E-Commerce-Recht,  Wettbewerbsrecht

Oberlandesgericht Frankfurt am Main: kein Verstoß von eBay gegen Buchpreisbindung durch Rabattaktion im Advent

So das Gericht in seinem Urteil vom 14. März 2023 (Az. 11 U 20/22). Das Gericht sah, keine Verantwortlichkeit von eBay, da diese nicht selbst Verkäufer der rabattierten Bücher war und daher auch keine Verantwortlichkeit aus Sicht des einschlägigen Gesetzes, des Buchpreisbindungsgesetzes, tragen könne.

In den Entscheidungsgründen führt das Gericht unter anderem aus:

„…2. Eine Haftung der Beklagten als mittelbare Täterin im Sinne von § 25 Abs. 1 StGB scheidet ebenfalls aus, da sie nicht durch einen anderen, hier die Buchhändler, gegen die Vorgaben des BuchPrG verstoßen hat.

a. Vorliegend kommt die Beklagte als mittelbare Täterin bereits deshalb nicht in Betracht, da es ihr an der erforderlichen besonderen Subjektsqualität fehlt. Mittelbare Täterschaft setzt voraus, dass der mittelbare Täter etwaige Voraussetzungen an den Normadressaten selbst erfüllt. Sie ist damit weder bei eigenhändigen Delikten möglich noch dort, wo dem Hintermann die im gesetzlichen Tatbestand geforderte besondere Subjektsqualität fehlt (Kudlich in: BeckOK StGB, 1.11.2022, § 25 Rn. 31). Die vollständige Tatbestandsmäßigkeit muss in der Person des mittelbaren Täters erfüllt sein. Soweit das BuchPrG Handlungen vorgibt bzw. verbietet, richtet sich dies ganz konkret an die Buchhändler, Sortimenter, Verleger oder Buchimporteure. Die Täterschaft ist damit an die Funktion dieser Personen gebunden. Der Hinweis des Klägers, dass die Normen des BuchPrG vorwiegend dem Schutz des mittelständischen Buchhandels dienten, führt nicht dazu, dass dieser selbst Adressat der Normvorgaben wird bzw. sein kann.

Damit kommt es nicht darauf an, dass der Kläger zu Recht darauf verweist, dass der mittelbare Täter nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst verwirklichen muss, sondern sich eines Werkzeugs bedient. Voraussetzung für eine mittelbare Täterschaft bleibt aber, dass die vollständige Tatbestandsmäßigkeit in der Person des mittelbaren Täters vorliegt.

b. Darüber hinaus scheidet eine mittelbare Täterschaft auch deshalb aus, da die Buchhändler selbst, die während des Aktionszeitraums preisgebundene Bücher verkauften und bei deren Käufen die Letztabnehmer den Gutscheincode eingelösten, nicht von der Beklagten als Tatmittler eingesetzt wurden. Sie haben auch im Fall eines Verkaufs, bei dem der Kunde einen Gutschein eingelöst hat, nicht gegen die Vorgaben des § 3 BuchPrG verstoßen:

Zutreffend hat das Landgericht im Einzelnen dargestellt, dass die Buchhändler auch im Falle der Aktivierung eines Aktionsrabattes durch die Letztabnehmer den vollen gebundenen Ladenpreis erhalten. Auf diese Ausführungen insbesondere auch im Hinblick auf die Fragen zur Zulässigkeit der Einlösung von Gutscheinen und der Zahlung des Buchpreises durch Dritte wird aus Gründen der Vereinfachung Bezug genommen.

Ohne Erfolg verweist der Kläger in der Berufung vertieft darauf, dass die Buchhändler im Ergebnis nicht den gebundenen Ladenpreis erhielten, da die von ihnen an die Beklagte gezahlte Provision von der Beklagten für die Zahlungspflicht der Kunden verwandt und damit im Ergebnis an die Kunden weitergeleitet werde. Die vom Kläger in Bezug genommenen Ausführungen des BGH in der Entscheidung „Förderverein“ (Urteil vom 21.7.2016 – I ZR 127/15), wonach Provisionen, die der Verkäufer Dritten für die Vermittlung von Verkäufen an Letztabnehmer zahlt, nicht an diese weitergegeben werden dürfen, passen auf die vorliegende Konstellation nicht. Hier kommt es nicht zur Weitergabe der von den Buchhändlern an die Beklagte gezahlten Provision an die Letztabnehmer:

