Neue Bauprodukteverordnung der EU im Amtsblatt veröffentlicht – Was ändert sich für Händler und auch im E-Commerce?!

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Die Verordnung (EU) 2024/3110 des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 (nachfolgend kurz: BauPVO) ist am 18. Dezember 2024 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden. Diese gilt im überwiegenden Teil ab dem 8. Januar 2026.

In diesem Beitrag werden nur Pflichten mit Bezug auf den Handel in einem Überblick dargestellt. Die Besonderheiten des E-Commerce finden Sie unter Punkt D. der Ausführungen.

A. Anwendungsbereich

I. Bauprodukte

Nach Art. 2 I BauPVO gilt diese für Bauprodukte einschließlich gebrauchter Produkte.

Bauprodukte werden in Art. 3 Nr.1 BauPVO definiert als jedes geformte oder formlose physische Bauelement, einschließlich mithilfe von 3D-Druck hergestellter Produkte, oder einen Bausatz, das bzw. der beispielsweise durch die Anlieferung an die Baustelle in Verkehr gebracht wird, um dauerhaft in Bauwerke oder Teile davon eingebaut zu werden, mit Ausnahme von Bauelementen, die zuerst in einen Bausatz oder ein anderes Bauprodukt eingebaut werden müssen, bevor sie dauerhaft in Bauwerke eingebaut werden.

Neu ist die Anwendung auf „gebrauchte Produkte.“, die in Art. 3 Nr.20 BauPVO definiert werden.

II. Händler

Händler ist nach Art. 3 Nr.35 BauPVO jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, bei der es sich weder um den Hersteller noch um den Einführer handelt, die ein Produkt auf dem Markt bereitstellt, indem sie beispielsweise Produkte zum Verkauf, zur Miete oder zum Teilzahlungskauf anbietet oder Produkte im Zuge einer kommerziellen Maßnahme einschließlich des Fernverkaufs für Kunden oder für Montagebetriebe präsentiert, unabhängig davon, ob dies gegen eine Zahlung erfolgt. Somit werden verschiedene, rechtlich unterschiedlich einzuordnen Situationen umfasst:

  • Verkauf
  • Miete
  • Teilzahlungskauf
  • Präsentation für Kunden oder Montagbetriebe
  • Fernverkauf

Für den Fernverkauf fehlt eine Definition. Hier dürften aber Vertragsabschlüsse per E-Mail, Telefon, Messangerdienste und der E-Commerce gemeint sein.

B. Pflichten von Händlern

I. Grundsätzliche Pflichten

Grundsätzlich gilt nach Art. 25 I BauPVO, dass Händler alle Verpflichtungen der Verordnung berücksichtigen müssen.

II. Vorabprüfungspflicht vor dem Verkauf oder Vertrieb

Art. 25 II BauPVO gibt dem Händler einen Pflichtenkatalog an die Hand, die dieser vor der „Bereitstellung am Markt“ berücksichtigen muss. Nach Art.3 Nr.4 BauPVO ist eine „Bereitstellung am Mark“ jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts zum Vertrieb oder zur Verwendung auf dem Markt der Union im Rahmen einer Geschäftstätigkeit, unabhängig davon, ob dies im Rahmen einer Dienstleistungserbringung erfolgt oder nicht. Somit ist vor dem eigentlichen Vorgang des Verkaufs oder Vermietung hier eine Überprüfung erforderlich.

Grundsätzlich sind folgende Pflichten zu erfüllen:

