LG Schweinfurt: kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO gegen Social Media Betreiber wegen unzulässiger Verarbeitung personenbezogener Daten zur Schaltung personalisierter Werbung, wenn Tatsachen zur Anspruchsbegründung nicht dargelegt und bewiesen werden
So das Gericht in einem Endurteil vom 15.Mai 2024 (Az.: 15 O 316/23) in dem zu entscheidenden Fall, in dem unter anderem neben einem Auskunftsanspruch auch ein Anspruch nach Art. 82 DSGVO geltend gemacht worden war. Hintergrund war die nach Ansicht des Klägers unzureichende bzw. nicht vorhandene Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO für die Anzeige von personalisierter Werbung durch den Betreiber des Social Media Dienstes. Im Laufe des Verfahrens hatte der Kläger eine Einwilligung nach Art. 6 I lit.a) DSGVO erteilt.
Das Gericht sah nach Anhörung des Klägers keine ausreichende Darlegung und Beweisführung für den Zuspruch eines Anspruchs nach Art. 82 DSGVO und führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Ein solcher in Gestalt einer durch den Kläger tatsächlich empfundenen Beeinträchtigung ist nach erfolgter informatorischer Anhörung des Klägers nicht ersichtlich:
Der schriftsätzliche Vortrag des Klägers, er empfinde ein Unwohlsein dadurch, dass sich in Folge der personalisierten Werbung bei ihm das Gefühl einstelle, er sei bei seiner Bewegung im Internet unter ständiger „Beobachtung“ durch die Beklagte, vermochte sich im Rahmen der informatorischen Anhörung seiner Person nicht zu bestätigen. Diesbezüglich gab der Kläger schon gar keine dahingehenden Erklärungen ab. Der Kläger stellte vielmehr im Rahmen seiner informatorischen Anhörung darauf ab, dass er die sozialen Medien auch aufgrund seiner Tätigkeit als angestellter im Fitnessbereich nutze und diesbezüglich immer im Blick haben müsse, womit Influencer werben würden. Dabei würde ihn die ständige und penetrante Werbung nerven und teilweise von seiner eigentlichen Arbeit abhalten.
Davon, dass der Kläger zum einen tatsächlich aufgrund seiner Tätigkeit auf die sozialen Medien angewiesen und durch die ständige Werbung in seiner Arbeit beeinträchtigt ist, konnte sich das Gericht nicht überzeugen. Bis auf die Angaben in der informatorischen Anhörung im Termin vom 09.04.2024 hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger diesbezüglich zum einen keinen weiteren Beweis angeboten.
Zum anderen ist der Klägervortrag zu den erlittenen Beeinträchtigungen auch in sich widersprüchlich. Einerseits will die Klagepartei einen immateriellen Schaden durch die zielgerichtete Werbung für sich in Anspruch nehmen. Anderseits ist die Klagepartei nicht bereit ab November 2023 dafür im Abo-Modell zu zahlen, dass er keine Werbung mehr erhält. Es ist daher nicht glaubhaft, wenn die Anwälte des Klägers einerseits vortragen, der Kläger fühle sich durch persönliche Werbung beeinträchtigt, der Kläger dazu in seiner informatorischen Anhörung schon gar keine Angaben macht, er vielmehr versucht darzustellen, dass ihn die Werbung bezüglich seiner Arbeit erheblich beeinträchtige – er andererseits dann aber später zugestimmt hat, weil er nicht bereit ist dafür zu zahlen, dass dieses Unwohlsein /Abhalten von der Arbeit nicht mehr auftritt, da er es – so der Kläger – nicht einsehe dafür zu zahlen, dass er keine Werbung erhalte.
Auch ist für das Gericht nicht nachvollziehbar wie das Anzeigen von Werbung auf F. und I., die für die Klagepartei relevanter sein könnte als eine zufällige Auswahl von Werbung an der die Klagepartei kein Interesse hat, eine tatsächliche Beeinträchtigung der Klagepartei verursacht haben könnte.
Das Gericht ist sich bewusst, dass der Schaden an sich zwar kein besonderes Ausmaß angenommen haben muss, mithin eine Erheblichkeitsschwelle nicht besteht, doch müssen Personen, die sich auf Art. 82 Abs. 1 DS-GVO berufen, den Nachweis erbringen, dass sie tatsächlich einen solchen Schaden – so geringfügig er auch sein mag – erlitten haben. (EuGH (Dritte Kammer) Urteil vom 14.12.2023 – C-456/22 (VX, AT/Gemeinde Ummendorf) EuZW 2024, 166 Rn…“
Hinweis des Autors:
Dem Autor ist nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wurde.