In seinem Urteil vom 1. September 2022 (Az.: I ZR 108/20 – Riptide II) hat das Gericht in Anwendung einer Vorlageentscheidung des EuGH aus April 2022 grundlegende Fragen der Anwendung der Regelung des § 97a UrhG geregelt. Unter anderem wurde für die Anwendung des § 97a III 4 UrhG, im Einzelfall von einer Wertfestsetzung wegen Unbilligkeit abweichen zu können, grundlegend festgelegt, dass dies nur im Rahmen einer zu Gunsten des Anspruchsführers ausgehen Abwägung erfolgen kann. In dem Rechtsstreit waren Ansprüche in der Folge einer Urheberrechtsverletzung zu einem Computerspiel streitig. Unter anderem führt das Gericht in den Entscheidungsgründen aus:
„…Soweit das Berufungsgericht in die Beurteilung eingestellt hat, dass die geltend gemachte Urheberrechtsverletzung im Februar 2014 keinen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Erstveröffentlichung des Computerspiels im April 2013 aufgewiesen habe, ist dies nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass die Verletzungshandlung während der besonders umsatzstarken Erstverwertungsphase eines Computerspiels stattgefunden hat, ist für die Beurteilung des wirtschaftlichen Werts des geschützten Werks von Bedeutung und kann daher bei der Anwendung des § 97a Abs. 3 Satz 4 UrhG berücksichtigt werden (vgl. EuGH, GRUR 2022, 849 [juris Rn. 61] – Koch Media; OLG Celle, GRUR-RR 2019, 420 [juris Rn. 21]; OLG Nürnberg, ZUM-RD 2020, 141 [juris Rn. 42]; OLG Celle, GRUR-RR 2020, 146 [juris Rn. 20]; LG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2019 – 13 O 42/19, juris Rn. 60; AG Düsseldorf, ZUM-RD 2019, 122 [juris Rn. 37]; Wimmers in Schricker/Loewenheim aaO § 97a UrhG Rn. 45; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 97a UrhG Rn. 50; Spindler in Spindler/Schuster aaO § 97a UrhG Rn. 23; BeckOK.Urheberrecht/Reber aaO § 97a UrhG Rn. 28; Reuther, MMR 2018, 433, 436; offenlassend AG Charlottenburg, Urteil vom 28. August 2017 – 213 C 99/17, juris Rn. 19; zurückhaltend OLG Frankfurt, GRUR-RR 2020, 346 [juris Rn. 66 und 68]; AG Kassel, Urteil vom 19. November 2019 – 410 C 2389/19, juris Rn. 15; Kiersch, ZUM 2018, 667, 672). Die Einschätzung des Berufungsgerichts, nach einem Zeitraum von (knapp) einem Jahr bestehe kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zur Erstveröffentlichung mehr, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
bb) Ebenfalls frei von Rechtsfehlern ist das Berufungsgericht angesichts der von ihm festgestellten 26 Verletzungshandlungen in weniger als zwei Wochen noch nicht von einer besonderen Häufung von Rechtsverletzungen ausgegangen. Das Berufungsgericht hat sich für diese Feststellung auf die im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils im Einzelnen mitgeteilten Zeitpunkte bezogen, zu denen Beauftragte der Klägerin in der Tauschbörse vom Beklagten angebotene Dateien mit diesem Computerspiel oder Teilen davon heruntergeladen haben. Die Feststellung ist so zu verstehen, dass der Beklagte die Dateien im Rahmen einer Dauerhandlung während eines Zeitraums von knapp zwei Wochen angeboten und dies zu 26 nachgewiesenen Rechtsverletzungen geführt hat. Dass damit 26 eigenständige Verletzungshandlungen des Beklagten einhergehen, ist nicht festgestellt und wird von der Klägerin auch nicht behauptet…“