AG Frankfurt a.M.: keine Urheberrechtsverletzung durch Hintergrundmusik bei Pizzalieferdienst

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So das Gericht in seinem Urteil vom 9. Dezember 2022 (Az.: 32 C 1565/22). Der Lieferdienst hatte die Musik über ein TV-Gerät in seinen Räumlichkeiten abgespielt und im Gerichtsverfahren unter anderem vorgebracht, dass nur Mitarbeiter diese Musik zur Kenntnisgenommen hatten und keine Kunden. Das Gericht sah darin keine öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 III UrhG.

Es führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die öffentliche Wiedergabe ist definiert in § 15 Abs. 3 UrhG. Danach ist die Wiedergabe öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist.

Wann eine „Mehrzahl“ im Sinne dieser Vorschrift erreicht ist, ist gesetzlich nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des EuGH muss sich die Musikwiedergabe an „recht viele Personen“ oder „ziemlich viele Personen“ richten (EuGH, Urteil vom 13.2.2014, Az.: C-466/12; Urteil vom 7.8.2018, Az.: C-161/17), bei denen es sich nicht um einen abgegrenzten Kreis von untereinander persönlich verbundenen Personen handeln darf (Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 15 Rn. 28).

Damit scheidet der abgegrenzte Kreis der Familienangehörigen des Beklagten sowie der Mitarbeiter der Pizzeria als „Öffentlichkeit“ aus; als Adressaten einer öffentlichen Musikwiedergabe kommen allenfalls die Kunden der Pizzeria in Betracht.

Insofern fehlt es jedoch an der ausreichenden Zahl. Zwar verkennt das Gericht nicht, dass die erforderliche „Mehrzahl“ von Musikadressaten nicht gleichzeitig beschallt werden muss, sondern auch sukzessive – wie etwa dann, wenn über den Tag verteilt wechselnde Kundschaft ein Geschäft betritt – erreicht werden kann (Wandtke/Bullinger, a.a.O. Rn. 31). Auch die sukzessive Öffentlichkeit muss aber die nach der Rechtsprechung des EuGH erforderliche relevante Anzahl erreichen.

Dies ist im Betrieb des Beklagten nicht der Fall. Nach dessen glaubhaftem und nicht konkret in Abrede gestellten Vortrag handelt es sich dabei in erster Linie um einen Lieferdienst, bei dem die Kunden telefonisch ordern und das Geschäft überhaupt nicht betreten. Die Zahl der Kunden, die tatsächlich vor Ort bestellen oder ihre Pizza abholen, beläuft sich nach den Angaben des Beklagten auf ca. 10 pro Tag; der Gastraum sei praktisch überhaupt nicht genutzt und aus diesem Grund inzwischen für die Öffentlichkeit geschlossen worden.

Die Angaben des Zeugen A beweisen nichts Gegenteiliges: Dieser hat nur bei einem von drei Besuchen überhaupt Kunden angetroffen, nämlich am 18.11.2018. Da aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich dabei um einen geschlossenen Personenkreis anlässlich des Geburtstages des Sohnes des Beklagten handelte, ist eine nennenswerte, über die vom Beklagten genannte Zahl von 10 Personen pro Tag hinausgehende Kundenfrequenz nicht erwiesen.

Darüber hinaus setzt nach der Rechtsprechung des EuGH der Begriff der öffentlichen Wiedergabe voraus, dass sich der Nutzer gezielt an das Publikum wendet, für das die Wiedergabe vorgenommen wird, und dass das Publikum in der einen oder anderen Weise für die Wiedergabe der Aufnahme bereit ist und nicht bloß zufällig erreicht wird; daran soll es etwa bei der Wiedergabe von Musik im Wartezimmer eines Zahnarztes fehlen (EuGH GRUR 2021, 593). Es ist nicht einsichtig, warum das Publikum, das auf eine Zahnbehandlung wartet, insofern grundsätzlich anders zu bewerten sein soll als die Kundschaft, die auf Pizza wartet. Die jeweilige Vorfreude mag unterschiedlich ausgeprägt sein; im einen wie im anderen Fall werden die Wartenden aber ohne ihr Wollen und ohne Rücksicht auf ihre Aufnahmebereitschaft sozusagen zwangsläufig von der Hintergrundmusik erreicht…“