Datenschutzrecht

OLG Brandenburg: Anwendung der Rechtsprechung des BGH zu Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO bei Prämienanpassungen privater Krankenversicherung

In seinem Urteil vom 28. Februar (Az.: 11 U 161/23) nimmt das Gericht Bezug auf Rechtsprechung des BGH und sieht einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO bei Prämienanpassungen privater Krankenversicherung bezogen auf die Höhe der Beitragsanpassungen für die Jahre 2012 bis 2020 unter Benennung der jeweiligen Tarife und die ihm zu diesem Zweck übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein als unbegründet an. Es führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Schließlich ergibt sich der Anspruch nach Ziffer 1 der Berufungsbegründung nicht aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 DSGVO, da die Voraussetzung, dass es sich bei den Anschreiben selbst sowie den beigefügten Anlagen (Beiblätter, Nachträge zum Versicherungsschein) jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt, nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht gegeben ist. Auf die Modalitäten für die Erfüllung der Verpflichtung nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO kommt es insoweit nicht an. Gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person („betroffene Person“) beziehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der Begriff weit zu verstehen. Er ist nicht auf sensible oder private Informationen beschränkt, sondern umfasst potenziell alle Arten von Informationen sowohl objektiver als auch subjektiver Natur, unter der Voraussetzung, dass es sich um Informationen über die in Rede stehende Person handelt. Die letztgenannte Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Information aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft ist (vgl. EuGH, Urteil vom 04.05.2023, – C-487/21, BGH aaO). Demgemäß stellen die vollständigen Begründungsschreiben nebst den Beiblättern keine personenbezogenen Daten dar. Vielmehr enthalten die einzelnen Teile (Anschreiben, Beiblatt, Nachtrag zum Versicherungsschein) jeweils einzelne personenbezogene Daten des Klägers als Versicherungsnehmers. Eine dahingehende Beschränkung seines geltend gemachten Anspruchs und seines Antrages hat der Kläger indessen erstinstanzlich nicht vorgenommen…“

Begründet ist allerdings ein Anspruch, der im Verfahren als Hilfsantrag gestellt worden war, der den Auskunftsanspruch auf den Zeitpunkt und Höhe des Alt- und Neubeitrages für jede stattgefundene Beitragsanpassung gemäß § 203 II VVG sowie auf Zeitpunkt erfolgter Tarifwechsel unter Angabe des Herkunfts- und Zieltarifs und erfolgter Tarifbeendigungen begründet. Gegen den als begründet angesehenen Auskunftsanspruch halt auch nicht das Argument der Anwendung von Art. 12 V 2 DSGVO des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens. Dazu führt das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Wie sich aus dem Erwägungsgrund 63 zu der Verordnung ergibt, ist Sinn und Zweck des in Art. 15 DSGVO normierten Auskunftsrechts, es der betroffenen Person problemlos und in angemessenen Abständen zu ermöglichen, sich der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten bewusst zu werden (so auch BGH, Urt. v. 15.06.2021 – VI ZR 576/19, juris). Die Ausübung des Rechts nach Art. 15 DSGVO soll der betroffenen Person ermöglichen zu überprüfen, ob sie betreffende Daten richtig sind und auch, ob sie in zulässiger Weise verarbeitet werden (EuGH, Urt. v. 04.05.2023 – C-487/21, juris). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann hier – anders als in einigen vom Senat früher entschiedenen Fällen zu Auskunftsklagen – von einer rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Auskunftsrechts nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat mit der Berufung von der Stufenklage, mit der er nach Erlangung der Auskünfte vermeintliche Leistungs- und Feststellungsansprüche verfolgen wollte, Abstand genommen und die Klage auf die Auskunft zu bestimmten Daten beschränkt, so dass nicht mehr ohne weiteres auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers mangels Verknüpfung geschlossen werden kann, zumal er sein Auskunftsbegehren jederzeit geltend machen kann. Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte erkennbar oder von der gemäß Art. 12 Abs. 5 S. 3 DSGVO beweisbelasteten Beklagten vorgetragen, die auf einen Missbrauch seines Auskunftsrechts schließen lassen könnten…“

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