So das Gericht in seinem Urteil vom 19. Oktober 2023 (Az.: 7 K 2578/22) und verneinte damit den geltend gemachten Auskunftsanspruch bereits dem Grunde nach. Das Gericht führte unter anderem aus:
„…Dem Kläger geht es im vorliegenden Verfahren darum, für den Vormittagsteil auch die Testfragen in Kopie übersandt zu bekommen. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Art. 15 Abs. 1 DSGVO begründet jedoch keinen solchen Anspruch. Bei den Testfragen handelt es sich nicht um personenbezogene Daten des Klägers.
Nach der Begriffsbestimmung in Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Onlinekennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der psychischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil im Fall C-434/16 (Nowak) vom 20.07.2017 ausgeführt, dass die Antworten eines Kandidaten in einer schriftlichen Prüfung und die Kommentare des Prüfers zu diesen Antworten personenbezogene Daten des Prüflings darstellen können und damit der Auskunftspflicht unterliegen. Prüfungsantworten einschließlich der Korrekturen des Prüfers erfüllen diese Voraussetzungen nach Auffassung des EuGH u.a. insoweit, als sie einerseits den Kenntnisstand und das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie ggfs. seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken widerspiegeln und sich andererseits die Verwendung dieser Informationen, die insbesondere im Erfolg oder Scheitern des Prüflings der in Rede stehenden Prüfung zum Ausdruck kommt, auf dessen Rechte und Interessen auswirken, insbesondere seine Chancen, den gewünschten Beruf zu ergreifen oder die gewünschte Anstellung zu erhalten, bestimmen oder beeinflussen können. Dies trifft nach Auffassung der Kammer auf den Antwortbogen des Klägers zum Vormittagsteil und auf die persönlichen Notizen des Klägers zu. Diese wurden dem Kläger auch zur Verfügung gestellt (vgl. hierzu E-Mail der Beklagten vom 15.06.2022). Dagegen stellen nach dem Europäischen Gerichtshof die Prüfungsfragen, vorliegend damit die Testfragen, als solche keine personenbezogenen Daten des Prüflings dar, sodass sich sein Recht auf Auskunft nach der DSGVO nicht auf diese erstreckt (EuGH, Urteil vom 20.12.2017, – C-434/16 –, juris, Rn. 58).
Dies trifft auch nach Auffassung der Kammer auf die Testfragen des TMS zu. Die Testfragen haben keinen Bezug zum Prüfling als betroffene Person. Sie geben für sich keine Informationen über den Kenntnisstand und/oder das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie über seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken wieder. Nichts anderes ergibt sich daraus, dass – so der Kläger – die Antworten in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit den Prüfungsaufgaben stehen würden und von diesen nicht gedanklich getrennt werden könnten. Dadurch werden die Prüfungsaufgaben noch nicht zu „personenbezogenen Daten“. Denn die vom Kläger im TMS erbrachten Leistungen werden durch seine Antworten festgestellt und dokumentiert. Diese von ihm gemachten Angaben sind seine höchstpersönliche und individuelle Leistung und damit auch personenbezogene Daten. Bei allen Aufgabengruppen des TMS dürfen die Antworten nur auf dem Antwortbogen und nicht im Testheft gekreuzt werden. Markierungen im Testheft werden nicht berücksichtigt. Auf dem Antwortbogen sind neben jeder Aufgabennummer mehrere Kästchen gedruckt, die den Lösungsbuchstaben zugeordnet sind. Der Testteilnehmer hat dasjenige Kästchen zu markieren, das nach seiner Auffassung der richtigen Antwort entspricht (vgl. Informationsbroschüre der TMS-Koordinationsstelle; https://www.tms-info.org, „Wichtiges am Testtag“). Somit gibt allein der Antwortbogen Aufschluss über den Kenntnisstand des Testteilnehmers. Er gibt nämlich wieder, welche Antwort der Teilnehmer auf welche Frage gegeben hat. Einen Personenbezug der Testfragen, die im Antwortbogen nicht enthalten sind, ist somit nicht gegeben. Der Antwortbogen zum Vormittagsteil wurde dem Kläger ausweislich der E-Mail der TMS-Koordinierungsstelle vom 15.06.2022 übersandt. Da der Kläger am Nachmittag am Test nicht mehr teilgenommen hatte, liegt auch kein Antwortbogen zum Nachmittagsteil vor. Die Fragen vom Nachmittagsteil sind, wie dargelegt, keine personenbezogenen Daten, die in Kopie herauszugeben sind, unabhängig davon, ob deren Herausgabe im vorliegenden Verfahren überhaupt beantragt wurde…“
Ferner sieht das Gericht auch eine Geheimhaltungsinteresse der beklagten Universität nach Art. 15 IV DSGVO und führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Darüber hinaus steht dem Anspruch auf Überlassung einer Kopie des ungeschwärzten Testheftes des Klägers nach Art. 15 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Art. 15 Abs. 1 DSGVO ein Geheimhaltungsinteresse nach Art. 15 Abs. 4 DSGVO entgegen. Nach jener Vorschrift darf das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen. Wie sich aus dem bereits zitierten Erwägungsgrund Nr. 63 zur Datenschutzgrundverordnung ergibt, zählen zum Kreis der anderen Personen im Sinne dieser Vorschrift auch der für die Datenverarbeitung Verantwortliche. Zu den Rechten und Freiheiten anderer Personen gehören etwa Geschäftsgeheimnisse oder Rechte des geistigen Eigentums und insbesondere das Urheberrecht an Software (vgl. Erwägungsgrund Nr. 63 zur DSGVO).