Unstreitig zahlen alle Verkäufer eine Provision an die Beklagte. Diese beträgt bei Büchern 9% zzgl. 0,35 € pro Verkaufsgeschäft. Zu Unrecht ist der Kläger der Ansicht, die Beklagte würde durch die Gutscheinaktion, wonach das Buch 10% günstiger vom Letztabnehmer erworben werden kann, im wirtschaftlichen Ergebnis diese Provisionen an die Kunden weiterleiten, so dass es zur Unterschreitung des gebundenen Preises komme. Die Provision der Verkäufer findet ihre Grundlage in den AGB der Beklagten. Sie fällt grundsätzlich – und damit insbesondere auch unabhängig von etwaigen Werbeaktionen der Beklagten – an und dient dem Ausgleich der allgemeinen Vermittlungsleistungen der Beklagten. Die – einmalige – Rabattaktion ist dagegen eine Marketingaktion der Beklagten, mit der sie ihren Marktplatz bewerben wollte. Die Beklagte hat ausführlich dargelegt, dass sie die Gutscheine auf eigene Kosten finanziert habe. Ein preisbindungsrechtlicher Zusammenhang zwischen diesem Rabatt und der Provision lässt sich damit weder formal noch bei wirtschaftlicher Betrachtung herstellen. Dagegen spricht auch, dass die Verkäufer unstreitig in diese Rabattaktion nicht eingebunden worden waren.

Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass der Gesetzgeber die provisionspflichtige Einschaltung Dritter im Vertrieb preisbindungsrechtlich für unproblematisch hält (vgl. BT-Drs 14/9196 S. 13). Auch der Einsatz von Kundenbindungssystemen sollte nicht grundsätzlich verhindert werden (BT-Drs a.a.O.).

Die Entscheidungen des BGH zur Buchpreisbindung (Urteil vom 23.7-2015 – I ZR 83/14 – Gutscheinaktion beim Buchankauf und Urteil vom Urteil vom 21.7.2016 a.a.O. – Förderverein) führen vorliegend nicht zu anderen Ergebnissen; sie betrafen Konstellationen, bei denen auf Beklagtenseite immer ein Buchhändler stand und sind bereits deshalb nicht unmittelbar vergleichbar: Bei der Entscheidung „Gutscheinaktion“ hatte der Buchhändler selbst seinen Kunden einen Zusatzrabatt zum Ankaufspreis in Form eines Gutscheins gegeben, der beim weiteren Bucheinkauf verwendet werden durfte. Der Buchhändler hatte damit faktisch für die Abgabe preisgebundene Bücher nicht die volle Gegenleistung erhalten, so dass ein Verstoß gegen die Preisbindung angenommen worden ist (vgl. auch Möller, GRUR-Prax 2018, 490, 491). Die vorliegende Konstellation des Adventsrabattes unterscheidet sich davon jedoch bereits dadurch, dass der Buchhändler – wie ausgeführt – den vollen gebundenen Ladenpreis (wenn auch über zwei Quellen) erhält. Bei der Entscheidung „Förderverein“ kam den Letzterwerbern selbst nicht die provisionsähnliche Werbekostenerstattung zugute, sondern einem Dritten, dem Förderverein. Dies hielt der BGH für zulässig, so dass auch aus dieser Entscheidung nicht im Sinne des Klägers auf eine Unzulässigkeit des hiesigen Vorgehens geschlossen werden kann.

Die Entscheidung des erkennenden Senats „Bonusmeilen“ (Urteil 20.7.2004 – 11 U 2/04) differenzierte zwischen dem zulässigen Einsatz von Vorteilen in Form von Flugmeilen, die bei Dritten erworben, und dem unzulässigen Einsatz von Meilen, die durch den Ankauf von Büchern beim Buchhändler selbst erlangt worden waren. Letztere wirkten sich wie eine Preisreduktion auf die preisgebundenen Bücher aus und wurden daher als unzulässig angesehen. Hier gewähren jedoch nicht die Buchhändler selbst den Gutschein, sondern die Beklagte als Vertriebsmittlerin. Damit fehlt es auch insoweit an der Vergleichbarkeit der zu beurteilenden Fallgestaltungen….“

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