OLG Karlsruhe: Selbstabfüllbarer Orangensaft muss durch Händler grundsätzlich ebenfalls mit Grundpreisangabe nach § 4 PAngV versehen werden-bei Verstoß liegt Verstoß gegen § 5b UWG vor

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So unter anderem das Gericht in seinem Urteil vom 9. Juli 2024 (Az.:  14 UKl 1/23) im Rahmen eines Rechtsstreites eines Verbraucherschutzverbandes mit einem im Einzelhandel tätigen Unternehmen. Das Gericht führt unter anderem in den Entscheidungsgründen aus, dass ein Verstoß gegen § 4  PAngV vorliegt und führt dazu unter anderem aus:

„..Bei dem zur Selbstabfüllung durch den Kunden in die von dem Einzelhändler bereit gestellten Gefäße angebotenen Orangensaft handelt es sich um lose Ware im Sinne des § 2 Nr. 5 PAngV.

aa) Das Abfüllen des frisch gepressten Orangensaftes durch den Kunden in die vom Einzelhändler zur Verfügung gestellten Gefäße ist ein Vorgang, bei dem eine bestimmte Menge des Saftes im Sinne von § 2 Nr. 5 PAngV „abgemessen“ wird. „Abmessen“ bedeutet, etwas nach einem Maß bestimmen. Dieses Maß sind die seitens des Einzelhändlers zur Verfügung gestellten Flaschen in den unterschiedlichen Größen (S, L, XL), die selbständig von den Kunden des X-Marktes befüllt werden. Soweit die Beklagte dagegen einwendet, es fehle an einer Messeinrichtung, ist eine solche nicht notwendig, denn § 2 Nr. 5 PAngV spricht nur davon, dass die unverpackte Ware – hier also der frisch gepresste Saft – durch den Verbraucher abgemessen wird. Der Verordnungstext enthält gerade keine Einschränkung dahingehend, dass für das Abmessen eine wie auch immer geartete Messeinrichtung notwendig ist.

bb) Der frisch gepresste Orangensaft wird nach Volumen angeboten, weswegen § 4 Abs. 2 PAngV einschlägig ist. Der Einzelhändler stellt Behältnisse in drei Größen zur Verfügung, die einen unterschiedlichen Inhalt fassen können. Das Wort „Volumen“ bezeichnet den räumlichen Inhalt eines geometrischen Körpers. Vorliegend wird dieser durch die jeweilige – von dem Unternehmer bereit gestellte – Flaschengröße bestimmt, wobei sich der Preis nach der Größe des Gefäßes – also nach dem Inhalt der Gefäße – richtet.

b) Weswegen es nicht möglich sein soll, für frisch gepressten Orangensaft einen Literpreis anzugeben, erschließt sich dem Senat nicht. Es mag sein, dass frisch gepresster Orangensaft schäumt und nach dem unmittelbaren Befüllen Volumen verliert; dies stellt aber kein Argument dafür dar, dem Verbraucher den Literpreis vorzuenthalten. Denn es ist dem Händler objektiv ohne weiteres möglich, das (maximale) Fassungsvermögen der bereit gestellten Behältnisse zu bestimmen und dementsprechend den Grundpreis zu berechnen…“

Darin liegt auch ein Verstoß gegen § 5b UWG vor. Dazu das Gericht unter anderem wie folgt in den Entscheidungsgründen:

„…In dem Verstoß gegen § 4 Abs. 2 PAngV i. V. m. § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV liegt zugleich eine nach §§ 5a Abs. 1 Satz 1, 5b Abs. 4 UWG unlautere und nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung, die den vom Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG begründet. Denn gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Ziffer 1), und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Ziffer 2). Gemäß § 5b Abs. 4 UWG gelten als wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 19.05.2022 – I ZR 69/21, Rn. 55 f., juris).

Dem Verbraucher wurde hier – wie dargelegt – vom Unternehmer eine Information in Gestalt der gesetzlich vorgeschriebenen Grundpreisangabe vorenthalten. § 4 PAngV dient der Umsetzung des Art. 4 der Richtlinie 98/6/EG und bezweckt die Verbesserung der Verbraucherinformation im Interesse möglichst einfacher Preisvergleiche (Sosnitza/Meisterernst/Sosnitza, LebensmittelR, 188. EL November 2023, § 4 PAngV Rn. 1, beck-online). Damit handelt es sich bei der fehlenden Grundpreisangabe um eine wesentliche Information im Sinne des § 5b Abs. 4 UWG…“

Hinweis des Autors:

Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist dem Autor zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt.