OLG Stuttgart: Berichtigungsanspruch nach Art. 16 DSGVO gegen Social Media Anbieter bei unrichtig erfassten Daten nach unberechtigter Beitragslöschung
Berichtigungsanspruch nach Art. 16 DSGVO gegen Social Media Anbieter bei unrichtig erfassten Daten nach unberechtigter Beitragslöschung – So das OLG Stuttgart in Bezug auf einen der in einem Gerichtsverfahren rund um die Löschung eines Beitrages geltend gemachten Ansprüche (Urteil vom 24. November 2021, Az.: 4 U 484/20). Das Gericht hatte auch zu klären, ob die Löschung eines Beitrags zulässig war oder nicht. Die Unzulässigkeit wurde verneint. Daher sah das Gericht auch den Berichtigungsanspruch als gegeben an, da im Zusammenhang mit der Löschung auch gesonderte, neben dem Accountvertrag eh vorhandene personenbezogene Daten, zum Kläger erhoben worden waren.
Berichtigungsanspruch nach Art. 16 DSGVO gegen Social Media Anbieter bei unrichtig erfassten Daten nach unberechtigter Beitragslöschung – Ansicht des Gerichts
Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:
„…Der Datenberichtigungsantrag (Klägerantrag Ziffer 1) ist begründet. Ein Anspruch auf Datenberichtigung kann nur bestehen, wenn der Beitrag wiederherzustellen ist, das ist der Fall (s.o. 4.).
a. Nach Art. 16 Satz 1 DSGVO hat die betroffene Person das subjektive Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen.
aa. Das Berichtigungsrecht besteht danach allein im Hinblick auf personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Danach sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im weiteren Text des DSGVO „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann.
bb. Von unrichtigen Daten ist auszugehen, wenn diese falsch, unwahr, unzutreffend oder verfälschend wiedergegeben sind. Nach einer Definition des Bundesverwaltungsgerichts sind Daten unrichtig, wenn die in ihnen enthaltene Information nicht mit der Realität übereinstimmt (BVerwGE 120, 188 Rn. 11). Nach der notwendigen funktionalen – und damit nach üblicher Rechtsprechung des EuGH zu Tatbeständen der DSRL tendenziell wohl eher weiten – Auslegung des Art. 16 S. 1 DSGVO sind auch irreführende, unklare oder missverständliche Daten vom Begriff der Unrichtigkeit erfasst, soweit sie nach der Zweckbestimmung ihrer Verarbeitung die betroffene Person „in ein falsches Licht“ rücken und somit ihre Rechtsstellung beeinträchtigen können (Kamann/Braun in Ehmann/Selmayer, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 16 Rn. 14).
cc. Neben der Unrichtigkeit der Daten ist ein besonderes Berichtigungsinteresse nicht erforderlich. Auch ist das Berichtigungsrecht nicht vom Vorliegen eines Schadens abhängig (EuGH, Urteil vom 13.05.2014, C-131/12, BeckRS 2014, 80862 Rn. 96 – Google Spain und Google).
b. Die Beklagte hat vorgetragen (Blatt 138 eA), dass sie in ihrem System folgende Informationen hinterlegt hat:
– wonach der Kläger mit seinem Beitrag gegen ihre Nutzungsbedingungen verstoßen hat
– dieser Beitrag entfernt wurde,
– die Zahl der klägerseits begangenen Verstöße
Damit ist prozessual gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig, dass entsprechende personenbezogene Daten erfasst wurden. Da nach den Ausführungen unter 4. nicht von einem Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen ausgegangen werden kann, liegen insoweit unrichtige Daten vor, weshalb der Kläger insoweit auch eine Berichtigung dieser ihn betreffenden Daten verlangen kann….“