OLG Düsseldorf: 90.000 EUR Vertragsstrafe aus Unterlassungserklärung nach UWG-Verstoß, da zu unterlassende Aussagen weiterhin in Broschüren verwendet wurden-> Geforderte Vertragsstrafe von mehr als 1 Mio. EUR aber wesentlich zu hoch

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Das Gericht sieht in seinem Urteil vom 27. Juni 2024 (Az.: 2 U 37/24) bezogen auf diesen Teil des Klageverfahrens, es wurden im Übrigen weiteren Vertragsstrafeansprüche für weitere Handlungen beziffert geltend gemacht, einen begründeten Anspruch in dieser Höhe. In dem Rechtsstreit wurden verschiedene Handlungen mit verschiedenen Ansprüchen auf Vertragsstrafe geltend gemacht, die sich aus einer Unterlassungserklärung ergaben. Dort hatte sich das beklagte Unternehmen, ein Unternehmen des Handels mit Dentalprodukten aus dem Ausland mit einem Gewinn von 15 Mio. EUR im Jahr 2014, unter anderem verpflichtet, nicht mehr zu behaupten, sie arbeite mit 7000 und/oder mit mehr als 7000 Zahnärzten im gesamten Bundesgebiet partnerschaftlich zusammen, ohne einen Hinweis zu geben, dass in diese Zahl auch die einmalige Zusammenarbeit und/oder der einmalige Kontakt mit einem Zahnarzt einbezogen wird.

Als Vertragsstrafe war eine Vertragsstrafe nach dem sog. Neuen Hamburger Brauch versprochen worden.

In zwei Werbebroschüren wurde nach Abgabe der Unterlassungserklärung mit folgenden Angaben geworben:

„Mit mehr als 7000 Zahnärzten, mit denen wir mittlerweile bundesweit zusammenarbeiten (…).“

„Als Familienunternehmen legt die B AG Wert auf (…) Bereits über 7000 Zahnärzte vertrauen auf die Qualität und den Service der B AG.“

Darin sah das Gericht einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung. Die Vertragsstrafe setzte das Gericht für diese Verstöße auf 90.000 EUR fest.

Diese Höhe stand im großen Gegensatz zu der Forderung des Klägers, der einen Anspruch in Höhe von 1.278.500,00 EUR geltend gemacht und begründet hatte. Das Gericht führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die vorherigen Ausführungen berücksichtigend kommt dem der Versendung der streitgegenständlichen Broschüre zuzuordnenden Umsatz der Beklagten, der sich nach den landgerichtlichen Feststellungen auf einen Betrag in Höhe von 279.698,39 € beläuft, im Rahmen der Vertragsstrafenbestimmung eine nur untergeordnete Bedeutung zu. Denn mit den vorstehenden Erwägungen gründet sich der durch den Versand der Prospekte erzielte Umsatz in einem nur geringen Maße überhaupt auf die Zuwiderhandlung. Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, ob weitere, nur möglicherweise auf den Versand der Werbebroschüre rückführbare Umsätze in Höhe von 1.234.007,84 € überhaupt im Rahmen der Vertragsstrafenbemessung zu berücksichtigen sind. Hieran bestehen Zweifel, weil ihre Entstehung gerade nicht kausal mit dem der Beklagten vorzuwerfenden Rechtsverstoß in Verbindung gebracht werden kann. Auch nach § 287 ZPO kann aber dann keine weitergehende Schadensschätzung erfolgen, wenn keinerlei brauchbare Anhaltspunkte für eine solche dargetan sind (BGH, NJW 2015, 867, Rn. 73). Ungeachtet dessen hätten mögliche weitere Umsätze aber auch nur eine so untergeordnete Bedeutung, dass sie eine zusätzliche Erhöhung der angemessenen Vertragsstrafe jedenfalls nicht begründen könnten.

