OLG Koblenz: Verbot der Nutzung von Vorher-Nachher-Bildern zur Werbung für operative plastisch-chirurgischen Eingriffe gilt auch bei der Nutzung von Avataren

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So das Gericht in seinem Urteil vom 23. April 2024 (Az.: 9 U 1097/23). Im Rahmen des Rechtsstreits war die Darstellung einer Spezialklinik für plastische-ästhetische Chirurgie zu bewerten, die auf einer Internetseite für die angebotenen Lippenunterspritzungen mit Hyaluronsäure grafische Darstellungen von Avataren mit dem Zustand vor und nach der Behandlung beworben hatte.

Darin sah das Gericht einen Verstoß gegen die gesetzliche Regelung des § 11 I 3 Nr. 1 HWG und begründete dies unter anderem damit, dass mit dem Begriff der Darstellung im Sinne der Regelung nicht nur Fotografien, sondern auch andere Darstellungen verbunden seien. In den Entscheidungsgründen heißt es unter anderem:

„…Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG sind als Darstellung sämtliche Abbildungen anzusehen, die visuell wahrgenommen werden können, mit Ausnahme von Schriftzeichen und solchen schematischen Zeichnungen, die keinerlei Zusammenhang mit der Darstellung des menschlichen Körpers haben (OLG Hamburg PharmR 2009, 40 (43); Prütting/Burk Rn. 35; BeckOK HWG/Doepner/Reese, 11. Ed. 1.10.2023, HWG § 11 Rn. 646). Es muss sich um erkennbare Darstellungen des menschlichen Körperzustandes handeln. Hierzu zählen nicht nur realistische Abbildungen, sondern auch schematisierende oder stilisierende Darstellungen, weil gerade sie Erscheinungsbilder oftmals besonders drastisch wiedergeben (BeckOK HWG/Doepner/Reese, 11. Ed. 1.10.2023, HWG § 11 Rn. 647). Die Art der medialen Wiedergabe ist demgegenüber gleichgültig, sodass Fotografien, Zeichnungen, Grafiken, Film und Fernsehen als Darstellungen im Sinne der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG zu werten sein können. Gleichgültig ist auch, auf welche Technik und welchen Stil zurückgegriffen wird (BeckOK HWG/Doepner/Reese, 11. Ed. 1.10.2023, HWG § 11 Rn. 237). Die Grenzen der Stilisierung und Abstrahierung werden dadurch gesetzt, dass für den Betrachter die Möglichkeit der Wiedererkennung bestehen muss (vgl. insgesamt BeckOK HWG/Doepner/Reese, 11. Ed. 1.10.2023, HWG § 11 Rn. 645-647). Demgegenüber müssen solche Schemazeichnungen von dem Verbotsumfang ausgenommen werden, die keinerlei Zusammenhang mit der Darstellung eines menschlichen Körpers erkennen lassen (LG Hamburg ES-HWG § 11 Nr. 5a/Nr. 3; BeckOK HWG/Doepner/Reese, 11. Ed. 1.10.2023, HWG § 11 Rn. 238).

Danach hat das Landgericht die Abbildung in Form der zwei oben wiedergegebenen Avatare zutreffend als vergleichende Darstellung im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG gewertet. Die Avatare bilden erkennbar den Kopf einer weiblichen Person ab. Deutlich ist insbesondere der Bereich der Lippen, bei denen der einzige erkennbare Unterschied der beiden Abbildungen zu finden ist. Unerheblich ist, dass es sich um eine lediglich stilisierte Abbildung handelt. Entgegen der Ansicht der Beklagten fordert § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG nämlich gerade keine Abbildung in der Qualität eines Fotos. Wie bereits dargelegt weitet der Wortlaut der genannten Vorschrift mit dem Erfordernis einer „Darstellung“ ihren Anwendungsbereich über Lichtbilder bzw. Fotos hinaus gerade auf weitere visuell wahrnehmbare Abbildungen aus. Maßgeblich ist, dass auf den Abbildungen ein menschlicher Körperteil erkennbar ist. Dies ist bei den von der Beklagten verwendeten Avataren unzweifelhaft der Fall…“

Hinweis des Autors:

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision ist beim BGH unter dem Az.: I ZR 77/24 anhängig.