LG Schweinfurt: kein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO gegen Social Media Betreiber wegen unzulässiger Verarbeitung personenbezogener Daten zur Schaltung personalisierter Werbung, wenn Tatsachen zur Anspruchsbegründung nicht dargelegt und bewiesen werden
So das Gericht in einem Endurteil vom 3. Juni 2024 (Az.: 23 O 354/23) in dem zu entscheidenden Fall, in dem unter anderem neben einem Auskunftsanspruch auch ein Anspruch nach Art. 82 DSGVO geltend gemacht worden war. Hintergrund war die nach Ansicht des Klägers unzureichende bzw. nicht vorhandene Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO für die Anzeige von personalisierter Werbung durch den Betreiber des Social Media Dienstes. Im Laufe des Verfahrens hatte der Kläger eine Einwilligung nach Art. 6 I lit.a) DSGVO erteilt.
Das Gericht sah nach Anhörung des Klägers keine ausreichende Darlegung und Beweisführung für den Zuspruch eines Anspruchs nach Art. 82 DSGVO und führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift muss der Schaden hierbei „erlitten“ worden sein, woraus sich ergibt, dass dieser tatsächlich entstanden sein muss und nicht lediglich befürchtet wird (so auch OLG Frankfurt GRUR-RS 2022, 4491). Zwar ist der Begriff des Schadens – wie dargestellt – weit auszulegen, sodass die Betroffenen einen wirksamen Ersatz bekommen; nach Auffassung des Gerichts reicht jedoch ein bloßer Verstoß gegen Vorschriften der DS-GVO nicht aus, um (immateriellen) Schadensersatz verlangen zu können. Es bedarf vielmehr der Darlegung eines konkreten (auch immateriellen) Schadens (vgl. auch OLG Frankfurt a.a.O.; LG Gießen ZD 2023, 103, 104; LG Bielefeld GRUR-RS 2022 38375 Rn. 27).
Ein solcher in Gestalt einer durch den Kläger tatsächlich empfundenen Beeinträchtigung ist nach erfolgter informatorischer Anhörung des Klägers nicht ersichtlich.
Der schriftsätzliche Vortrag des Klägers, er habe ein ungutes Gefühl dadurch, dass sich in Folge der personalisierten Werbung bei ihm das Gefühl einstelle, er sei bei seiner Bewegung im Internet unter ständiger „Beobachtung“ durch die Beklagte, vermochte sich im Rahmen der informatorischen Anhörung seiner Person nicht zu bestätigen. Diesbezüglich gab der Kläger schon gar keine dahingehenden Erklärungen ab. Er stellte lediglich zwei Erlebnisse in Bezug auf angezeigte Werbung dar. Hierbei sei einmal der Überraschungseffekt der Bestellung von Verlobungsringen weg gewesen und einmal hätten die Arbeitskollegen die Werbung von Stepstone gesehen.
Bis auf die Angaben in der informatorischen Anhörung hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger diesbezüglich keinen weiteren Beweis angeboten.
Der Klägervortrag zu den erlittenen Beeinträchtigungen ist auch in sich widersprüchlich. Einerseits will die Klagepartei einen immateriellen Schaden durch die zielgerichtete Werbung für sich in Anspruch nehmen. Anderseits ist die Klagepartei nicht bereit ab November 2023 dafür im Abo-Modell zu zahlen, dass er keine Werbung mehr erhält. Es ist daher nicht glaubhaft, wenn die Anwälte des Klägers einerseits vortragen, der Kläger fühle sich durch persönliche Werbung beeinträchtigt, er andererseits dann aber später zugestimmt hat, weil er nicht bereit ist dafür zu bezahlen, dass dieses Unwohlsein nicht mehr auftritt und er keine Werbung erhalte…“
Hinweis des Autors:
Dem Autor ist nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wurde.