So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 15. Januar 2025 (Az.: 14 U 150/23). Das Gericht führt zunächst zur Bestimmung der Vermerke über die erfolgten Löschungen & Sperrungen als personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO unter anderem aus:
„…Die Vermerke der Beklagten über die erfolgten Löschungen und Sperrungen bezogen auf das Konto der Klägerin sind personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Danach liegen personenbezogene Daten bei Informationen vor, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Daten können sich dabei direkt oder indirekt auf Betroffene beziehen. Indirekten Personenbezug weisen Angaben auf, die keine unmittelbare Aussagekraft über einen Betroffenen besitzen, aus denen sich jedoch Informationen über eine solche ableiten lassen (Spindler/Schuster/Spindler/Dalby, 4. Aufl. 2019, DSGVO, Art. 4 Rn. 6).
Vorliegend besteht ein Bezug zur Klägerin, weil die bei der Beklagten erfassten Daten den Schluss erlauben, dass, wenn auch nicht von der Klägerin selbst, über deren Mitgliedskonto Bildmaterial, das strafrechtlich inkriminierte Inhalte enthielt, verbreitet wurde…“
Dem beklagten Anbieter einer Social Media Anwendung konnte nicht das Recht der weiter andauernden Speicherung dieser Vermerke zugesprochen werden. Das Gericht sah im konkreten Sachverhalt keine Anwendung des Art. 17 III lit.e) DSGVO und führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die fortgesetzte Verarbeitung der Daten in Form der Speicherung nunmehr für einen anderen Zweck notwendig sei, namentlich mit Blick auf Art. 17 Abs. 3 lit. e DSGVO. Danach soll ein Löschungsanspruch auch dann nicht bestehen, wenn die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich ist. Die Vorschrift dient dazu, dass die Rechtsdurchsetzung, aber auch die Rechtsverteidigung nicht dadurch eingeschränkt wird, in dem die andere Seite durch Geltendmachung von Löschungsansprüchen eben gerade diese Rechtsdurchsetzung oder Rechtsverteidigung behindert. Der (Prozess-)Gegner soll nicht über Löschungsansprüche Beweismittel oder anspruchsbegründende Tatsachen vernichten können. Wie wahrscheinlich eine rechtliche Auseinandersetzung sein muss, um diesen Ausnahmetatbestand zu rechtfertigen, ist umstritten. Teilweise wird darauf hingewiesen, dass die Anforderungen an eine solche Wahrscheinlichkeit „nicht zu hoch“ angesetzt werden dürften, da für eine solche Entscheidung unter Umständen nicht nur rationale Aspekte eine Rolle spielen könnten (Kamlah in: Plath, DSGVO/BDSG/TTDSG, 4. Auflage 2023, Art. 17 EUV 2016/679, Rn. 20, juris). Teilweise wird eine „hinreichende Wahrscheinlichkeit“, dass Auseinandersetzungen kommen werden, verlangt (Holthaus in: Schaffland/Wiltfang, Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)/Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), 12. Ergänzungslieferung 2024, Art. 17 EUV 2016/679, Rn. 51, juris). Unabhängig von den Anforderungen, die insoweit im Einzelnen gestellt werden, besteht indes Einigkeit darüber, dass die lediglich abstrakte Möglichkeit eventueller zukünftiger Klagen eine Berufung auf Art. 17 Abs. 3 lit. e DSGVO nicht rechtfertigen kann (Paal/Pauly/Paal, 3. Aufl. 2021, DSGVO, Art. 17 Rn. 46 mit weit. Nachw.)…
Soweit die Beklagte vorbringt, sie sei zur Rechtsverteidigung im vorliegenden Verfahren zwingend auf die Vorhaltung der Daten zur vorübergehenden Deaktivierung ab dem 09.09.2022 angewiesen, weil die Beklagte die gegen sie erhobenen Ansprüche und zugrundeliegenden Maßnahmen gegen die Klägerin andernfalls nicht mehr anhand eigener Aufzeichnungen verifizieren oder falsifizieren könnte, ist dies jedenfalls für die vorliegende Konstellation nicht nachvollziehbar (wie hier OLG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2024 – 16 U 52/23, Rn. 60 ff., insbes. Rn. 70, juris; anders in einer abweichenden Fallkonstellation OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.05.2023 – 10 U 24/22, Rn. 245 f., juris). Es geht vorliegend schlicht um die im Datensatz der Klägerin vorgehaltenen Informationen, dass über das Konto der Klägerin inkriminierte Inhalte durch Dritte eingestellt waren, was zur Löschung dieser Inhalte und zur vorübergehenden Kontosperrung geführt hat. Der – zwischen den Parteien überdies unstreitige – Vorgang ist zwischenzeitlich in den anwaltlichen und den Gerichtsakten dokumentiert, da der Vorgang unter einer Mehrzahl an Aspekten – was bereits die Antragstellung eindrucksvoll zeigt – Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Dass in dem Nutzerdatensatz weitere Informationen hinterlegt sind, die die Beklagte zur Rechtsverteidigung benötigt, hat die Beklagte weder dargelegt noch ist ersichtlich, welche Informationen dies sein sollten. Der Senat vermag nicht zu erkennen, inwieweit die Position der Beklagten im laufenden Rechtsstreit beeinträchtigt sein könnte, wenn diese Informationen aus dem Datensatz der Klägerin gelöscht werden…“