Wettbewerbsrecht

LG Kleve:Werbung gegenüber Fachpublikum mit „klimaneutral“

Werbung gegenüber Fachpublikum mit „klimaneutral“ – So geschehen durch den Hersteller von Süßigkeiten in einer Fachzeitschrift für den Lebensmittelbereich. Dort wurde im Rahmen einer Werbeanzeige mit der Angabe „Seit 2021 produziert xx alle Produkte klimaneutral.“ geworben. Darin sah ein Wettbewerbsverein eine Irreführung nach § 5 und § 5a UWG. Dies auch vor dem Hintergrund, dass unstreitig der Ablauf der Produktion nicht CO2-neutral verläuft, das werbende Unternehmen aber Projekte im Bereich des Kilmaschutzes unterstützt. Das LG Kleve sah in seinem Urteil vom 22. Juni 2022 (Az.: 8 O 44/21) keinen Verstoß gegen das UWG.

Werbung gegenüber Fachpublikum mit „klimaneutral“ – Ansicht des Gerichts zur Irreführung

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Angesprochener Verkehrskreis der vom Kläger angesprochenen Werbung ist ein Fachpublikum, denn die Werbung ist in der Lebensmittelzeitung erschienen, die sich als „Fach- und Wirtschaftsmedium der Konsumgüterbranche“ an „Entscheider in Handel und Konsumgüterindustrie sowie branchenrelevante Dienstleister an allen relevanten Touchpoints“ wendet (www.lzmedien.net).

Soweit sich der Kläger darauf beruft, die Lebensmittelzeitung könne auch von Verbrauchern abonniert und gelesen werden, ist dies für den angesprochenen Verkehrskreis unerheblich, denn die Lebensmittelzeitung ist nicht auf Verbraucher ausgerichtet. Die Kammer vermag dies aus eigener Sachkunde zu beurteilen, da der ihr angehörende Handelsrichter Dr. xy selbst in der Lebensmittelbranche tätig ist und die Lebensmittelzeitung kennt….

Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über wesentliche Merkmale der Ware wie Verfahren der Herstellung. Die Werbeaussage: „Seit 2021 produziert xx alle Produkte klimaneutral.“ ist nicht unwahr, denn klimaneutral ist nicht gleichbedeutend mit emissionsfrei und kann auch über Kompensation erreicht werden. Eine Täuschung über die Herstellung ist damit nicht verbunden, denn dem von der Werbung angesprochenen Fachpublikum ist bekannt, dass Klimaneutralität durch Kompensationen erfolgen kann. Klimaneutralität ist – worauf beide Parteien übereinstimmend hinweisen – zwischenzeitlich für Verbraucher ein wesentlicher Faktor bei Kaufentscheidungen geworden, so dass auch das Fachpublikum im Lebensmittelbereich mit Klimaneutralität wie auch dem Erreichen durch Kompensationen im beruflichen Alltag ständig konfrontiert ist. Die Kammer hat insoweit eigene Sachkunde durch ihren Handelsrichter Dr. xy…“

Werbung gegenüber Fachpublikum mit „klimaneutral“ – Ansicht des Gerichts zur Irreführung durch Unterlassen

Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die Werbung ist auch nicht im Hinblick auf § 5a Abs. 1 UWG in der bis zum 27.05.2022 geltenden Fassung irreführend, denn danach ist bei der Beurteilung, ob das Verschweigen einer Tatsache irreführend ist, insbesondere deren Bedeutung für die geschäftliche Entscheidung nach der Verkehrsauffassung sowie die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der Entscheidung zu berücksichtigen.

Eine Informationspflicht des Unternehmers gegenüber sonstigen Marktteilnehmern besteht nur, wenn dieser nach Treu und Glauben oder Marktgepflogenheiten dies erwarten darf, wobei die beiderseitigen Interessen abzuwägen sind. Maßgeblich ist, in welchem Umfang der Markteilnehmer auf die Information angewiesen ist und dem Unternehmer eine Aufklärung zumutbar ist. Abzustellen ist dabei auf einen durchschnittlichen sonstigen Markteilnehmer, der angemessen gut informiert, aufmerksam und verständig ist (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Fedderssen: UWG, 40. Aufl. 2022, § 5a UWG, Rn. 2.10).

Für das von der Werbung angesprochene Fachpublikum, das grundsätzlich um die Möglichkeit der Kompensation zur Erreichung von Klimaneutralität weiß, war es ausreichend, in der Werbung einen Link zu yy anzugeben, unter dem sich die Informationen zur Kompensation finden, denn für einen sonstigen Markteilnehmer ist es – anders als für einen Verbraucher, der am Warenregal nach Blick auf die Produktverpackung die Kaufentscheidung trifft – üblich und zumutbar, sich über ein Produkt anhand von im Internet verfügbaren Informationen zu informieren….“

Eine andere Entscheidung zum Thema Werbung mit der Angabe „Klimaneutralität“ finden Sie hier:https://alro-recht.de/2022/07/06/olg-schleswigwerbung-mit-der-angabe-klimaneutralitaet/

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