LAG Düsseldorf: Für die Klage eines Arbeitnehmers gegen den organschaftlichen Vertreter des Arbeitnehmers auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet

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So das Gericht in seinem Beschluss vom 1. Juli 2024 (Az.: 3 Ta 85/24) bezogen auf den Rechtsstreit, dessen Ausgang die Veröffentlichung eines Krankheitszustandes gegenüber Mitgliedern des beklagten Arbeitgebers, eines Vereins, in einer E-Mail an ca. 10.000 Mitglieder war. Der Rechtsstreit ist bei den Arbeitsgerichten „richtig aufgehoben“, da das Gericht hier einen Bezug zum Arbeitsverhältnis und eine unerlaubte Handlung nach § 2 I Nr. 3 d.) ArbGG sieht. Es führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die Voraussetzungen dieser Norm liegen auch im Übrigen vor. Der Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. d) ArbGG ist weit zu verstehen (allg. M., vgl. nur GK-ArbGG/Schütz, EL 136 (Stand: Dezember 2022), § 2 Rn. 136 m.w.N.). Darunter fallen wie beim Begriff der unerlaubten Handlung bspw. in § 32 ZPO die unerlaubten Handlungen im Sinne der §§ 823 ff. BGB (unerlaubte Handlungen im engeren Sinne), Ansprüche aus Gefährdungshaftung, Unterlassungsansprüche (GK-ArbGG/Schütz, EL 136 (Stand: Dezember 2022), § 2 Rn. 136 m.w.N.) und generell rechtswidrige Eingriffe in eine fremde Rechtssphäre (vgl. BGH vom 05.05.2011 – IX ZR 176/10, juris, Rz. 9). Der von dem Kläger hier geltend gemachte immaterielle Schadensersatz ist auf der Grundlage desselben, einheitlichen Lebenssachverhalts und mithin innerhalb desselben Streitgegenstands nach seinem Vorbringen als solcher aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 GG wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung begründbar wie auch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen einer rechtswidrigen Datenverarbeitung. Ob der Anspruch begründet ist, ist hier nicht zu entscheiden. Festzustellen ist aber, dass der nach § 823 Abs. 1 BGB geltend gemachte Anspruch unzweifelhaft eine unerlaubte Handlung betrifft. Gleiches gilt im Ergebnis auch für den datenschutzrechtlichen Anspruch, denn dieser betrifft gleichfalls einen geltend gemachten rechtswidrigen Eingriff der Beklagten in die Rechtssphäre des Klägers.

Die hier streitgegenständliche unerlaubte Handlung steht zudem im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers. Ebenso wie bei § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG ist Voraussetzung dafür, dass die unerlaubte Handlung in einer inneren Beziehung zum Arbeitsverhältnis der Parteien steht, sie in der Eigenart des Arbeitsverhältnisses und den ihm eigentümlichen Berührungspunkten und Reibungen seine Ursache findet (GK-ArbGG/Schütz, EL 136 (Stand: Dezember 2022), § 2 Rn. 137; HWK/Kalb, 11. Auflage, § 2 ArbGG Rn. 80; Walker in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Auflage, § 2 Rn. 129; BAG vom 11.07.1995 – 5 AS 13/95, juris, Rz. 7). Die der Beklagten vorgeworfene unerlaubte Handlung steht nicht rein zufällig in einem nur äußeren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, sondern hat ihre Ursache gerade in den dem Arbeitsverhältnis eigentümlichen Berührungspunkten und Reibungen und steht in einem engen, inneren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis des Klägers. Denn nach seinem Vorbringen dienten die Rundschreiben der Beklagten als Präsidentin des arbeitgebenden Vereins der Stimmungsmache gegen ihn und dazu, ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen. Ohne dies hier abschließend rechtlich im Kontext der Anspruchsgrundlage zu würdigen, steht in der Tat fest, dass die Beklagte dem Kläger nicht irgendwie, sondern spezifisch im Kontext des Arbeitsverhältnisses als Organvertreterin seines Arbeitgebers gegenübergetreten ist. In dieser Funktion hatte sie Kenntnis von krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers, den von ihr behaupteten Vorwürfen des Klägers und der arbeitgeberseitigen Reaktion sowie der Kündigung und in ihrer Funktion als Vertreter des Arbeitgebers veröffentlichte sie diese gegenüber den Mitgliedern. Ohne das Arbeitsverhältnis sind alle hier streitgegenständlichen Geschehnisse gar nicht denkbar…“