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OLG Düsseldorf: Prokurist und Mitgesellschafter eines Unternehmens kann unter Umständen wegen Verletzung von Patentrechten in Anspruch genommen werden

So das Gericht in seinem Urteil vom 9. Oktober 2025 (Az.: 2 U 63/24) in einem Patentverletzungsverfahren. Die betroffene Person war mit 49,9 Prozent als Gesellschafterin und Prokuristin an dem Unternehmen beteiligt, dem die Schutzrechtsverletzung vorgeworfen worden war. Das Gericht bejahte die rechtliche Verantwortlichkeit in dem zu entscheidenden Fall wegen der zentralen Position der Beklagten im Unternehmen. Es führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Bei der Gesamtbetrachtung der dargelegten Umstände hat der Senat keine berechtigten Zweifel, dass die Beklagte zu 2) in leitender Funktion das Angebot der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte zu 1) (mit)verantwortet hat. Nicht nur kam ihr aufgrund ihrer Stellung als ehemalige Geschäftsführerin, Prokuristin und Gesellschafterin ohnehin eine herausragende Stellung zu, die mit der einer „regulären“ – mit Buchhaltungs- und Verwaltungsaufgaben betrauten – Arbeitnehmerin nicht zu vergleichen ist. Insbesondere war gerade sie es, die vorgerichtlich den Vorwurf der Patentverletzung durch das Angebot auf XXX.de, wo sie als Unternehmensvertreterin genannt war, zurückwies, ohne sich in erkennbarer Form von einer Zuständigkeit zu distanzieren. Mit der von der Beklagten zu 2) behaupteten „einfachen Bürotätigkeit“ hat diese Reaktion auf eine durch eine internationale Rechtsanwaltskanzlei erhobene Abmahnung, die eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorwurf der Patentverletzung beinhaltete, nichts zu tun.

Hieran ändert auch der Inhalt des als Anlage B 11 vorgelegten Arbeitsvertrags nichts, da es allein darauf ankommt, wie das Anstellungsverhältnis tatsächlich gelebt wurde. Die erstinstanzlich mit nachgelassenem Schriftsatz vom 04.06.2024 vorgelegte undatierte Erklärung des Buchhaltungsbüros X 5 (Anlage B 12) und die Bestätigung des Geschäftsführers der Beklagten zu 1) vom 04.06.2024 (Anlage B 13) können – unabhängig davon, dass sie entgegen § 420 ZPO nicht im Original vorgelegt wurden und es daher an einem tauglichen Beweisantritt fehlt – als Privaturkunden nicht die Richtigkeit ihres Inhalts belegen, sondern allenfalls die Abgabe entsprechender Erklärungen. Ihr daher allenfalls als Indiz zu berücksichtigender Inhalt vermag angesichts der dargelegten tatsächlichen Umstände die Überzeugung des Senats, wie sich die Tätigkeit der Beklagten zu 2) in tatsächliche Hinsicht ausgestaltete, nicht zu erschüttern.

Soweit die Beklagte zu 2) einwendet, dass sie keine Verantwortung für die betriebliche Organisation gehabt habe, so verfängt dies ebenfalls nicht. Denn es geht vorliegend nicht darum, dass die Beklagte zu 2) – wie ein Geschäftsführer – auf Unterlassung haftet, weil ihr eine Garantenstellung zukam, die sie dazu verpflichtet hätte, den Betrieb so einzurichten, dass eine Verletzung technischer Schutzrechte Dritte verhindert wird (vgl. hierzu BGH, GRUR 2016, 257 Rn. 107 ff. – Glasfasern II). Vielmehr war die Beklagte zu 2) an der patentverletzenden Angebotshandlung im Sinne von § 10 PatG im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit der Beklagten zu 1) durch positives Tun beteiligt.

Auch an der für die Annahme einer Mittäterschaft zu verlangenden vorsätzlichen gemeinschaftlichen Tatbegehung im Sinne eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens (vgl. Senat, Urt. v. 11.06.2015 – I-2 U 64/14, GRUR-RS 2015, 18679 Rn. 61; zum Recht des unlauteren Wettbewerbs: BGH, GRUR 2012, 1279, 1283 m.w.N. – DAS GROSSE RÄTSELHEFT), die die Beklagte zu 2) in Abrede stellt, können angesichts der Stellung der Beklagten zu 2) bei der Beklagten zu 1) keine Zweifel bestehen. Das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform im Namen der Beklagten zu 1) auf XXX.de erfolgte einverständlich und in beiderseitiger Kenntnis. Als Mitgesellschafterin der Beklagten zu 1) hatte die Beklagte zu 2) zudem ein erhebliches eigenes (Mit‑) Interesse am Taterfolg, was dafür spricht, dass sie nicht nur als Teilnehmer (§ 830 Abs. 2 BGB) zu behandeln ist.

Die Beklagte zu 2) handelte weiterhin zumindest fahrlässig, so dass das für den Schadensersatzanspruch notwendige Verschulden zu bejahen ist. Denn der Verletzungssachverhalt indiziert das Verschulden, sofern der Verletzer keine außergewöhnlichen Umstände darlegen kann, die ihn ausnahmsweise von der Verschuldenshaftung befreien (vgl. Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 16. Aufl. 2024, Abschn. D Rn. 767). Solche Umstände sind vorliegend indes weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere handelte es sich bei der Beklagten zu 2) gerade nicht nur um eine bloße Hilfsperson…“

Hinweis des Autors:

Dem Autor ist zum Zeitpunkt der Erstellung des Beitrages nicht bekannt, ob gegen die Entscheidung Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH erhoben wurde.

Rolf Albrecht

Rechtsanwalt I Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz I Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) I Lehrkraft für besondere Aufgaben für das Gebiet Wirtschaftsrecht an der Hochschule Ruhr West