Datenschutzrecht

OLG Stuttgart: Kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen Scraping von personenbezogenen Daten aus Sozialem Netzwerk, wenn Voraussetzungen nicht bewiesen werden können

So das Gericht in seinem Urteil vom 26. Juni 2024 (Az.: 4 U 114/23). In der Anwendung der Rechtsprechung des EuGH sieht das Gericht einen bloßen Kontrollverlust als nicht ausreichend, um einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO begründen zu können. Nach Anhörung des Klägers im vorliegenden Verfahren konnte der Anspruch nicht zugesprochen werden. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…In der Klageschrift seiner Prozessbevollmächtigten finden sich zu den vom Kläger als erlitten behaupteten Beeinträchtigungen – wie nahezu wortgleich in einer Vielzahl von denselben Prozessbevollmächtigten geführten Parallelverfahren – folgende Ausführungen::

Die Klägerseite erlitt deswegen einen erheblichen Kontrollverlust über ihre Daten und verblieb in einem Zustand großen Unwohlseins und großer Sorge über möglichen Missbrauch ihrer sie betreffender Daten. Dies manifestierte sich unter anderem in einem verstärkten Misstrauen bezüglich E-Mails und Anrufen von unbekannten Nummern und Adressen.

Darüber hinaus erhält die Klägerseite seit dem Vorfall unregelmäßig unbekannte Kontaktversuche via SMS und E-Mail. Diese enthalten Nachrichten mit offensichtlichen Betrugsversuchen und potenziellen Virenlinks. Oft werden auch bekannte Plattformen oder Zahlungsdienstleister wie Axxx oder Pxxx impersoniert und durch Angabe der entwendeten Daten versucht, ein gesteigertes Vertrauen zu erwecken. Das hat dazu geführt, dass die Klägerseite nur noch mit äußerster Vorsicht auf jegliche Emails und Nachrichten reagieren kann und jedes Mal einen Betrug fürchtet und Unsicherheit verspürt.

Dieser pauschal gehaltene Vortrag hat sich in der persönlichen Anhörung des Klägers vor dem Landgericht dann allerdings nicht bestätigt. Zunächst ergab die Anhörung des Klägers den in der Klageschrift unerwähnten – aber durchaus relevanten – Umstand, dass der Kläger schon im Jahr 2020 (und damit vor der behaupteten Veröffentlichung der Daten im Darknet) seine Telefonnummer und seine Mailadresse geändert hatte. Auch von einem Zustand „großen Unwohlseins oder großer Sorge“ vor einem möglichen Missbrauch seiner Daten war in keiner Weise die Rede, sondern der Kläger schilderte auf Frage nach den Beeinträchtigungen im Wesentlichen Anrufe in englischer oder in anderen Sprachen, die er nicht verstanden habe und über die er sich geärgert habe, zumal er selbst Ärger mit seinem Chef bekommen habe, der gemeint habe, er telefoniere zu viel. Dieser Ärger sei dann auch der Grund gewesen, die Telefonnummer und die Mailadresse zu ändern. Von irgendwelchen Sorgen und Ängsten hat der Kläger nicht berichtet, so dass nach seinem eigenen Vorbringen – das für den Senat maßgeblich ist, zumal sich die Berufungserwiderung wiederum nicht ansatzweise zu dem persönlichen Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung verhält – die vom Kläger behaupteten Beeinträchtigungen allein in den für ihn „ärgerlichen“ Anrufen, SMS und E-Mails zu sehen sind.

c.

Nachdem die Beklagte einen entsprechenden Ursachenzusammenhang dieser Beeinträchtigungen des Klägers mit dem bei ihr vorgefallenen Datenabgriff bestritten hat, hätte der Kläger ihn beweisen müssen. Diesen Beweis kann der Kläger aber nicht führen.

Es ist schon allgemeinkundig und auch den Senatsmitgliedern bekannt, dass auch Nutzer von Mobiltelefonen, die keinen Fxxx-Account besitzen, von Fake-Anrufen sowie von Spam- Nachrichten (per SMS, E-Mail und oder WhatsApp) betroffen sind, wie sie der Kläger geschildert hat. Im Fall des Klägers kommt hinzu, dass er von solchen Anrufen bzw. Kontaktaufnahmen seit dem Jahr 2018 – auf „Nachfrage“ korrigiert auf das Jahr 2019 – berichtet hat und damit aus einer Zeit, in welcher der Datenabgriff möglicherweise noch gar nicht erfolgt war, jedenfalls aber vor Veröffentlichung der Daten im Darknet, auf die sich die Klage (hauptsächlich) stützt. Die Veröffentlichung der Daten im Darknet kann damit denklogisch nicht ursächlich für die Anrufe gewesen sein. Abgesehen davon hat der Kläger in der Zwischenzeit seine Telefonnummer geändert und selbst eingeräumt, dass es daraufhin zwar besser wurde, es „danach“ aber wieder mit den Anrufen angefangen hat. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat keine Überzeugung zu bilden, dass es einen Zusammenhang zwischen den vom Kläger geschilderten Beeinträchtigungen und dem zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Scraping-Vorfall bei der Beklagten gibt…“

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