LAG Köln:Darlegungs-und Beweislast für E-Mail-Zugang

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Darlegungs-und Beweislast für E-Mail-Zugang – Die Kommunikation per E-Mail kann aus rechtlicher Sicht zu Problemen führen, sofern der Zugang einer solchen E-Mail nicht gesichert ist bzw. durch den Empfänger bestritten wird. Dann stellt sich die Frage, wer den Zugang der E-Mail und damit deren Inhalt darlegen und beweisen muss.

So auch in einer umfangreichen arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung, über die das LAG Köln mit Urteil vom 11. Januar 2022 (Az.: 4 Sa 315/21) durch Urteil entschieden hat.

Es war zwischen den Parteien unter anderem streitig, ob den klagenden Arbeitnehmer eine E-Mail, nebst Schreiben als Anhang, seines beklagten Arbeitgebers erreicht hatte, die ein Angebot eines Arbeitsplatzes enthalten haben soll.

Darlegungs-und Beweislast für E-Mail-Zugang – Ausführungen des Gerichts

Das LAG führt in den Entscheidungsgründen umfangreich zur bisherigen Rechtsprechung des Zugangs von E-Mails und die damit verbundene Darlegungs-und Beweislast sowie Literatur aus. So heißt es in den Entscheidungsgründen:

„..Die Beklagte behauptet, dass Schreiben als Anhang einer E-Mail am 25.10.2018 an die E-Mailadresse des Klägers versendet zu haben. Gemäß § 130 Abs. 1 BGB wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, die in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Der nach § 130 BGB maßgebliche Zugang liegt dann vor, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann (LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 23. September 2021 – 2 Sa 179/21 – Rn.42, juris; BAG, Urteil vom 13. Juni 2019 – 6 AZR 459/18BAGE 167, 102-121, Rn.34).

Zur Darlegungs- und Beweislast des Zugangs einer E-Mail werden unterschiedliche Auffassungen vertreten…

Einerseits wird vertreten, dass dem Absender einer E-Mail der Beweis des ersten Anscheins dahingehend zur Seite stehe, dass die von ihm versandte E-Mail beim Empfänger eingegangen ist, wenn nicht eine Rücksendung als unzustellbar eingegangen ist. Dies gelte auch dann, wenn die Nachricht möglicherweise in einen Spamfilter gelangt ist. Eingegangen sei eine E-Mail beim Empfänger einer Willenserklärung, wenn sie auf dem Server des Empfängers oder seines Providers abrufbar gespeichert ist (AG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2008 – 30 C 730/08-25 – MMR 2009, 507, 507)…

Andererseits wird vertreten, dass der Zugang der E-Mail gemäß § 130 BGB vom Versender darzulegen und zu beweisen sei. Die Absendung der E-Mail begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2018 – 2 Sa 403/18 – Rn.39, juris; Arnold in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 130 BGB, Rn.33). Dies gelte auch für ein Sendeprotokoll (MüKoBGB/Einsele, 9. Aufl. 2021, BGB § 130 Rn.47)…“

Darlegungs-und Beweislast für E-Mail-Zugang – Ansicht des Gerichts

Das LAG schließt sich dann der letzten genannten Ansicht an und bekundet, dass die Darlegungs-und Beweislast für den Zugang der E-Mail im zu entscheidenden Fall beim beklagten Arbeitgeber lag und dieser der ihm obliegenden Last nicht nachgekommen sei.

So heißt es in den Entscheidungsgründen:

„…Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 130 BGB muss die abgegebene Willenserklärung unter Abwesenden dem Empfänger zugehen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann. Nach dem Versenden einer E-Mail wird die Nachricht auf einem Server eingehen. Dies ist jedoch nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Das Risiko kann nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem hat der Versender die Möglichkeit, vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 – I ZR 64/13 – Rn.11, juris)…

Die Beklagte hat den Zugang der E-Mail nebst Anlagen nicht dargelegt. Sie hat die routinemäßigen Abläufe beschrieben und behauptet, dass eine E-Mail versendet worden sein soll. Dies ist nach der Darlegungs- und Beweislast nicht ausreichend…

Dass die E-Mail nicht zugegangen sein soll, hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Dies ist nicht zulässig.…             

Voraussetzung einer zulässigen Erklärung mit Nichtwissen ist, dass die Partei für die jeweiligen Tatsachen nicht darlegungs- und beweisbelastet ist (BGH, Urteil vom 02.07.2009 – III ZZR 333/08 – NJW-RR 2009, 1666 1666; BeckOK ZPO/von Selle, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 138 Rn.23; Saenger, Zivilprozessordnung, ZPO § 138 Rn.7)

Die Beklagte hat den Zugang der E-Mail weder dargelegt, noch Beweis angeboten…“