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OLG Hamburg: Nur eine unzweideutige, ernsthafte und endgültige Aufgabe von Ansprüchen lässt Rechtsschutzinteresse für negative Feststellungsklage entfallen

Diesen in der Rechtsprechung länger bestehenden Grundsatz hat das Gericht in einem Rechtsstreit rund um die Bewerbung von Süßigkeiten mit einer eingetragenen Marke in seinem Urteil vom 30. April 2025 (Az.: 5 U 33/24) erneut bestätigt. Mittels einer negativen Feststellungsklage war gegen eine Schutzrechtsverwarnung vorgegangen worden.

Es führt in den Entscheidungsgründen aus:

„…aa) Derjenige, der wegen einer Verletzung immaterieller Schutzrechte abgemahnt wird, kann grundsätzlich gerichtlich feststellen lassen, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist und dass die darin erhobenen Ansprüche nicht bestehen. Das erforderliche rechtliche Interesse an diesem prozessualen Vorgehen ist dem Abgemahnten schon dann zuzubilligen, wenn die Rechtsberühmung des Abmahnenden die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Abgemahnten berührt und an der Ernsthaftigkeit des Verlangens des Abmahnenden keine Zweifel bestehen können (OLG München GRUR-RR 2006, 363, 365 – BMW-Bildmarke). Das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage, mit der sich der mit einem umfassenden Verbot Abgemahnte zur Wehr setzt, bleibt teilweise erhalten, wenn der Abmahnende gegen den Abgemahnten eine Unterlassungsklage mit einem gegenüber dem umfassenden Verbotsverlangen eingeschränkten Antrag erhebt (vgl. OLG München GRUR-RR 2006, 363, 365 – BMW-Bildmarke).

(bb) Die Beklagte hat sich hier mit außergerichtlichem Schreiben Anlage K 4 und der dort vorformulierten Unterlassungserklärung (Anlage K 5) eines generellen, von konkreten Verletzungshandlungen abstrahierten Unterlassungsanspruchs bezüglich der Kennzeichnung von Süßwaren und/oder Pralinen „mit“ „Kohle“ berühmt. Aus Sicht eines verständigen Empfängers ist das Schreiben Anlage K 4 i.V.m. Anlage K 5 nicht dahin zu verstehen, dass sich die Beklagte nur solcher Unterlassungsansprüche berühmt, die sich gegen konkrete Verletzungsformen richten. Zwar ist unstreitig, dass die Klägerin im Internet die beiden hier in Rede stehenden Produkte anbot, was die Beklagte zur Abmahnung veranlasste. Jedoch beanspruchte die Beklagte darüber hinausgehend ein abstraktes Verbot der Kennzeichnung von Süßwaren und/oder Pralinen „mit“ „Kohle“. Konkrete Verletzungsformen sind dem Schreiben nicht beigefügt, so dass der Kern der Beanstandung nicht weiter konkretisiert worden ist. Die Formulierung der Beklagten im Hinblick auf das Unterlassungsbegehren ist allgemein gehalten und beschränkt sich nicht einmal auf markenmäßige Verwendungen.

An der Ernsthaftigkeit des Verlangens der Beklagten bestehen im Übrigen keine Zweifel.

(cc) Ein verbliebenes Feststellungsinteresse ist schließlich auch nicht im laufenden gerichtlichen Verfahren weggefallen. Grundsätzlich kann das Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage auch durch Erklärungen des Beklagten während des gerichtlichen Verfahrens wegfallen. Voraussetzung für einen derartigen nachträglichen Wegfall des Feststellungsinteresses ist indes eine unzweideutige, ernsthafte und endgültige Aufgabe der Berühmung (OLG München GRUR-RR 2006, 363, 365f. – BMW-Bildmarke). Derartiges ist hier jedoch nicht der Fall. Die Beklagte meint zwar, aus dem Schreiben Anlage K 4 ergebe sich keine Rechtsberühmung hinsichtlich der Verwendung des Begriffs „Kohle“ in Alleinstellung. Damit macht die Beklagte Rechtsausführungen zur Auslegung des Schreibens Anlage K 4. Eine unzweideutige, ernsthafte und endgültige Aufgabe von Ansprüchen außerhalb der mit der Widerklage angegriffenen Verletzungsformen ist damit nicht erklärt. Es fehlt jedenfalls an einer eindeutigen und erschöpfenden Erklärung der Beklagten, für welche außerhalb des Gegenstands der Widerklage liegenden Fallkonstellationen sie die Berühmung eines Unterlassungsanspruchs aufgibt…“

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