Mensch, der am Computer sitzt

OLG Frankfurt a.M.: auslösender Faktor für die Beitragsanpassung bei einer privaten Krankenversicherung, Zeitpunkt und Höhe von Alt- und Neubeiträgen, Tarifwechseln oder Tarifbeendigungen eines Versicherungsnehmers sind personenbezogenen Daten im Sinne der DSGVO

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So die Ansicht des Gerichts in dem Urteil vom 10. Dezember 2024 (Az.: 18 U 63/23) in einem Rechtsstreit rund um die Berechtigung der Prämienhöhe einer privaten Krankenversicherung. Der Kläger hatte diese dabei unter anderem auf Auskunft in Anspruch genommen. Das Gericht führt unter anderem in den Entscheidungsgründen aus:

„…Danach handelt es sich bei dem Zeitpunkt sowie der Höhe des Alt- und Neubeitrags für jede stattgefundene Beitragsanpassung gemäß § 203 Abs. 2 VVG um personenbezogene Daten. Zwar betrifft die Angabe, welcher Beitrag von einem Versicherungsnehmer in einem bestimmten Tarif zu zahlen ist, gleichermaßen alle in dem fraglichen Tarif versicherten Versicherungsnehmer einer Beobachtungseinheit, und auch die Beitragsanpassung erfolgt nicht auf der Grundlage von Umständen des individuellen Vertrags eines konkreten Versicherungsnehmers und erst recht nicht auf der Grundlage von dessen individuellem Verhalten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.07.2024 – 20 U 27/23 -, Rn. 33 f., juris), sondern sie stellt das Ergebnis einer unter Berücksichtigung festgelegter Parameter angestellten Preisberechnung des Versicherers für einen bestimmten Tarif dar. Von daher ist der Zeitpunkt und die Höhe eines Alt- und Neubeitrags bezogen auf eine Tariferhöhung zunächst nicht unmittelbar mit der Person des Versicherungsnehmers verknüpft, und diese Informationen lassen auch per se keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Person zu (OLG Köln, aaO., Rn. 33). Dies steht einem Personenbezug im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO jedoch nicht entgegen. Denn auch bei zunächst „neutralen“ Daten, die für sich genommen noch keinen Personenbezug aufweisen, kann ein solcher Bezug dadurch hergestellt werden, dass sie mit einer bestimmten Person in Verbindung gebracht werden (so im Fall des BGH, Urteil vom 22.02.2022 – VI ZR 14/21 – betreffend die Information über „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Auch wenn eine Prämie oder eine Prämienerhöhung in einem bestimmten Tarif und zu einem bestimmten Zeitpunkt per se mit dem Kläger nichts zu tun hat, so sind die entsprechenden Informationen deshalb mit dem Kläger verknüpft und haben sie Auswirkungen auf ihn, weil der Kläger in entsprechenden Tarifen versichert und damit konkret von den Erhöhungen betroffen ist und die Neuprämien zahlen muss. Anderes folgt (abweichend von der Argumentation des OLG Köln, a.a.O.) auch nicht daraus, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.05.2024 – IV ZR 102/23 -) ein Anspruch auf Auskunft zu der jeweiligen Höhe der auslösenden Faktoren für die Neufestsetzung nicht auf Art. 15 Abs. 1 DSGVO stützen lässt, weil sich der auslösende Faktor nicht auf eine Person bezieht. Der Unterschied besteht darin, dass es sich bei dem auslösenden Faktor um die – von einem Bezug zu einem bestimmten Versicherungsnehmer unabhängige – Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten in einem Tarif in einer festgelegten Mindesthöhe handelt und nur die Erhöhung eines Beitrags als solche konkrete Auswirkungen auf den einzelnen Versicherungsnehmer hat. Hinzu kommt, dass der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass das Prämienkonto des Versicherungsnehmers als Gegenstand eines Auskunftsantrags in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 15.06.2021 – VI ZR 576/19 – bei einer Lebensversicherung), und auch Buchungsdaten für jeden Zahlungseingang und -ausgang können nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs personenbezogene Daten enthalten (Urteil vom 16.04.2024 – VI ZR 223/21 – betreffend einen fondsgebundenen Rentenvertrag).

Von daher erachtet der Senat Zeitpunkt sowie Höhe des Alt- und Neubeitrags für jede stattgefundene Beitragsanpassung als personenbezogene Daten im Sinne des Art. 15 Abs. 1 DSGVO i.V.m. Art. 4 Nr. 1 DSGVO (so auch: OLG Frankfurt, Urteil vom 28.02.2024 – 3 U 266/21 – n.v.; OLG Brandenburg, Urteil vom 03.05.2024 – 11 U 19/24 -, Rn. 37, juris; a.A. OLG Köln a.a.O.; OLG München, Beschluss vom 24.11.2021 – 14 U 6205/21 – Rn. 51, juris [betr. Prämien])…“