OLG Koblenz: 100 EUR Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen Kontrollverlust über Telefonnummer nach Scraping von personenbezogenen Daten aus Sozialem Netzwerk

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So das Gericht in seinem Urteil vom 11. Februar 2025 (Az.: 3 U 145/24) in einem Rechtsstreit, in dem unter anderem ein Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht worden war. Im konkreten Einzelfall konnte der Kläger nur darlegen und beweisen, dass ein Kontrollverlust bezogen auf die Telefonnummer stattgefunden hat. Weitere, darüberhinausgehende, Aspekte eines Kontrollverlustes konnte nicht bewiesen werden. Das Gericht bezieht in seine Entscheidung die Grundsatzentscheidung des BGH ein und führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Bei der Bemessung der Höhe des immateriellen Schadensersatzes ist allein von der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzanspruches auszugehen. Die Schwere des Verstoßes, durch den der Schaden entstanden ist und der Umstand, ob der Verantwortliche mehrere Verstöße gegenüber derselben Person begangen hat, sind für die Bemessung des Betrages ebenso unerheblich, wie die Frage, ob der Verantwortliche vorsätzlich gehandelt hat (BGH, a.a.O., Rn. 96).

Ist, wie hier, allein ein Schaden in Form eines Kontrollverlustes an personenbezogenen Daten gegeben, hat das Gericht bei der Schätzung gemäß § 287 ZPO insbesondere die Sensibilität der konkret betroffenen Daten und deren typischerweise zweckgemäße Verwendung zu berücksichtigen. Weiter hat es die Art des Kontrollverlustes (begrenzter / unbegrenzter Empfängerkreis), die Dauer des Kontrollverlustes und die Möglichkeit der Wiedererlangung der Kontrolle, etwa durch Entfernung einer Veröffentlichung aus dem Internet oder Änderung des personenbezogenen Datums in den Blick zu nehmen. Als Anhaltspunkt für einen noch effektiven Ausgleich kann in den Fällen, in denen die Wiedererlangung der Kontrolle mit verhältnismäßigem Aufwand möglich ist, der hypothetische Aufwand für diese Wiedererlangung dienen (BGH, a.a.O., Rn. 99).

Ist im vorliegenden Fall der Kontrollverlust über die betroffene Rufnummer nach der Art der Veröffentlichung zwar als dauerhaft und der potentielle Empfängerkreis als groß anzusehen, so kann ihm doch mit dem Wechsel der Rufnummer begegnet werden. Dass dieser Aufwand Kosten von deutlich weniger oder mehr als 100,00 €, die auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als grundsätzlich angemessene Schätzung angesehen werden, verursachen würde, ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Der Senat schätzt auf dieser Grundlage den Betrag, der zum vollständigen Ausgleich des immateriellen Schadens erforderlich ist, auf 100,00 €.

Eine andere Bemessung ergibt sich auch nicht anlässlich des Hinweises der Klägerin auf das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 08.01.2025 (T-354/22). Darin hat es wegen des Verlustes der Kontrolle über eine IP-Adresse, die unter Verstoß gegen Art. 46 VO (EU) 2018/1725 in ein Drittland ohne entsprechendes Datenschutzniveau übermittelt worden war, einen immateriellen Schadensersatz von 400,00 € zugesprochen. Weder dieser Entscheidung selbst, die ohne Begründung und ohne Kenntlichmachung zum Inhalt einer Abwägung zu Angemessenheit und Höhe des Schadensersatzes auskommt (Rn. 199 der Entscheidung), noch den Ausführungen der Klägerin vom 10.01.2025 sind anderweitige überzeugende Anknüpfungspunkte für eine Schätzung zu entnehmen…“