Der TMS wird im Auftrag der Hochschulen, die die TMS-Ergebnisse in den Zulassungsverfahren zu ihren medizinischen Studiengängen berücksichtigen, von der zentralen Koordinierungsstelle TMS der Beklagten, die an der Medizinischen Fakultät der Beklagten angesiedelt ist, organisiert und durchgeführt. Die Koordinierungsstelle beauftragt … mit der Testentwicklung und -auswertung. Der Erwägungsgrund 63 zur Datenschutzgrundverordnung stellt, wie bereits dargelegt, klar, dass Auskunftsrecht die Rechte und Freiheiten anderer Personen, etwa Geschäftsgeheimnisse oder Rechte des geistigen Eigentums und insbesondere das Urheberrecht an Software, nicht beeinträchtigen darf. „Andere Personen“ sind dabei alle Personen außer den Betroffenen, d. h. auch der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter (vgl. BeckOK DatenschutzR/Schmidt-Wudy, 45. Ed., 01.08.2023, DS-GVO Art. 15, Rn. 96).
Die Testfragen stellen in rechtlicher Hinsicht Geschäftsgeheimnisse im Sinne von § 2 Nr. 1 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) dar. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf …, die ebenfalls – so die Beklagte – Inhaberin der Rechte an den Aufgaben in der TMS-Sammlung sind. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist (a) und die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist (b) und bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht (c).
Aus der von der Beklagtenseite eingeholten Stellungnahme … zur Einsichtnahme in die Testunterlagen durch Teilnehmende an Studieneignungstests vom 31.08.2022 lässt sich entnehmen, dass der Erstellung der Testunterlagen ein wissenschaftlich fundiertes und aufwendiges Verfahren unter Beteiligung einer Vielzahl von Personen zugrunde liegt, mit dem auch ein erheblicher wirtschaftlicher Aufwand notwendig einhergeht. In dieser wird u.a. ausgeführt:
„Alle Testaufgaben werden von Experten der Eignungsdiagnostik (akademischer Abschluss in Psychologie, Erfahrung in der Entwicklung psychometrischer Tests) in einem mehrstufigen Entwicklungs- und Revisionsprozess entwickelt. Bei schwierigen fachbezogenen Aufgaben (z. B. für medizinische, naturwissenschaftliche oder technische Sachverhalte) werden auch externe Fachgutachter/innen im Fall des Tests für medizinische Studiengänge aus der Medizin bzw. aus den Naturwissenschaften, häufig Lehrstuhlinhaber an Universitäten, hinzugezogen. Alle neu entwickelten Aufgabenentwürfe werden zunächst von mehreren Experten auf inhaltliche Korrektheit, sachliche Eindeutigkeit und sprachliche Präzision überprüft und anschließend revidiert. Die revidierten Aufgaben werden sodann unter Ernstbedingungen erprobt. Als gewertete Aufgaben werden nur diejenigen im Test aufgenommen, welche die oben beschriebenen psychometrischen Gütekriterien erfüllen. Diese Vorgehensweise gewährleistet, dass nur solche Aufgaben in die Wertung beim Test eingehen, die (a) das jeweils mit der gesamten Aufgabengruppe angezielte Fähigkeitskonstrukt zuverlässig erfassen und (b) dies mit einer eindeutigen Aufgabenstellung und einer ebenso eindeutig richtigen Lösung unter den angebotenen Lösungsoptionen leisten. Die beschriebene Funktionsweise der Studieneignungstests erklärt, weshalb es keine Notwendigkeit einer Einsichtnahme in die materiellen Inhalte der Tests gibt. Der empirische Nachweis der Tauglichkeit einer jeden Aufgabe im Sinne der Verwendung des Tests und der Gewährleistung der international üblichen bzw. geforderten Gütekriterien ist hinreichend. Die Erstellung der Aufgaben unter den o. g. Bedingungen und Anforderungen ist extrem aufwendig und entsprechend kostenintensiv. Zu jedem Testtermin eine vollständig neue Testversion mit durchweg vorerprobten Aufgaben einzusetzen, ist nicht finanzierbar. Das bedeutet, dass die den Gütekriterien entsprechenden Testaufgaben mehrfach, wie auch in anderen internationalen Testprojekten sehr üblich, verwendet werden müssen. Das wiederum erfordert die strikte Geheimhaltung sämtlicher Aufgaben vor und nach dem Einsatz im Test. Die Wiederverwendbarkeit der Aufgaben setzt einen rigorosen Testschutz voraus. Es muss garantiert sein, dass bei einem zukünftigen Einsatz keinem Teilnehmenden auch nur eine einzige Aufgabe vorab bekannt geworden ist. Sämtliche Aufgaben sind nur einem äußerst engen und zur Geheimhaltung verpflichteten Personenkreis zugänglich. Entsprechend werden strengste Maßnahmen zur Geheimhaltung der Aufgaben vor, während und nach der Testdurchführung getroffen. Das wesentliche öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Testaufgaben aufgrund der hohen Entwicklungskosten und des dadurch notwendigen rigorosen Testschutzes verbietet die Einsichtnahme in die konkreten Inhalte.“
Angesichts dessen stellen die Testfragen in rechtlicher Hinsicht Geschäftsgeheimnisse i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG dar…“