So das Gericht in einem Berufungsverfahren in einem Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO vom 21. Mai 2024 (Az.: 5 U 12/22) hinsichtlich der beabsichtigten Zurückweisung der durch das beklagte Unternehmen eingelegte Rechtsmittel der Berufung. Das beklagte Unternehmen hat das TÜV-Zertifikat, dass vormals zur Abrechnungsgenauigkeit für Energieleistungen erteilt worden war, weiterhin verwendet und auch auf den Ablauf hingewiesen. Dies reichte aber nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um die Irreführung nach § 5 UWG zu vermeiden. Das Gericht führt unter anderem in dem Hinweisbeschluss aus:
„…Der angesprochene Verkehr nimmt zuerst das in der Gestaltung hervorgehobene Logo des TÜV-Saarlandes wahr, und danach die Angabe, dass sich das TÜV-Zertifikat auf die „Abrechnungsgenauigkeit“ bei der „Energieabrechnung“ von Strom und Gas bezieht, eine „Geprüfte“ ist. Der angesprochene Verkehr versteht diese Angaben dahin, dass der TÜV-Saarland die „Abrechnungsgenauigkeit“ der Beklagten untersucht hat und in regelmäßigen Abständen weiter prüft und überwacht (vgl. auch BGH, aaO., Rn. 26).
Der Zusatz „gültig bis 25.06.2020“ (nachfolgend auch nur: „Gültigkeitszusatz“) ist hiervon abgesetzt, kleiner als das TÜV-Logo, im Gegensatz zu den Worten „Geprüfte Abrechnungsgenauigkeit“ nicht fett gedruckt und nimmt auch im Übrigen nicht am Blickfang teil.
Es ist schon zweifelhaft, ob der Gültigkeitszusatz vom angesprochenen Verkehr überhaupt zur Kenntnis genommen wird, oder ob er, falls er zur Kenntnis genommen wird, angesichts der Entfernung zu der Darstellung des TÜV-Logos und den rechts davon gedruckten Angaben damit in Verbindung gebracht wird. Aber selbst wenn der Gültigkeitszusatz zur Kenntnis genommen wird, ist zweifelhaft, ob angesichts der kleinen Schriftgröße und der schriftbildlichen Ähnlichkeit der Zahlen „6“ und „8“ erkannt wird, dass das TÜV-Zertifikat bereits im Juni 2020 abgelaufen ist und nicht erst im August 2020 abläuft.
Selbst wenn aber der Gültigkeitszusatz vom angesprochenen Verkehr (auch hinsichtlich des dort genannten Datums korrekt) wahrgenommen und auf das TÜV-Zertifikat bezogen werden würde, geht der angesprochene Verkehr davon aus, dass der TÜV-Saarland weiterhin die „Abrechnungsgenauigkeit“ der Beklagten regelmäßig prüft und überwacht.
Niemand wirbt aus Sicht des angesprochenen Verkehrs mit einem Zertifikat, das auf regelmäßigen Prüfungen durch den Aussteller basiert, aber bereits abgelaufen ist. Denn vorliegend geht der angesprochene Verkehr davon aus, dass bei einem die „Abrechnungsgenauigkeit“ ausweisenden Zertifikat wie dem vorliegenden von der verleihenden Stelle kontinuierlich überwacht wird, ob diese „Abrechnungsgenauigkeit“ weiterhin vorhanden ist (vgl. BGH, aaO.). Wenn das Zertifikat aber nicht mehr gültig ist, ist aus Sicht des angesprochenen Verkehrs diese Überwachung nicht mehr gegeben. Aus Sicht des Verkehrs ist das Zertifikat damit ohne Aussagekraft, denn für die mit dem Zertifikat verbundene Güteerwartung gibt es keine Grundlage mehr. Der Verkehr sieht daher eine Werbung mit einem „abgelaufenen“ Zertifikat, das seine Berechtigung auf eine regelmäßige Überprüfung gründet, als sinnlos an. Damit nimmt der angesprochene Verkehr den Gültigkeitszusatz nicht ernst, vielmehr nimmt der angesprochene Verkehr einen Irrtum an. Der Verkehr nimmt dabei entweder einen Schreibfehler an. Ein solcher Schreibfehler liegt vorliegend besonders nahe, da sich die Zahlen „6“ und „8“ im Schriftbild gleichen und bei einem am 11. August 2020 versandten Schreiben das Ablaufdatum 25. August 2020 als richtig und mit den Vorstellungen des Verkehrs im Einklang stehend erscheint. Oder der Verkehr nimmt an, die Beklagte habe vergessen, nach ursprünglich bis 25.06.2022 bestehender Gültigkeit und anschließender Verlängerung/Erneuerung der Gültigkeit das alte und überholte Gültigkeitsdatum durch das neue zu ersetzen…“
Hinweis des Autors:
Die Berufung wurde durch Beschluss vom 25. Juni 2024 (Az.: 5 U 12/22) zurückgewiesen.