So das Gericht in seinem Urteil vom 16. Juli 2024 (Az.: 7 U 133/23) in einem Rechtsstreit, in dem es um die Rückabwicklung eines über eBay geschlossenen Kaufvertrages zu einem hochwertigen Notebook ging. Das beklagte Unternehmen hatte nach dem Widerruf des Klägers die Rückerstattung des Kaufpreises von 7.049 EUR verweigert und sich unter anderem darauf berufen, dass der Kläger vor seiner Bestellung des Notebooks dieses auf der Basis einer Grundausstattung durch den Kläger mit individuellen Ausstattungsvarianten aus einer Auswahl ausgestattet worden sei.
Dieser Ansicht folgte das Gericht in seinem Urteil nicht. Grundsätzlich führt das Gericht zur Vorschrift des § 312g II Nr.1 BGB unter anderem in den Entscheidungsgründen aus:
„…Das Widerrufsrecht des Klägers ist nicht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Das Widerrufsrecht besteht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.
Die Regelung setzt Art. 16 lit c der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. L 2011/304, S. 64) um. Nach Nr. 49 der einleitenden Erwägungen zur Richtlinie sollen unter anderem für Fernabsatzverträge bestimmte Ausnahmen vom Widerrufsrecht gelten, die nach Kundenspezifikationen angefertigt oder auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, beispielsweise nach Maß gefertigte Vorhänge. Das Widerrufsrecht des Verbrauchers begründet ein erhöhtes Absatzrisiko des Verkäufers. Der Verbraucher kann den geschlossenen Vertrag ohne Begründung widerrufen, unabhängig davon, ob der Verkäufer die vertraglichen Pflichten erfüllt. Der Verkäufer muss also beim Fernabsatzgeschäft damit rechnen, dass der Kunde seinen Kaufentschluss ändert oder die Ware zurückgibt, weil er sie bei einem anderen Anbieter günstiger gesehen hat. Er ist dann darauf angewiesen, die zurückgegebene Ware anderweitig zu veräußern. Dieses Risiko ist dem Verkäufer nicht mehr zuzumuten, wenn die Ware infolge etwa einer Maßfertigung nach Angaben des Käufers nicht ohne weiteres erneut verkauft werden kann (BGH, Urteil vom 19.03.2003 – VIII ZR 295/01, BGHZ 154, 239, juris Rn. 13; Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312g Rn. 22). Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht sind eng auszulegen. Der Schutzzweck der Vorschrift erfasst nur die Fälle, in denen das Absatzrisiko wegen der Fertigung nach Angaben des Käufers erhöht ist…“
Bezogen auf den Rechtsstreit stellt das Gericht fest, dass die Auswahlmöglichkeiten des beklagten Unternehmens gerade nicht dazu führen, dass die Vorschrift anwendbar sein. Dazu das Gericht in den Entscheidungsgründen unter anderem:
„…Das vom Kläger bestellte Notebook unterliegt nicht dem Ausschluss des Widerrufsrechts. Es stellt ein Produkt dar, das nicht nach individueller Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher hergestellt wird. Vielmehr wird es vom Hersteller in verschiedenen Ausstattungen produziert und Angeboten, die vom Käufer bei der Bestellung aus den vom Verkäufer vorgegebenen Auswahlmöglichkeiten gewählt werden können. Ob das Notebook, wie die Beklagte vorträgt, tatsächlich von Apple auf die konkrete Bestellung des Klägers bzw. der Zwischenhändlerin, von der die Beklagte es bezogen hat, gefertigt wurde, kann dabei dahinstehen. Denn es ist nicht maßgeblich, ob die Produktion der bestellten Ware im Voraus erfolgt oder ob sie zur Vermeidung von Lagerkosten erst entsprechend der Nachfrage vorgenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2003 – VIII ZR 295/01, BGHZ 153, 239, juris Rn. 13). Anderenfalls könnte mit einer nachfrageorientierten Produktion das Widerrufsrecht in bestimmten Fällen eingeschränkt werden.
Entscheidens ist vielmehr, dass das Notebook wird nicht nach individueller Auswahl durch den Verbraucher, sondern serienmäßig in bestimmter Bauart hergestellt und hinsichtlich der vier Komponenten Prozessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte und Festplatte gefertigt wird. Die Auswahl des Kunden aus den vom Verkäufer vorgegebenen Möglichkeiten stellt keine vom Kunden für die Produktion vorgenommene Bestimmung im Sinn der Vorschrift dar, weil es an einer individuellen, vom Verkäufer erst mit der Bestellung zu berücksichtigenden Vorgabe fehlt (vgl. OLG München, Urteil vom 18.06.2020 – 31 U 7119/19, NJW-RR 2020, 1248, juris Rn. 67; LG Düsseldorf, Urteil vom 14.09.2016 – 12 O 357/15, juris; MüKOBGB/Wendehorst, § 312g Rn. 17). Vielmehr stellt der Verkäufer verschiedene Varianten des angebotenen Notebooks zur Verfügung, von denen der Käufer gerade nicht abweichen kann. Der Verkäufer kann sich mithin – anders als bei einer Bestellung etwa nach konkreten Maßen – von vornherein die zu liefernde Sache beschaffen und auf Bestellung ausliefern. Da die Auswahlmöglichkeiten für die Käufer vorgegeben und begrenzt sind, ist auch das Absatzrisiko grundsätzlich geringer, als dies bei maßgefertigten Textilien oder Möbelstücken der Fall ist. Jeder Kunde ist in die Lage versetzt, aus den vorgegebenen Varianten auszuwählen, so dass aus der Zahl von Auswahlmöglichkeiten grundsätzlich auch wiederholt dieselbe Bestellung aufgegeben werden wird.
Der Umstand, dass das hier bestellte Notebook von der Beklagten nur einmal verkauft wurde und dass es nach der vom Landgericht vorgenommenen Beweisaufnahme insgesamt selten nachgefragt ist, weil die Kombination der jeweils leistungsstärksten Komponenten aus Sicht der Konsumenten selten benötigt wird und angesichts des hohen Preises für das Notebook eher konstengünstigere Alternativen mit gleicher Leistung gesucht würden, steht dem nicht entgegen. Aus Sicht des Senats ist es die vom Verkäufer und vom Hersteller vorgegebene Auswahl, die auch die Möglichkeit der Konfiguration des bestellten Notebooks ermöglicht. Handelt es sich bei bestimmten Konfigurationen tatsächlich um „Ladenhüter“, so ist dies das Risiko, dass der Verkäufer bei Geräten, die in Serie hergestellt werden, regelmäßig trägt und dass sich hier aus den von ihm eröffneten Kombinationsmöglichkeiten ergibt…“
Hinweis des Autors:
Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist dem Autor bei der Erstellung des Beitrages nicht bekannt.