Auch eine Regelung in einem Zusatzabkommen mit der Türkei aus dem Jahr 1963 hilft hier nicht weiter. So das Gericht in seinem Endurteil vom 29.Oktober 2024 (Az.: 3 U 881/24) in einem markenrechtlichen Rechtsstreit rund um den Vertrieb von Kaffeeprodukten, die unter geschützten Kennzeichen angeboten werden. Mit diesem Urteil weist das Gericht die eingelegte Berufung zurück und bejahte die aus dem Markenrecht geltend gemachten Ansprüche. Es sieht keine Erschöpfung und führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Eine über den Wortlaut dieser Vorschriften hinausgehende internationale Erschöpfung der Rechte aus der Unionsmarke für in dritten Ländern in den Verkehr gebrachte Waren lehnt der EuGH wegen der sich daraus ergebenden Behinderungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs ab (vgl. EuGH GRUR-Int 1998, 695, 696 Rn. 26- 31 – SILHOUETTE; EuGH GRUR 2010, 723 Rn. 30 – COTY PRESTIGE/SIMEX TRADING). Der EuGH hat klargestellt, dass in den Erschöpfungsvorschriften eine abschließende Regelung liegt (EuGH a.a.O. – Silhouette International) und eine Ausweitung der Erschöpfung durch eine weite Auslegung des Zustimmungsbegriffs unionsrechtswidrig sei (EuGH GRUR Int 1999, 870 Rn. 19 – Sebago).
Vor diesem Hintergrund wäre die „alte“ deutsche Rechtsprechung der sogenannten internationalen Erschöpfung – bei der wegen der Herleitung der Erschöpfung als markenrechtsimmanenter Schranke der Ort des Inverkehrbringens nicht bedeutsam war (vgl. BGH GRUR 1964, 372 (374) – Maja) – europarechtswidrig (Thiering, in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Aufl. 2024, § 24 Rn. 52). Darauf kommt es jedoch nicht an, weil auch der Bundesgerichtshof dem Grundsatz der internationalen Erschöpfung eine Absage erteilt hat (BGH GRUR 1996, 271 (273) – Gefärbte Jeans).
Durch die Klarstellung, dass das Inverkehrbringen außerhalb des EWR nicht das Recht des Inhabers erschöpft, sich der Einfuhr dieser Waren in den EWR ohne seine Zustimmung zu widersetzen, ist es dem Markeninhaber somit gestattet, das erste Inverkehrbringen der mit der Marke versehenen Waren im EWR zu kontrollieren und somit Parallelimporte aus Nicht-EWR-Staaten – wie der Türkei – in den EWR hinein zu unterbinden (vgl. EuGH GRUR 2002, 156 Rn. 33 – DAVIDOFF; EuGH EuZW 1999, 474 Rn. 21 – SEBAGO UND MAISON DUBOIS). Demnach kann die Klägerin als Markeninhaberin nach dem Rechtsgefüge der Unionsmarkenverordnung und des Markengesetzes Parallelimporten der Beklagten aus dem Nicht-EWR-Staat Türkei uneingeschränkt entgegentreten (vgl. EuGH GRUR 2018, 917 Rn. 31 – Mitsubishi u.a./Duma u.a.). An solcher Ware besteht noch das Erstvertriebsrecht des Markeninhabers (vgl. Hildebrandt/Sosnitza/Lubberger, 1. Aufl. 2021, UMV Art. 15 Rn. 45)…“
Hinweis des Autors:
Dem Autor ist zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Revision eingelegt worden ist. Dieses wurde durch das Gericht im Rahmen seiner Entscheidung zugelassen.