Schlussanträge des Generalanwaltes am EuGH: Keine Anwendung der Rechtsgrundlagen des Art. 6 DSGVO, wenn E-Mail-Adresse unter Einhaltung der Vorgaben des Art. 13 II der EU-Richtlinie 2002/58 verwendet wird

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So unter anderem die Ausführungen in den Schlussanträgen vom 27. März 2026 in der Rechtssache C -654/23 im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens eines Gerichts aus Rumänien zu einer der durch dieses Gericht gestellten Vorlagefragen. Art. 13 II der EU-Richtlinie 2002/58 ist im deutschen Recht mit einer ähnlichen Formulierung in § 7 III UWG umgesetzt.

Der Generalanwalt führt in den Rn. 48 bis 52 aus:

„…48. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, welche der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis f DSGVO vorgesehenen Voraussetzungen anwendbar ist, wenn der für die Verarbeitung Verantwortliche die E‑Mail-Adresse eines Nutzers zum Zweck der Übersendung eines täglichen Newsletters wie des Newsletters „Personal Update“ im Einklang mit Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 verwendet.

49. Art. 95 DSGVO stellt klar, dass diese Verordnung natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Europäischen Union keine zusätzlichen Pflichten auferlegt, soweit sie besonderen, in der Richtlinie 2002/58 festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen. Das Verhältnis zwischen der Richtlinie 2002/58 und der DSGVO wird daher durch den Grundsatz lex specialis derogat legi generali geregelt: Immer dann, wenn es eine spezifische Bestimmung in der Richtlinie 2002/58 gibt, die Verpflichtungen enthält, mit denen dasselbe Ziel verfolgt wird wie mit den entsprechenden Bestimmungen der DSGVO, ist die Bestimmung der Richtlinie 2002/58 anzuwenden.

50. Meines Erachtens regelt Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58, was die automatische Direktwerbung im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung anbelangt, die Voraussetzungen und die Zwecke der Verarbeitung sowie die Rechte der betroffenen Person abschließend und erlegt dem Verantwortlichen insoweit „besondere Pflichten“ im Sinne von Art. 95 DSGVO auf. Insbesondere bin ich der Ansicht, dass Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 die Frage der Einwilligung abschließend behandelt. Dies kann konkret aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Bestimmung eine Ausnahme zu Art. 13 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellt, wonach eine vorherige Einwilligung erforderlich ist.

51. Daher kann die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 festgestellt werden. Ein Rückgriff auf die DSGVO, insbesondere auf deren Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis f, ist weder möglich noch erforderlich. 

52. Ich schlage daher vor, auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 in Verbindung mit Art. 95 DSGVO dahin auszulegen ist, dass Art. 6 DSGVO nicht anwendbar ist, wenn der Verantwortliche die E‑Mail-Adresse eines Nutzers zum Zweck der Übersendung eines täglichen Newsletters im Einklang mit Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 verwendet und die Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Grundlage dieser Bestimmung für rechtmäßig befunden worden ist…“