Art. 25 II a) BauPVODer Händler muss sich vergewissern, dass das Produkt mit der CE-Kennzeichnung und gegebenenfalls mit der Kennzeichnung gemäß Artikel 22 IX BauPVO versehen ist.  Bei letzterem hat die EU-Kommission die Möglichkeit, bauproduktbezogen delegierte Verordnung zu erlassen, die die  Kennzeichnung der ökologischen Nachhaltigkeit betrifft. Hier muss der Händler sich auf dem Laufenden halten, um nach der Inkraftsetzung entsprechender delegierten Verordnungen seine Darstellungen anzupassen und vor allem dann die Bauprodukte auf dieses Erfordernis hinzuprüfen.
Art. 25 II b) BauPVODer Händler muss sich vergewissern, dass dem Produkt erforderlichenfalls eine Leistungs- und Konformitätserklärung beigefügt ist oder die Erklärung gemäß Art. 16 II BauPVO verfügbar ist. Letztes ist die Möglichkeit, dass der Hersteller die Informationen auf einer Webseite veröffentlich. Dies muss dann durch den Händler bauproduktbezogen geprüft werden.
Art. 25 II c) BauPVODer Händler muss sich vergewissern, dass dem Produkt allgemeine Produktinformationen, Gebrauchsanweisungen und Sicherheitsinformationen gemäß Art. 22 VI BauPVO beigefügt sind, die in einer Sprache abgefasst sind, die von den Endnutzern in dem Mitgliedstaat, in dem das Produkt auf dem Markt bereitgestellt werden soll, leicht verstanden werden kann.
Art. 22 VI BauPVO verweist wiederum auf den Anhang IV der BauPVO. Dort sind detaillierte Vorgaben enthalten, die für den Händler die Prüfung erleichtern und betriebsintern z.B. für die Erstellung von Check- oder Prüflisten genutzt werden kann.
Bei der Sprache ist bei grenzüberschreitenden Lieferungen eine Information in der oder den Amtssprache(n) des Lieferlandes erforderlich. Zudem muss geprüft werden, ob bei einem Inlandsangebot die genannten Darstellungen in deutscher Sprache vorhanden sind und vor allem durch den Endnutzer verstanden werden kann.
Art. 25 II d) BauPVODer Händler muss sich vergewissern, dass der Hersteller und der Einführer die Anforderungen nach Art.22 IV und VII BauPVO bzw. Art.24 VI BauPVO erfüllt haben.
Art.22 IV BauPVO enthält Kennzeichnungspflichten von Bauprodukten. Die Bauprodukte müssen einen herstellerspezifischen eindeutigen Identifizierungscode des Produkttyps und, soweit verfügbar, eine Chargen- oder Seriennummer tragen, die für die Benutzer leicht sichtbar und lesbar ist. Ist dies aufgrund der Art des Produkts nicht möglich, so sind die erforderlichen Angaben auf einer angebrachten Kennzeichnung, auf der Verpackung oder, wenn dies ebenfalls nicht möglich ist, in einem Begleitdokument zum Produkt anzugeben. Zudem muss nach Art. 22 IV BauPVO der Hersteller Bauprodukte als „Nur für die gewerbliche Verwendung“ kennzeichnen, wenn für seine Verwendung Fachwissen erforderlich ist. Dieser Hinweis muss dem Kunden vor dem Kauf präsentiert werden, egal im stationären oder Onlinehandel. Hier muss dann als eine Artikelbeschreibung oder Produktübersichtsseite mit Bestellmöglichkeit den Hinweis enthalten.
Zudem ist festgelegt, dass ohne den genannten Vermerk genutzte Bauprodukte sich auch an nicht gewerbliche Abnehmer und Verbraucher richten.
Art.22 VII BauPVO wiederum betrifft eine wesentliche Neuerung, den digitalen Produktpass.
Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten eines noch durch die EU-Kommission zu erlassenden, also heute noch nicht vorliegenden, delegierten Rechtsakts stellt der Hersteller einen digitalen Produktpass über dann bestehende digitale Produktpasssystem für Bauprodukte zur Verfügung.
Dieser digitale Produktpass muss mit einem Datenträger verbunden sein. Darunter versteht Art. 3 Nr.41 BauPVO einen Strichcode, ein zweidimensionales Symbol oder ein anderes automatisches Datenerfassungsmedium, das von einem Gerät gelesen werden kann. Auch dieser muss von dem Händler bauproduktbezogen geprüft werden.
Der digitale Produktpass selbst ist in Art. 76 bis 79 BauPVO im Detail geregelt und mit dortigen Vorgaben herstellerseitig umzusetzen. Hier dürfte der Händler mehr als das Vorhandensein nicht prüfen können bzw. dies auch nicht zumutbar sein.
Art.24 VI BauPVO regelt die Besonderheit für den Fall, dass Bauprodukte durch einen sog. Einführer bereitgestellt werden. Der Einführer ist wiederum in Art.3 Nr.9 BauPVO unter Verweisung auf eine weitere EU-Verordnung definiert als jede in der Union ansässige natürliche oder juristische Person, die ein Produkt aus einem Drittstaat auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt. Hier muss der Händler prüfen, ob der Einführer seinen Namen, seinen eingetragenen Handelsnamen oder seine eingetragene Handelsmarke, den Ort seiner Niederlassung, seine Kontaktanschrift sowie — falls verfügbar — elektronische Kommunikationsmittel entweder auf dem Produkt selbst oder, wenn dies nicht möglich ist, auf der Verpackung oder in den dem Produkt beigefügten Unterlagen angebracht hat.

