LG Aschaffenburg: kein Anspruch auf Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO wegen Übermittlung von Positivdaten an Wirtschaftsauskunftei im Nachgang zum Abschluss eines Telekommunikationsvertrages

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So das Gericht in seinem Endurteil vom 23. Dezember 2024 (Az.: 62 O 194/23) in einem Rechtsstreit eines Mobilfunkkunden mit seinem Vertragspartner. Das Gericht sieht die Rechtgrundlage des berechtigten Interesses nach Art. 6 I lit.f) DSGVO als gegeben an. Es führt dazu in den Entscheidungsgründen des Urteils unter anderem aus:

„…Es ist insoweit eine allgemeine Interessenabwägung durchzuführen; im Rahmen eines „Interessengleichgewichts“ setzt sich dabei das Interesse an der Datenverarbeitung durch. Denn die entgegenstehenden Interessen des Betroffenen müssen ausweis-ich Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO überwiegen (Gola/Heckmann/Schulz, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 6 Rn. 62).

Als Gegeninteressen kommen grundsätzlich die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person in Frage und somit auch das Grundrecht auf Datenschutz, d.h. das Recht, von einer Datenverarbeitung möglichst nicht betroffen zu sein, insbesondere nicht von einer Offenlegung gegenüber Dritten (Art. 8 EU-GrCH). Die Interessen sind sodann zu gewichten und abzuwägen. Neben der Berücksichtigung aller relevanten Grundrechtsbezüge sind in die Abwägung des Weiteren u.a. die Eingriffsintensität, die Art der verarbeiteten Daten, die Art der betroffenen Person(en), mögliche Aufgaben oder Pflichten, die Zwecke der Datenverarbeitung, Maßnahmen der Datensicherheit, und die Sphäre, in die eingegriffen werden soll, einzubeziehen (Gola/Heckmann/Schulz, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 6 Rn. 63).

An diesem Maßstab gemessen, waren vorliegend die Interessen des Klägers nur in leichtem Maß betroffen. Der eingemeldete Datensatz legte gegenüber der S. lediglich offen, dass der Kläger bei der Beklagten einen Telekommunikationsvertrag abgeschlossen hat. Die Daten wirken sich in aller Regel nicht negativ auf die Kreditwürdigkeit des Betroffenen aus.

Hinzu kommt, dass im Rahmen der Abwägung gemäß Erwägungsgrund 47 die „vernünftigen Erwartungen“ der betroffenen Person, d.h. hier des Klägers, zu berücksichtigen sind. Aus dem Wort „vernünftigen“ ergibt sich, dass nur objektivierbare Erwartungen zu berücksichtigen sind, d.h. solche Erwartungen, die ein Betroffener vernünftigerweise hatte bzw. haben konnte. Ausschlaggebend sind deshalb nicht die sehr subjektiven Angstvorstellungen des Klägers, sondern die Erwartungshaltung eines „vernünftigen“ Kunden in der Situation des Klägers. Die Einmeldung von Vertragsdaten an die S. ist in Deutschland ein seit Jahrzehnten flächendeckend praktiziertes Verfahren. Jeder, der in Deutschland einmal ein Bankkonto eröffnet, einen Kredit aufgenommen oder einen Telekommunikationsvertrag oder einen Energieversorgungvertrag aufgenommen hat, kennt die sog. „S. -Klausel“, in der er über eine Einmeldung der Daten an die S. informiert wird. Eine Einmeldung von Daten an die S. ist ein gewöhnlicher und damit auch erwartbarer Vorgang.

Der Kläger hat hingegen keine objektiven Interessen vorgetragen, die gegen die Datenverarbeitung sprechen. Diesen fehlenden objektiven Vortrag versucht der Kläger durch die subjektive Darstellung von vermeintlichen Ängsten und Befürchtungen zu ersetzen, beispielsweise durch Befürchtungen zu einer angeblich intransparenten Datenverarbeitung in einer „Black Box“ oder die Angst vor einem Hackerangriff auf die S.. Dass dem Kläger durch die Datenverarbeitung durch die Beklagte tatsächlich irgendwelche Nachteile entstanden sind (z.B. die Ablehnung von Vertragsanfragen), hat der Kläger hingegen nicht vorgetragen und wird auch durch die nachträglichen zahlreichen Fernabsatzgeschäfte und Bankgeschäfte, die in der S. Auskunft aufgeführt sind widerlegt (Anlage K 2)…“

Hinweis des Autors:

Zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages ist dem Autor nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung des Rechtsmittels der Berufung eingelegt wurde.