So das Gericht in seinem Urteil vom 7. Mai 2024 (Az.: 6 U 37/23) in einem Rechtsstreit eines qualifizierten Wirtschaftsverbandes mit einem Unternehmen. Dieses hatte kennzeichnungspflichte Produkte als „B-Ware“ in einem Onlineshop beworben. Unter dem Begriff verstand das werbende Unternehmen folgendes:
„Was ist B-Ware? Unsere B-Waren sind zumeist Retouren, die aufgrund minimaler optischer Mängel nicht die Anforderungen eines ‚neuen‘ Artikels erfüllen, oder zu Testzwecken kurzzeitig in Gebrauch genommen worden sind.“
Damit, so das Gericht, werde nicht die Ausnahme der Kennzeichnungspflicht für gebrauchte Produkte erfüllt. Daher sei die fehlende Kennzeichnung ein Verstoß gegen §§ 5a, 5b UWG. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen des Urteils unter anderem aus:
„…Dass mit den inkriminierten Inseraten in diesem Sinne gebrauchte Produkte zum Kauf angeboten worden sind, ist nicht festzustellen. Dabei kommt es nicht auf den tatsächlichen Zustand derjenigen Produkte an, mit denen die Beklagte auf Grundlage der Inserate etwaig zu Stande kommende Kaufverträge zu erfüllen beabsichtigte. Insbesondere kann daher offen bleiben, ob die hier beworbenen Geräte – wie die Beklagte behauptet und der Kläger, entgegen dem Berufungsvorbringen, bestritten hat – tatsächlich erkennbare Gebrauchsspuren aufwiesen. Der Gegenstand der Kaufverträge, auf deren Abschluss die Inserate abzielten, ist vielmehr danach zu bestimmen, wie der angesprochene Verkehrskreis die Inserate verstehen musste. Diese Frage kann der Senat anhand des üblichen Sprachgebrauchs und allgemeiner Lebenserfahrung selbst beantworten, da sich die Inserate an ein allgemeines Publikum richten, sodass die Senatsmitglieder dem angesprochenen Verkehrskreis angehören. Nach diesem Maßstab ist den Inseraten nicht zu entnehmen, dass hiermit gebrauchte Produkte beworben wurden.
Die Bezeichnung als „B-Ware“ lässt nicht darauf schließen, dass die Geräte bereits bestimmungsgemäß benutzt worden sind. Der Begriff knüpft an die in vielen Bereichen gebräuchliche Qualitätskennzeichnung nach mit alphabetisch aufsteigenden Buchstaben benannten Kategorien an, die beispielsweise dem Handelsklassenschema für Hühnereier nach der Verordnung (EU) 1308/2013 zu Grunde liegt und die sich auch in der Bezeichnung der Energieeffizienzklassen nach der hier in Rede stehenden Verordnung (EU) 2017/1369 und den auf deren Grundlage erlassenen Delegierten Verordnungen widerspiegelt. Er wird nach mittlerweile üblichem Sprachgebrauch als Oberbegriff für Artikel verwendet, die aus unterschiedlichen Gründen aus dem normalen Verkauf herausfallen, etwa weil sie mit kleineren Mängeln behaftet sind, ihre Originalverpackung fehlt oder beschädigt ist (s. etwa test, Ausgabe 12/2023, „Geld sparen mit B-Ware“). Auch fallen hierunter sog. „Ladenhüter“ (vgl. LG Essen, Urteil vom 25.02.2016 – 43 O 83/15, GRUR-RS 2016, 05609, Rn. 44) oder Artikel, die bereits – etwa als Retouren aus dem Versandhandel – einmal ausgepackt, vorgeführt oder repariert worden sind (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 28.09.2007 – Ns 84 Js 5040/07, BeckRS 2007, 17333). Dass die Artikel darüber hinaus bereits ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt worden waren, ist damit nicht ausgedrückt (OLG Hamm, Urteil vom 16.01.2014 – I-4 U 102/13, ZVertriebsR 2014, 248).
Diesem Verständnis entspricht die Beschreibung der Geräte in den hier in Rede stehenden Inseraten der Beklagten, wonach die Artikel „zu Testzwecken ausgepackt und ausprobiert worden sein“ können und deren Verpackung beschädigt sein oder fehlen kann. Hinweise auf einen Betrieb, der über eine zu Testzwecken durchgeführte Probe hinausgeht, beinhalten die Inserate nicht. Erst recht lässt sich diesen nichts dafür entnehmen, dass die Geräte – wie die Beklagte behauptet – erkennbare Gebrauchsspuren aufwiesen. Vielmehr legen die unstreitig im Internetauftritt der Beklagten abrufbar gewesenen Erläuterungen zu den von ihr für die Beschreibung ihrer Produkte verwendeten Kategorien „neuwertig“, „einwandfrei“, „gebraucht“ und „sonstiges“ das Gegenteil nahe. Denn danach weisen Artikel lediglich in den Kategorien „gebraucht“ und „sonstiges“ (leichte) Gebrauchsspuren auf. Bei Waren, die – wie die in den inkriminierten Inseraten beworbenen Geräte – als „einwandfrei“ kategorisiert sind, ist hingegen auch nach diesen Erläuterungen lediglich zu erwarten, dass die Artikel „zu Testzwecken ausgepackt und ausprobiert worden“ sind. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass nach dem Vortrag der Beklagten in der Fußleiste ihrer Internetseite darauf hingewiesen wird, ihre „B-Waren sind Retouren, die aufgrund minimaler optischer Mängel nicht die Anforderungen eines ‚neuen‘ Artikels erfüllen, oder zu Testzwecken kurzzeitig in Gebrauch genommen worden sind.“…“