III. Präsentationspflichten bei Kaufverträgen

Hier regelt Art. 25 III BauPVO, dass der Händler Kunden, bevor diese an einen Kaufvertrag gebunden sind, in sichtbarer Weise die Angaben, die gemäß dieser Verordnung bereitgestellt werden müssen, präsentieren muss. Dies gilt auch für den Fernverkauf.

IV. Pflichten bei Nichteinhaltung der Verordnung

Art. 25 III BauPVO gibt dem Händler vor, wenn er der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein Bauprodukt nicht der erklärten Leistung oder sonstigen nach dieser Verordnung geltenden Anforderungen entspricht, das Produkt erst dann auf dem Markt bereitzustellen, wenn es der beigefügten Leistungs- und Konformitätserklärung und sonstigen nach dieser Verordnung geltenden Anforderungen entspricht. Sieht der Händler bei einem Bauprodukt ein Risiko, so muss er den Hersteller und die verantwortlichen zuständigen nationalen Behörden unterrichten.

V. Pflichten bei Lagerung und Transport

Art. 25 IV BauPVO legt den Händler die Pflicht auf, bei Lagerung und Transport die Einhaltung der Verordnung zu sichern.

VI. Pflichten bei Feststellung fehlender Leistungsfähigkeit oder Nichteinhaltung von Anforderungen

Art. 25 V BauPVO gibt dem Händler vor, dass dieser bei fehlender Leistungsfähigkeit von Bauprodukten oder der Nichteinhaltung der Anforderungen der BauPVO

erforderliche Korrekturmaßnahmen treffen muss, um die Konformität des Bauprodukts herzustellen. Gelingt dies nicht, so kann der Händler, sofern dies angemessen ist ein Bauprodukt zurücknehmen oder zurückrufen. Zudem muss der Händler in den Fällen, in denen mit einem Bauprodukt, Risiken verbunden sind, unverzüglich die zuständigen nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, in denen er das Produkt auf dem Markt bereitgestellt hat, informieren. Dabei sind detaillierte Angaben zu tätigen, die insbesondere die Nichtkonformität und die ergriffenen Korrekturmaßnahmen betreffen.

C. Händler, die zugleich Einführer sind oder Bauprodukte unter „eigener Flagge“ anbieten

Nach Art. 26 BauPVO sind Händler, die zum Beispiel

ein Produkt unter eigenem Namen oder Handelsmarke in Verkehr bringen

die entscheiden, die Rolle des Herstellers zu übernehmen

die ein gebrauchtes Produkt, für das eine harmonisierte technische Spezifikation mit Vorschriften für gebrauchte Produkte gilt, in Verkehr bringen

die ein gebrauchtes Produkt, das nicht unter eine harmonisierte technische Spezifikation mit Bestimmungen für gebrauchte Produkte fällt und zuvor nicht in der Union in Verkehr gebracht wurde, in Verkehr bringen

die ein wiederaufbereitetes Produkt in Verkehr bringen

rechtlich als Hersteller im Sinne der Verordnung anzusehen.

D. Pflichten für Händler bei Online-Warenhandel und andere Formen des Fernabsatzes

Art. 29 BauPVO stellt für den Bereich des E-Commerce und Fernabsatzverträge anderer Art, also Telefonverkäufe oder Kataloge mit Bestellmöglichkeit, zusätzliche Vorgaben auf.

I. Anwendung der BauPVO für Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU

Art. 29 I BauPVO betrifft die Ausrichtung von Darstellungen von Herstellern, Einführer oder Händler mit Sitz außerhalb der EU auf die EU. Es wird dort unter anderem festgelegt, dass die Ausrichtung auf die EU bereits dann vorliegt, mit der Folge, dass auch die BauPVO vollständig eingehalten werden muss, wenn die Währung eines Mitgliedstaats verwendet wird, eine in einem der Mitgliedstaaten registrierte Internet-Domain verwendet wird oder eine Internet-Domain verwende wird t, die sich auf die Union oder einen Mitgliedstaat bezieht, oder wenn zu den geografischen Gebieten, in die versendet wird, ein Mitgliedstaat gehört.

