen Kontrollverlust für jedermann unmittelbar zusammenhängenden Unannehmlichkeiten hinausgehen, ist das Tatgericht gegebenenfalls gehalten, den Betroffenen anzuhören, um die notwendigen Feststellungen hierzu treffen zu können. Ausgehend davon wird es gegebenenfalls einen Betrag als Ausgleich festzusetzen haben, der über dem im Falle eines bloßen Kontrollverlustes zuzusprechenden Betrag liegt…“