So entschieden in dem Fall, den dass Gericht in seinem Urteil vom 5. September 2025 (Az.: 14 SLa 145/25) zu entscheiden hatte. Der klagende Arbeitnehmer hatte sich krankgemeldet und über eine Internetseite eine Krankschreibung bezogen, die ohne Kontakt mit einem Arzt zustande kam. Es wurde auf der Internetseite für Zweifelsfälle und generelle auch eine Krankschreibung mit Arztkontakt angeboten. Das Gericht sah die ausgesprochene außerordentliche Kündigung wegen der eingereichten Krankschreibung als begründet an. Es führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
Das Verhalten des Klägers ist „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden. Durch die Vorlage der Bescheinigung vom 21. August 2024 zum Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit suggerierte der Kläger der Beklagten bewusst wahrheitswidrig, es habe zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ein Kontakt mit einem Arzt stattgefunden. Dies stellt eine Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) dar, die aufgrund des damit verbundenen Vertrauensbruches als „an sich“ wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB geeignet ist. Ob der Kläger tatsächlich arbeitsunfähig war oder davon ausging, tatsächlich arbeitsunfähig zu sein, ist insoweit unerheblich (vgl. zur Einreichung einer Impfunfähigkeitsbescheinigung, die entgegen des durch sie vermittelten Eindrucks ohne ärztliche Untersuchung zustande gekommen ist BAG 14. Dezember 2023 – 2 AZR 55/23 – Rn. 16)…
Die Verwendung der Begrifflichkeit „Fernuntersuchung“ spricht für eine Anamnese, die ohne gleichzeitige körperliche Präsenz von Arzt und Patient, jedoch im Wege einer Kommunikation mit einem Arzt erfolgt ist. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Bescheinigung den Zusatz „nur mittels Fragebogen“ enthält. Dieser Zusatz weist lediglich auf die Methode der Befunderhebung hin. Er hebt den durch den Begriff „Fernuntersuchung“ erweckten Eindruck eines ärztlichen Kontakts jedoch nicht auf.
Auch das äußere Erscheinungsbild der Bescheinigung verstärkt die Annahme eines ärztlichen Kontakts. Dieses entspricht weitestgehend dem Vordruck, der vor Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Muster 1b (1.2018) als Ausfertigung zur Vorlage beim Arbeitgeber durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Papierform vorgesehen war („gelber Schein“). Dadurch wird gleichsam der Eindruck erweckt, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei ordnungsgemäß nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zustande gekommen. Dieser Stand wird hinsichtlich der Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit durch § 4 und § 5 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 SGB V (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) zusammengefasst. Die Vorgaben beziehen sich auf medizinische Erkenntnisse zur sicheren Feststellbarkeit der Arbeitsunfähigkeit. Es handelt sich dabei zwar bereits von Gesetzes wegen nicht um zwingende Vorgaben, die die Arbeitsvertragsparteien und Arbeitsgerichte binden. Solche Bestimmungen enthalten aber eine Zusammenfassung allgemeiner medizinischer Erfahrungsregeln und Grundregeln zur validen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und bilden daher den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ab (vgl. BAG 28. Juni 2023 – 5 AZR 335/22 – Rn. 17 mwN). Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 und 2 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie idF. vom 7. Dezember 2023 darf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nur auf Grund einer ärztlichen Untersuchung erfolgen. Diese erfolgt unmittelbar persönlich oder mittelbar persönlich im Rahmen einer Videosprechstunde oder nach telefonischer Anamnese nach Maßgabe von Absatz 5a. Eine ärztliche Untersuchung im Sinne der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie liegt jedoch mangels unmittelbaren oder mittelbaren persönlichem Kontakt des Klägers mit einem Arzt nicht vor…“
