LG Köln: längeres Warten auf die Erteilung einer Auskunft bzw. verspätete Auskunft nach Art. 15 DSGVO ist für sich genommen kein Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO
So das Gericht in seinem Urteil vom 19. April 2024 (Az.: 12 S 4/23) in der Anwendung der zu dieser Thematik ergangenen Rechtsprechung des EuGH. Das Gericht führt, bezogen auf die Tatsachen des zu entscheidenden Sachverhaltes, in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Ein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens aus Art. 82 DSGVO besteht nicht. Der EuGH hat zwischenzeitlich entschieden, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen ist, dass der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (EuGH, Urteil vom 04.05.2023, C-300/21, Celex-Nr. 62021CJ0300). Zwar hat der EUGH gleichzeitig entschieden, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahingehend auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung oder Praxis entgegensteht, die den Ersatz eines immateriellen Schadens im Sinne dieser Bestimmung davon abhängig macht, dass der der betroffenen Person entstandene Schaden einen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreicht hat (EuGH, Urteil vom 04.05.2023, C-300/21, Celex-Nr. 62021CJ0300). Allerdings bedeutet diese Auslegung nicht, dass eine Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt hat, vom Nachweis befreit wäre, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 dieser Verordnung darstellen (EuGH, Urteil vom 04.05.2023, C-300/21, Celex-Nr. 62021CJ0300). Der Gerichtshof hat diese Bestimmung dahingehend ausgelegt, dass der bloße Verstoß gegen die DSGVO nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen, nachdem er u. a. hervorgehoben hat, dass das Vorliegen eines „Schadens“, der entstanden ist, eine der Voraussetzungen für den in Art. 82 Abs. 1 vorgesehenen Schadenersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-667/21 –, Rn. 82, juris). Der Kläger legt einen irgendwie gearteten immateriellen Schaden nicht dar. Das bloße längere Zuwarten auf die Erteilung der Auskunft bzw. die „verspätete Auskunft“ (Seite 8 der Berufungsbegründung) kann einen solchen nach der o.g. Entscheidung des EuGH keinesfalls darstellen, da dies bei einem Verstoß gegen die DSGVO immanent ist und nicht über den bloßen Verstoß hinausgeht. Ein dadurch bedingter, angeblich erlittener „Kontrollverlust“ hinsichtlich der eigenen Daten kann vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht ausreichen, da nicht dargelegt und ersichtlich ist, dass dieser über die Umstände hinausgeht, die mit jedem einfachen Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO für den Betroffenen verbunden sind. Insofern bedurfte es auch keiner weiteren Vorlagefrage an den EuGH. Es handelt sich im Hinblick auf die oben zitierte bereits ergangene Rechtsprechung um einen acte claire im Sinne des Art 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Union. Im Gegensatz dazu hat der Kläger in BGH, EuGH-Vorlage vom 26. September 2023 – VI ZR 97/22 , über den abstrakten Kontrollverlust hinaus weitere negative Gefühle aufgrund der besonderen Umstände dieses Einzelfalles (Weitergabe der Daten an Dritte) dargelegt, die den BGH zu einer weiteren Vorlagefrage in dieser Hinsicht veranlasst haben. So liegt der Fall hier nicht…“