Datenschutzrecht

OLG Stuttgart: kein Anspruch nach Art. 82 DSGVO wegen Sperrung des Zugangs zu Sozialem Netzwerk

kein Anspruch nach Art. 82 DSGVO wegen Sperrung des Zugangs zu Sozialem Netzwerk– So das OLG Stuttgart in Bezug auf einen der in einem Gerichtsverfahren rund um die Löschung eines Beitrages geltend gemachten Ansprüche (Urteil vom 24. November 2021, Az.: 4 U 484/20). Das Gericht sieht bei einem solchen Vorgehen bereits keine unzulässige Datenverarbeitung.

kein Anspruch nach Art. 82 DSGVO wegen Sperrung des Zugangs zu Sozialem Netzwerk – Ansicht des Gerichts

Hinsichtlich der fehlenden tatsächlichen Begründung für einen Anspruch nach Art. 82 DSGVO schließt sich das OLG bereits bestehender Rechtsprechung des OLG Dresden an und führt dazu in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die bloße Sperrung der Daten stellt ebenso wie der Datenverlust zudem noch keinen Schaden im Sinne der DSGVO dar. Das OLG Dresden BeckRS 2019, 12941 Rn. 13 führt insoweit zutreffend aus:

Dass dem Kläger durch die Sperrung ein materieller oder immaterieller Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO entstanden wäre, kann der Senat überdies nicht erkennen. Die bloße Sperrung seiner Daten stellt ebenso wie der Datenverlust noch keinen Schaden im Sinne der DSGVO dar (Wybitu/Haß/Albrecht, NJW 2018 S. 113 (114). Die behauptete Hemmung in der Persönlichkeitsentfaltung durch die dreitägige Sperrung hat allenfalls Bagatellcharakter (s.o.). Auch wenn in der Literatur unter Bezug auf Erwägungsgrund 146 der DSGVO vereinzelt die Auffassung vertreten wird, eine wirksame Durchsetzung europäischen Datenschutzrechts erfordere einen Abschreckungseffekt und den Verzicht auf die nach bisherigem Recht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29.11.2016 – VI Z 530/15) geltende Erheblichkeitsschwelle (Gola, DSGVO, 2. Aufl. Art. 82 Rn 13 m.w.N.; so auch AG Dietz, Urteil vom 7.11.2018 – 8 C 130/18 – juris), rechtfertigt dies keinen Ausgleich immaterieller Bagatellschäden. Das Datenschutzrecht schützt zwar per se ein subjektives Recht, das einen starken Bezug zum persönlichen Empfinden des Einzelnen hat. Dennoch ist Art. 82 nicht so auszulegen, dass er einen Schadensersatzanspruch bereits bei jeder individuell empfundenen Unannehmlichkeit oder bei Bagatellverstößen ohne ernsthafte Beeinträchtigung für das Selbstbild oder Ansehen einer Person begründet (Becker in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 82 DSGVO, Rn. 4c). Insbesondere kann der Hinweis auf einen „vollständigen und wirksamen Schadensersatz“ in Erwägungsgrund 146 der DSGVO nicht in diesem Sinne verstanden werden (so auch Lach, jurisPR-ITS 5/2019 Anm. 3). Die Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 GG und des Schutzes personenbezogener Daten nach Art. 8 GRC gebieten einen solchen Ausgleich regelmäßig nicht. Anders mag dies in den Fällen sein, in denen der datenschutzrechtliche Verstoß eine Vielzahl von Personen in gleicher Weise betrifft und Ausdruck einer bewussten, rechtswidrigen und im großen Stil betriebenen Kommerzialisierung ist (Becker in: Plath, DSGVO/BDSG, 3. Aufl. 2018, Artikel 82 DSGVO, Rn. 4d). So liegen die Dinge hier indes nicht. Zwar gehört die Kommerzialisierung von Nutzerdaten zum Geschäftsmodell der Beklagten; die Sperrung des klägerischen Accounts befördert jedoch diese Kommerzialisierung nicht, sondern behindert sie vielmehr, weil der Kläger in dieser Zeit keine Daten „produziert“, die die Beklagte verwerten könnte. Gegen eine Ausdehnung des immateriellen Schadensersatzes auf Bagatellschäden spricht auch das erhebliche Missbrauchsrisiko, das mit der Schaffung eines auf Rechtsfolgenseite nahezu voraussetzungslosen Schmerzensgeldanspruchs gerade im Bereich des Datenschutzrechts einherginge. Angesichts dessen sowie der damit einhergehenden vollständigen Abkehr von der bisher geltenden Rechtslage wäre zu erwarten gewesen, dass eine solche Änderung im Verordnungstext oder in den Erwägungsgründen einen deutlichen Ausdruck gefunden hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Der Senat macht sich diese Erwägungen zu Eigen…“

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