Soweit die Parteien für eine Herauf- bzw. Herabsetzung der Vertragsstrafe weiter auch das prozessuale Verhalten der Beklagten anführen, hat dieses bei der Vertragsstrafenbemessung außer Betracht zu bleiben. Die Beklagte macht – für eine geringere Vertragsstrafe – geltend, dass sie die in Rede stehende Unterlassungserklärung, nachdem die streitgegenständlichen Zuwiderhandlungen gerügt worden seien, beachte. Dies unterstreicht aber nur, dass die Beklagte – was der Senat ohnehin bereits berücksichtigt hat – kein wirtschaftliches Interesse an gleichartigen Verstößen hat. Sofern die Klägerin – mit Blick auf eine Erhöhung der Vertragsstrafe – meint, die Beklagte habe sich auch während des bisherigen Hauptsacheverfahrens zögerlich verhalten, kann nicht festgestellt werden, dass das Verhalten der Beklagten über das Maß des zur Rechtsverteidigung Angemessenen hinausgeht und den Schluss zulässt, die Beklagte beabsichtige, in besonders hartnäckiger Weise gegen die Unterlassungserklärung zu verstoßen. Soweit die Beklagte zur Erfüllung der sie treffenden Auskunftspflicht durch mehrere Zwangsvollstreckungsverfahren, in denen Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 90.000,00 € verhängt wurden, angehalten werden musste, lässt sich daraus nicht ableiten, dass sie – entgegen der hier bereits dargelegten Umstände – auch die Unterlassungsvereinbarung missachtet. Die Vertragsstrafe dient aber nicht dazu, ein zögerliches Verhalten der Beklagten bei der Auskunftserteilung zu sanktionieren.

Bei einer Gesamtschau der danach zu berücksichtigenden Aspekte hält der Senat eine Vertragsstrafe in Höhe von 85.000,00 € für angemessen. Dabei ist im Ausgangspunkt die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung zu berücksichtigen, wonach im Geschäftsbereich normaler wirtschaftlicher Bedeutung die Spanne einer ausreichenden Vertragsstrafe zwischen 2.500,00 € und 10.000,00 € liegt (OLG Oldenburg, GRUR-RR 2010, 252 (253) – PKW-Laufleistung). Unter Berücksichtigung der Marktstellung der Beklagten, ihrer Eigenschaft als direkte Wettbewerberin der Klägerin sowie des von der Beklagten im Jahre 2014 erzielten Gesamtgewinns in Höhe von 15.000.000,00 € war die angemessene Vertragsstrafe vorliegend erheblich höher anzusetzen und konnte nicht hinter dem Betrag von 85.000,00 € zurückbleiben.

Im Hinblick auf die Arztbroschüre erscheint der Ansatz einer Vertragsstrafe in Höhe von 5.000,00 € angemessen. Die zuvor bereits genannten Abwägungskriterien greifen insoweit entsprechend. Soweit die Klägerin geltend macht, dem Verstoß mit den Zahnarztbroschüren komme eine wirtschaftlich deutlich größere Bedeutung zu als dem Versand der Patientenbroschüre, ist anzuerkennen, dass die wirtschaftliche Betätigung der Zahnärzte mit Produkten der Beklagten deutlich über den Bedarf eines einzelnen Patienten hinausgeht. Zudem hat das Landgericht festgestellt, dass Zahnärzte – einmal für ein Dentallabor gewonnen – oftmals kontinuierlich bei diesem verbleiben. Auf der anderen Seite ist die Zahl der an Zahnärzte verschickten Broschüren deutlich geringer als die Anzahl der versandten Patientenbroschüren. Setzt man die 115 Arztbroschüren ins Verhältnis zu den 9.930 Patientenbroschüren (ca. 1,2 %) und berücksichtigt sodann in angemessenem Maße die höhere wirtschaftliche Bedeutung der Arztbroschüren gegenüber den Patientenbroschüren, so erscheint bei einer Vertragsstrafe von 85.000 € für den Versand der Patientenbroschüren im Verhältnis eine Vertragsstrafe von 5.000 € für den Versand der Arztbroschüre angemessen…“