II. Pflichten des Händlers

In Art. 29 II BauPVO sind dann die Vorgaben aufgelistet, die für den Onlineverkauf von Bauprodukten oder andere Fernabsatzvertriebsmethoden zu erfüllen sind:

klar und deutliche Darstellung der CE-Kennzeichnung im AngebotHier dürfte es also darauf ankommen, die Darstellung sowohl von der Größe her als auch von der Positionierung umzusetzen. Leider enthält die BauPVO keine weiteren detaillierten Vorgaben. Somit dürfte eine Anbringung in Form einer grafischen Datei im Angebot selbst die Vorgaben erfüllen. Da aber nicht gewährleistet ist, dass z.B. eine Verwendung einer Grafik im Rahmen der Darstellungen von verschiedenen Produktbildern wahrgenommen wird, sollte die Grafik als feststehendes Element implementiert werden.
in Art. 18 II BauPVO aufgeführten InformationenBenannt werden dort verschiedene Informationen, die von dem Hersteller oder Einführer bereitgestellt werden müssen. Namentlich sind dies folgende:
– die beiden letzten Ziffern des Jahres, in dem die CE-Kennzeichnung erstmals angebracht wurde, oder bei gebrauchten Produkten die beiden letzten Ziffern des Jahres, in dem das Produkt demontiert wurde, gefolgt von den letzten beiden Ziffern des Jahres, in dem die CE-Kennzeichnung an dem gebrauchten Produkt angebracht wurde;
der Name und die eingetragene Anschrift oder das Kennzeichen, mit dem der Name und die Anschrift des Herstellers leicht und eindeutig identifiziert werden können;
– der Name und die eingetragene Anschrift des Bevollmächtigten oder das Kennzeichen, mit dem Name und Anschrift des Bevollmächtigten leicht und eindeutig identifiziert werden können, wenn der Hersteller keine Niederlassung in der Union hat oder wenn der Hersteller sich für einen Bevollmächtigten entscheidet;
– der eindeutige Identifizierungscode des Produkttyps;
der Erklärungscode der Leistungs- und Konformitätserklärung;
– gegebenenfalls die Kennnummer der notifizierten Stellen, die den Produkttyp überprüfen und die werkseigene Produktionskontrolle bewerten, und
ein mit dem digitalen Produktpass gemäß Artikel 76 verbundener Datenträger, wenn ein solcher digitaler Produktpass über das gemäß Artikel 75 eingerichtete digitale Produktpasssystem für Bauprodukte verfügbar ist
Kennzeichnung gemäß Art. 22 IX BauPVODie EU-Kommission hat die Möglichkeit, bauproduktbezogen delegierte Verordnung zu erlassen, die die Kennzeichnung der ökologischen Nachhaltigkeit betrifft. Hier muss der Händler sich auf dem Laufenden halten, um nach der Inkraftsetzung entsprechender delegierten Verordnungen seine Darstellungen anzupassen und vor allem dann die Bauprodukte auf dieses Erfordernis hinzuprüfen
mit einem digitalen Produktpass verbundenen Datenträger gemäß Art.22 VII BauPVOSpätestens 18 Monate nach Inkrafttreten eines noch durch die EU-Kommission zu erlassenden, also heute noch nicht vorliegenden, delegierten Rechtsakts stellt der Hersteller einen digitalen Produktpass über dann bestehende digitale Produktpasssystem für Bauprodukte zur Verfügung.
Dieser digitale Produktpass muss mit einem Datenträger verbunden sein. Darunter versteht Art. 3 Nr.41 BauPVO einen Strichcode, ein zweidimensionales Symbol oder ein anderes automatisches Datenerfassungsmedium, das von einem Gerät gelesen werden kann. Auch dieser muss von dem Händler bauproduktbezogen geprüft werden und dann in das Online-Angebot übernommen werden.

E. Folgen bei Nichteinhaltung der Vorgaben

I. Bußgelder

Art. 92 BauPVO sieht vor, dass die Mitgliederstaaten der EU Sanktionsmöglichkeiten erlassen. Hier ist mit nationalen Bußgeldvorschriften zu rechnen.

II. UWG

Sicherlich dürfte ein Verstoß auch ein Verstoß im Sinne des § 3a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) oder §§ 5a,5b IV UWG sein. Somit drohen hier auch Abmahnungen durch Mitbewerber oder qualifizierte Wirtschaftsverbände.