OLG Dresden: Der bloße Verlust der Kontrolle über personenbezogenen Daten nach Datenschutzvorfall kann auch ohne Nachweis der Befürchtung einer missbräuchlichen Verwendung zu einem Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO führen

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So unter anderem das Gericht erneut in einem Urteil vom 10. Dezember 2024 (Az.: 4 U 1200/24), mit dem das Gericht seine bisherige Rechtsprechung ändert und damit die Leitlinien des BGH aus dessen Urteil vom 18. November 2024 umsetzt. In dem Gerichtsverfahren waren auch in der Berufungsinstanz verschiedene Ansprüche zwischen den Parteien des Rechtsstreits streitig Das Gericht führt bezogen auf den geltend gemachten Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO hier in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Eine solche konkrete emotionale Beeinträchtigung der Klagepartei ist zur Überzeugung des Senates hier indes nicht eingetreten. Die schriftsätzlich allgemeine gehaltene Behauptung der Klagepartei, sie sei in einen Zustand großen Unwohlseins und Sorge über einen möglichen Missbrauch geraten, geht über alltägliche Empfindungen, die keine begründete Befürchtung rechtfertigen, nicht hinaus. Den Schluss auf einen realen und sicheren emotionalen Schaden (vgl. Schlussanträge des Generalanwaltes Pitruzzella vom 27.04.2023 – C -340/21, Rn 82, 83, – juris) erlaubt sie nicht. Da im Allgemeinen jeder Verstoß gegen eine Norm über den Schutz personenbezogener Daten zu einer negativen Reaktion der betroffenen Person führen kann (vgl. Schlussanträge des Generalanwaltes Campos Sanchez-Bordona von 06.10.2022 – C 300/21, Rn 113 – juris) und ein Schadensersatz, der sich aus einem bloßen Unmutsgefühl wegen der Nichtbeachtung des Rechts durch einen anderen ergibt, einem „Schadensersatz ohne Schaden“ recht nahe kommt, der nicht von Art. 82 erfasst ist (vgl. EuGH, Urteil vom 04.05.2023 – C – 300/21, Rn. 36 ff -juris), reicht demgegenüber allein die bloße Beunruhigung wegen des Diebstahls der eigenen personenbezogenen Daten nicht aus (vgl. Schlussanträge des Generalanwaltes Collins vom 26.10.2023 – C 182/22, Rn 24 – juris). Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinen emotionalen Schaden, der auf den Scraping-Vorfall zurückzuführen ist, glaubhaft gemacht. Gegen einen Schaden in Form der konkreten Angst vor einem Kontrollverlust spricht insbesondere, dass die behaupteten Beeinträchtigungen des Klägers keine Veranlassung geboten haben, seine Handynummer unverzüglich nach Kenntniserlangung zu ändern, um weiterem Missbrauch vorzubeugen und etwaigen Ängsten und Sorgen jedenfalls für die Zukunft die Grundlage zu entziehen. Hat die betroffene Person aber schon keinen Anlass gesehen, ihre Handynummer zu ändern, lässt dies regelmäßig den Rückschluss zu, dass sie selbst ihre Befürchtung nicht als hinreichend konkret ansieht. Woraus sich gleichwohl eine emotionale Beeinträchtigung ergeben soll, kann der Senat unter diesen Umständen nicht erkennen…“

Hinweis des Autors:

Am gleichen Tag ergingen durch das gleiche Gericht weitere Entscheidungen in ähnlich gelagerten Sachverhaltsgestaltungen zu folgenden Aktenzeichen:  4 U 598/24,4 U 653/24, 4 U 732/24, 4 U 751/24, 4 U 808/24, 4 U 813/24 und 4 U 842/24.