Datenschutzrecht

ArbG Suhl: Während einer unberechtigten Untersuchung eines Arbeitnehmers während des Beschäftigungsverhältnisses erhobenen Gesundheitsdaten = Verstoß gegen Art.9 DSGVO, da keine Rechtsgrundlage

Zudem sind entsprechend erhobene Daten auch durch den Arbeitgeber nach Art. 17 DSGVO. Die datenschutzrechtliche Thematik hatte das Gericht im Rahmen eines Kündigungsschutzklageverfahren durch Urteil vom 26. Oktober 2023 (Az.: 6 Ca 592/23) entschieden.

Im zu entscheidenden Fall beruhte eine Kündigung unter anderem auf einer körperlichen Untersuchung des klagenden Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis. Diese sah das Gericht als unzulässig an und begründet in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„…Eine Rechtsgrundlage für die Untersuchung während des Beschäftigungsverhältnisses liegt nicht vor.

Soweit im Anordnungsschreiben § 7 BAT-O benannt wird, scheidet er als Rechtsgrundlage aus. Die Norm galt nicht mehr.

Die Voraussetzungen des § 3 Abs.5 TV-L liegen nicht vor. Danach kann ein Beschäftigter im laufenden Arbeitsverhältnis wirksam zur Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung und damit auch zur Teilnahme an einer ärztlichen Untersuchung bei Vorliegen einer begründeten Veranlassung verpflichtet werden. Das bedeutet, der Arbeitgeber darf eine ärztliche Untersuchung nur anordnen, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass der Beschäftigte in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Dafür bedarf es objektiver Umstände, die bei vernünftiger und lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, dass der Beschäftigte aufgrund von körperlichen oder seelischen Leiden nicht in der Lage ist, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Entsprechende Anhaltspunkte können sich beispielsweise aus hohen Krankheitszeiten oder Minderleistungen des Beschäftigten ergeben.

Derartige Anhaltspunkte liegen hier nicht vor. Der Kläger hat unstreitig mehrere Monate lang seine Arbeit unbeanstandet erbracht. Weder Fehlzeiten noch Minderleistungen wurden von dem Beklagten dargetan. Soweit er sich auf den streitigen Sachverhalt bezieht, der Kläger sei am 01.02.2023 zur Unterzeichnung des Arbeitsvertrages mit glasigen Augen und alkoholischem Geruch erschienen, kann hieraus eine begründete Veranlassung nicht (mehr) hergeleitet werden. Hier ist es zum einen bedenklich, dass der Beklagte den Kläger überhaupt mit der Arbeitsleistung beginnen lässt, obwohl der Beklagte nach eigenem Vortrag aufgrund der gefahrgeneigten Tätigkeit auf der Schießanlage eines Bildungszentrums einem besonderen Schutzauftrag nachzukommen hat. Zum anderen kann dieser Umstand die Besorgnis, der Kläger werde nicht in der Lage sein, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen, nicht mehr begründen, wenn er danach völlig unbeanstandet über Wochen und Monate die geforderte Arbeitsleistung erbringt und keine sonstigen Auffälligkeiten zeigt.

Allein auf das Ergebnis dieser unberechtigten Untersuchung stützt der Beklagte die Kündigung in der Probezeit. Die vermeintliche gesundheitliche Nichteignung kam bei der unbeanstandeten Aufgabenerfüllung durch den Kläger jedoch nicht zum Tragen.

Durch die unberechtigte Untersuchung wurden naturgemäß Gesundheitsdaten des Klägers erhoben und verarbeitet. Dies ist grundsätzlich nach Art 9 Absatz 1 DSGVO untersagt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Ausnahmetatbestand des Absatzes 2 gegeben ist, insbesondere, dass der Kläger der Verarbeitung nach Absatz 2 Buchst. a) ausdrücklich zugestimmt hätte. Somit liegt auch ein Datenschutzverstoß vor…“

Auch der geltend gemachte Löschungsanspruch der erhobenen personenbezogenen Daten im Anwendungsbereich des Art.9 DSGVO wurde bejaht. Dazu das Gericht in den Entscheidungsgründen des Urteils:

„…Der Kläger hat letztlich einen Anspruch auf Löschung der im Rahmen der ärztlichen Untersuchung vom 16.05.2023 erhobenen Gesundheitsdaten sowie aller durch deren Verarbeitung erzeugten Daten aus Art. 17 Abs.1 d) DSGVO. Denn die Verarbeitung der Gesundheitsdaten des Klägers erfolgte, wie bereits oben ausgeführt, unrechtmäßig…“

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