ArbG Heilbronn: keine fristlose Kündigung eines Arbeitsnehmers bei Amtspflichtverletzung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter

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keine fristlose Kündigung eines Arbeitsnehmers bei Amtspflichtverletzung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter – So das ArbG Heilbronn im Rahmen eines Kündigungsschutzklageverfahren durch Urteil vom 29. September 2022 (Az.: 8 Ca 135/22). Das Gericht sah neben den nicht belegten Kündigungsgründen im Streitfall auch keine Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses des betrieblichen Datenschutzbeauftragten als Arbeitnehmern, wenn dieser eine Amtspflicht aus der Tätigkeit als betrieblicher Datenschutzbeauftragter verletzt haben sollte.

keine fristlose Kündigung eines Arbeitsnehmers bei Amtspflichtverletzung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter – Ansicht des Gerichts

Das Gericht begründet seine Ansicht in den Entscheidungsgründen unter anderem wie folgt:

„…Die normative Ausgestaltung des Schutzes des Datenschutzbeauftragten legt nach Auffassung der Kammer nahe, dass – ebenso wie bei anderen Amtsträgern wie beispielsweise Betriebsratsmitgliedern (ständige Rechtsprechung des BAG, zum Beispiel BAG 9. September 2015 – 7 ABR 13 – Rn. 41; BAG 26. Januar 1994 – 7 AZR 640/92) – stets zwischen der Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten und solchen, die allein die Amtsführung betreffen, zu unterscheiden ist. Bei Verstößen gegen Amtspflichten, die nicht zugleich eine Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen, kommt eine vertragsrechtliche Sanktion wie beispielsweise eine Abmahnung oder Kündigung nicht in Betracht, sondern die für Amtspflichtverletzungen gesetzlich vorgesehene Sanktion. Dies ist im Falle eines Betriebsratsmitglieds der Antrag auf Ausschluss eines Mitglieds aus den Betriebsrat nach § 23 Abs. 1 BetrVG. Zwar nimmt das Bundesarbeitsgericht in ebenfalls ständiger Rechtsprechung an, dass die Übertragung des Amtes des internen Datenschutzbeauftragten auf einen Arbeitnehmer in aller Regel im Wege der jedenfalls konkludenten Vereinbarung Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll (BAG 23. März 2011– 10 AZR 562/09 – Rn. 29; BAG 29. September 2010 – 10 AZR 588/09 – Rn. 15; BAG13. März 2007 – 9 AZR 612/05). Dies könnte dafür sprechen, dass im Fall der Verletzung von Amtspflichten auch eine vertragsrechtliche Sanktion hinsichtlich des zugrunde liegenden Arbeitsvertrages möglich ist….

Aus Sicht der Kammer sprechen jedoch Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung in § 6 Abs. 4 BDSG i.V.m. Art. 38 Abs. 3 DS-GVO gegen ein solches Verständnis. § 6 Abs. 4 unterscheidet in S. 1 und 2 eindeutig zwischen Abberufungs- und Kündigungsschutz des Datenschutzbeauftragten: Während Abberufungsgründe in entsprechender Anwendung von § 626 BGB zu bestimmen sind (nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kommen insoweit als wichtige Gründe besonders solche in Betracht, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und eine weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden, BAG 23. März 2011 – 10 AZR 562/09 mwN), ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unzulässig, es sei denn, es ist ein fristloser Kündigungsgrund gegeben. Hätte der Gesetzgeber einen Gleichlauf in der Weise gewollt, dass eine Amtspflichtverletzung die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt sowie umgekehrt eine Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis die Abberufung, hätte es der gesetzlichen Differenzierung nicht bedurft. Diese Sichtweise entspricht auch dem gesetzgeberischen Zweck von § 6 Abs. 4 BDSG: Der Beauftragte soll hinsichtlich seines Amtes zugunsten einer freien Amtsführung gegen eine Abberufung ohne Grund geschützt werden. Zugleich wird den möglichen, aus dem Amt fließenden Konflikten im Arbeitsverhältnis dadurch Rechnung getragen, dass ihm ein Sonderkündigungsschutz zugesprochen wird. Dieser doppelte Bestandsschutz schließt es nach Auffassung der Kammer aus, in Fällen wie dem vorliegenden die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Amtspflichtverletzungen auszusprechen.

Für diese Sichtweise spricht auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BAG im Hinblick auf eine erforderliche Teilkündigung im Falle der Abberufung des Datenschutzbeauftragten: Während das BAG in seiner Entscheidung vom 13. März 2007 – 9 AZR 612/05 für die wirksame Abberufung des Berechtigten zusätzlich eine Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses forderte (mit dem Argument der Implementierung der Pflichten als Datenschutzbeauftragter in die arbeitsvertraglichen Pflichten), hat es an dieser Auffassung in neueren Entscheidungen nicht mehr festgehalten (BAG 29. September 2010 – 10 AZR 588/09 – Rn. 15; BAG 13. März 2007 – 9 AZR 612/05)…“