E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

OLG Düsseldorf:Werbung mit Zeitangaben für Lieferung

Werbung mit Zeitangaben für Lieferung – Hier kann es je nach Gestaltung der Werbung zu einer wettbewerbsrechtlich relevanten Irreführung kommen, die dann einen Unterlassungsanspruch nach sich zieht.

So auch in dem Sachverhalt, den das OLG Düsseldorf zu bewerten hatte. Streitig war die Plakatwerbung einer Apotheke. Diese in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Angaben „GEÖFFNET: RUND UM DIE UHR“ und „LIEFERZEIT: 2 STUNDEN“ geworben. Die werbende Apotheke ermöglichte sowohl den Kauf vor Ort als auch eine Bestellung über einen Onlineshop. Bei der Angabe „LIEFERZEIT: 2 STUNDEN“ war noch eine Erläuterung per Sternchenhinweis in der werblichen Gestaltung vorhanden. Die Erläuterung zu dem Sternchenhinweis lautete wie folgt: „Für alle vorrätigen Artikel innerhalb der Öffnungszeiten in einem Radius von 10 km“. (Hinweis: weitere Details der Werbung lassen sich der Entscheidung entnehmen, die Sie per Klick auf das Aktenzeichen erreichen können).

Das Gericht hat in dem Urteil vom 2. Dezember 2021 (Az.: 15 U 29/21) eine Irreführung bejaht.

Werbung mit Zeitangaben für Lieferung – Ansicht des Gerichts

Das OLG sah die konkrete Werbung als irreführend an. Das Gericht sah den „Knackpunkt“ darin, dass eine Bestellmöglichkeit „rund um die Uhr“ angenommen werden könne und damit verbunden auch eine Auslieferung innerhalb der beworbenen Zeit. Dies erfolge aber, so unstreitig, nicht.

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen des Urteils zu der im Einzelfall zu bewertenden Problematik „Werbung mit Zeitangaben für Lieferung “ unter anderem aus:

„…Der Beklagte wirbt mit einem an der Eingangstür seiner „A.-Apotheke“ angebrachten Plakat unter der Überschrift „A.-® Apotheke“ mit den blickfangmäßig herausgestellten Angaben „GEÖFFNET: RUND UM DIE UHR“ und „LIEFERZEIT: 2 STUNDEN!*“.

Diese beiden Angaben stellen – wie der Kläger mit Recht geltend macht – einen einheitlichen Blickfang dar. Sie erstrecken sich jeweils im mittleren Bereich des Werbeplakats über dessen Breite. Sie sind beide farblich hervorgehoben und stehen unmittelbar untereinander. Der Durchschnittsverbraucher nimmt die beiden Werbeaussagen im Zusammenhang wahr und betrachtet diese nicht losgelöst voneinander. Soweit der Beklagte geltend macht, eine „Zusammenfassung der Werbeaussagen“ scheide aufgrund der farblichen Abgrenzung der Werbeaussagen (rote Schrift / weiße Schrift) und der Darstellung der unteren Werbeaussage auf einem quer über das Bild verlaufenden blauen Balken aus, kann dem nicht beigetreten werden. Es erscheint fernliegend, dass der Verbraucher die Werbeaussagen aufgrund dieser gestalterischen Unterschiede einer isolierten Betrachtung unterzieht. Entscheidend ist deshalb, wie der Durchschnittsverbraucher die beiden Werbeaussagen im Zusammenhang auf Grund ihres Gesamteindrucks versteht. Eine zergliederndernde Betrachtungsweise, die beide Angaben aus ihrem Zusammenhang reißt, verbietet sich.

Jedenfalls ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher bezieht die in Rede stehende Blickfangwerbung auch auf die stationäre Apotheke des Beklagten. Wird mit einem im Eingangsbereich einer gleichnamigen Apotheke angebrachten Werbeplakat unter der Überschrift „A.-Apotheke“ mit den Aussagen „GEÖFFNET: RUND UM DIE UHR“ und „LIEFERZEIT: 2 STUNDEN!“ geworben, bezieht auch ein durchschnittlich informierter, verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher diese Werbeaussagen zwangläufig auf die betreffende Apotheke, sofern – wie hier – anderweitige eindeutige Hinweise fehlen. Der Bezug auf die stationäre Apotheke wird gerade durch die Werbeaussage „GEÖFFNET: RUND UM DIE UHR“ verstärkt. Denn damit wird mit Öffnungszeiten geworben. Öffnungszeiten verbindet der Durchschnittsverbraucher mit einer stationären Apotheke. Dem Internet bzw. einem Online-Shop sind Öffnungszeiten hingegen fremd. Aus dem Sternchenhinweis ergibt sich zudem, dass die beworbene Lieferung für einen Radius von 10 km gilt, welcher Radius sich nur auf die stationäre Apotheke des Beklagten beziehen kann. Ein anderer örtlicher Bezugspunkt geht aus der beanstandeten Werbung nicht hervor und ist auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund wird jedenfalls ein erheblicher Teil der Verbraucher die Angaben „GEÖFFNET: RUND UM DIE UHR“ und „LIEFERZEIT: 2 STUNDEN!“ zumindest dahin verstehen, dass in der Apotheke des Beklagten rund um die Uhr Medikamente und sonstige Apothekenartikel bestellt werden können, die innerhalb von zwei Stunden geliefert werden. Auch wenn der Durchschnittsverbraucher die Aussage „GEÖFFNET: RUND UM DIE UHR“ nicht für „bare Münze“ nehmen und nicht dahin verstehen sollte, dass die stationäre Apotheke des Beklagten rund um die Uhr geöffnet ist, so dass diese zu jeder Tages- und Nachtzeit zum Kauf von Medikamenten aufgesucht werden kann, vermittelt diese Werbeaussage dem Durchschnittsverbraucher doch zumindest den Eindruck, die „A.-Apotheke“ des Beklagten sei für Bestellungen rund um die Uhr erreichbar, so dass bei ihr zu jeder Tages- und Nachtzeit Medikamente bestellt werden können. Der sich an diese Angabe unmittelbar anschließenden weiteren Werbeaussage „LIEFERZEIT: 2 STUNDEN!*“ entnimmt der Verbraucher, dass die bei der Apotheke bestellten Artikel nach der Bestellung – und damit ebenfalls zu jeder Tages- und Nachtzeit – binnen zwei Stunden geliefert werden, wobei sich aus dem im unteren Bereich des Werbeplakats aufgelösten Sternchenhinweis (nur) ergibt, dass dies für vorrätige Artikel und in einem Umkreis von 10 km gilt…“

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