OLG Frankfurt a.M.: Anbieter einer Software für Online-Werbeanzeigen haftet für die Speicherung von Cookies, die Nutzer der Software über Webseiten ohne Einwilligung der Nutzer erheben

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So das Gericht in seinem Urteil vom 27. Juni 2024 (Az.: 6 U 192/23) im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens einer Internetnutzerin gegen den Anbieter der Software und damit bejahte die Richter den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach  den §§ 823 II, 1004 BGB i.V.m. § 25 TDDDG. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Für diese Rechtsverletzung haftet die Verfügungsbeklagte auch als Täterin. Auf die Kriterien für eine Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter kommt es nicht an.

Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. BGH GRUR 2011, 152, Rn. 30 – Kinderhochstühle im Internet I; GRUR 2011, 1018, Rn. 24 – Automobil-Onlinebörse; Urt. v. 18.06.2014, I ZR 242/12, Rn.13 – Geschäftsführerhaftung). Täter ist derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst begeht (§§ 25 I StGB, 830 I 1 BGB; BGH GRUR 2004, 860 – Internet-Versteigerung I, m.w.Nachw.; GRUR 2007, 708 – Internet-Versteigerung II; GRUR 2009, 597, Rn. 14 – Halzband; GRUR 2011, 152, 154, Rn. 30 – Kinderhochstühle im Internet; Urt. v. 18.06.2014, I ZR 242/12, Rn.13 – Geschäftsführerhaftung), indem er den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, adäquat kausal verwirklicht (BGH, Urt. v. 03.03.2016, I ZR 110/15, Rn. 32 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon m.w.N.). Nach dem bereits erstinstanzlich unbestritten gebliebenen Vortrag der Verfügungsklägerin ist es die Verfügungsbeklagte, die die Informationen in Form von Cookies auf den Endeinrichtungen der Nutzer auch ohne deren Einwilligung speichert, sobald die entsprechende Anforderung durch den von ihr bereit gestellten Programmcode auf der vom Nutzer besuchten Internetseite ausgelöst wird. Darüber hinaus greift sie – was ebenfalls erstinstanzlich unstreitig geblieben ist – auf die hinterlegten Informationen zu, indem sie sich diese von den Betreibern der Internetseiten zur Verfügung stellen lässt, nachdem diese die Informationen über die weiteren Webseitenbesuche des Nutzers auf den Endgeräten ausgelesen haben. Die Verfügungsbeklagte kann nicht damit gehört werden, dass ihr der Umstand nicht ursächlich zugerechnet werden könne, dass Webseitenbetreiber entgegen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten das Setzen von Cookies ohne Zustimmung des Endnut-zers haben veranlassen lassen. Die Verfügungsbeklagte hat die Speicherung der Cookies ohne Endnutzereinwilligung adäquat kausal verwirklicht.

Es fehlt auch nicht an der Adäquanz. Das Kriterium der Adäquanz dient im Rahmen der Feststellung des Zurechnungszusammenhangs dem Zweck, diejenigen Kausalverläufe auszugrenzen, die dem Verletzer billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können. Im Deliktsrecht besteht ein adäquater Zusammenhang zwischen Tatbeitrag und Taterfolg, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist. Hieran kann es fehlen, wenn der Verletzte oder ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt. Bei der Ermittlung der Adäquanz ist auf eine nachträgliche Prognose abzustellen, bei der neben den dem Verletzer bekannten Umständen alle einem optimalen Betrachter zur Zeit des Eintritts des Schadensereignisses erkennbaren Gegebenheiten zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2016, 961, Rnr. 34 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon m.w.N.). Dass es sich bei dem Setzen von Cookies ohne Einwilligung des Endnutzers auf den Webseiten Dritter keineswegs um einen besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umstand handelt, zeigt sich schon daran, dass sich die Verfügungsbeklagte damit in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich und eingehend befasst…“