So unter anderem das Gericht in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2024 (Az.: 26 W (pat) 31/20) in einer Beschwerdesache, mit der gegen die Zurückweisung der Anmeldung einer Gewährleistungsmarke vorgegangen worden war. Die Gewährleistungsmarke wird üblicherweise z.B. für Zertifizierungen und Gütezeichen angemeldet. Die Richter des Bundespatentgerichts haben in der Leitsatzentscheidung grundlegende Vorgaben insbesondere zur Bewertung der Unterscheidungskraft nach § 106a I MarkenG aufgestellt. In den Gründen der Entscheidung wird unter anderem ausgeführt:
„..Bei der Frage, welche Anforderungen an die Unterscheidungskraft einer Gewährleistungsmarke anzusetzen sind, geht der Senat mit der teilweise auch in der Literatur vertretenen Meinung davon aus, dass grundsätzlich bzw. im Ansatz die gleichen Beurteilungskriterien anzuwenden sind wie bei der Unterscheidungskraft von Individualmarken, allerdings spezifisch auf die Funktion der Gewährleistungsmarke bezogen (so jedenfalls die Literatur zur Unions-Gewährleistungsmarke, vgl. Hildebrandt/Sosnitza-Dröge, Unionsmarkenverordnung, 1. Aufl., Art. 83 Rdnr. 11 und Art. 85 Rdnr. 1; wohl auch Kur/v. Bomhard/Albrecht-Slopek, MarkenG UMV, 4. Aufl., Art. 83 UMV Rdnr. 14; Eisenführ/Schennen, UMV, 7. Aufl., Art. 83 Rdnr. 29 ff.; insoweit nicht eindeutig die Literatur zum MarkenG, vgl. Ingerl/Rohnke/Nordemann-Jaworski, a.a.O., § 106a Rn. 5; HK-Ekey, a.a.O., § 106a Rdnr. 7, § 106e Rdnr. 3; Ströbele/Hacker/Thiering, a.a.O., § 106a Rdnr 5, § 106e Rdnr. 2; Fezer-Nägele/Henn, a.a.O., § 106a Rdnr. 4: „spezifische Markenkategorie einer Individualmarke“).
Für die Heranziehung der in langjähriger Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Unterscheidungskraft von Individualmarken spricht zunächst, dass §§ 106a Abs. 2 und 106e Abs. 1 MarkenG auf die sonstigen Regelungen des Markengesetzes, insbesondere die Rechtsgrundlagen für die Zurückweisung von (Individual-) Markenanmeldungen, auch wegen mangelnder Unterscheidungskraft, verweisen. Zudem heißt es in der amtlichen Begründung zum Markenrechtsmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 19/2898, S. 89), dass „eine Gewährleistungsmarke – wie jede andere Marke auch – Unterscheidungskraft besitzen“ müsse (kritisch zu dieser Formulierung: Fezer-Nägele/Henn, a.a.O., § 106a Rdnr. 3). Weiter ist zu berücksichtigen, dass eine Gewährleistungsmarke bei funktionsgemäßer Verwendung dem Verkehr – wie eine Individualmarke – als Kennzeichnung der betreffenden Waren und Dienstleistungen entgegentritt. Der Verkehr wird ein als Marke verwendetes Zeichen so aufnehmen, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2018, 301 Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke). Insbesondere wird er sich ohne entsprechende Hinweise keine Gedanken darüber machen, zu welcher Kategorie die Kennzeichnung gehört. Die gewährleistungsmarkenrechtliche Unterscheidungskraft ist daher aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise zu beurteilen, wobei nicht danach zu fragen ist, ob das fragliche Zeichen zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung geeignet ist, sondern ob es geeignet ist, die beanspruchten (zertifizierten) Waren oder Dienstleistungen von den nicht zertifizierten Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Gewährleisters zu unterscheiden…“