Dann, so das Gericht mit Endurteil vom 24. September 2024 (Az.: 3 U 460/24 UWG), liegt eine Irreführung durch Unterlassen nach §§ 5a I, II, § 5b I 3, Abs. 4 UWG vor. So entschieden in dem Rechtsstreit eines Lebensmittelverkäufers mit einem qualifizierten Wirtschaftsverband.
Auf die am 26. September 2024 ergangene Entscheidung des EuGH kam es nach Ansicht des Gerichts nicht an, auch wenn das Gericht sich umfangreich zu § 11 PAngV äußert.
Für das Gericht liegt eine Irreführung durch Unterlassen vor. Es begründet unter anderem wie folgt:
„…bb) Problematisch ist bereits, dass dem Verbraucher in der angegriffenen Werbeangabe insgesamt vier Preisinformationen angezeigt werden: Er sieht einen prozentualen Preisvorteil in Höhe von 36%, den derzeit verlangten Preis in Höhe von 4,44 €, den zuvor verlangten Streichpreis in Höhe von 6,99 € und in dem Fußnotentext zusätzlich den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage in Höhe von 4,44 €. Diese Vielzahl an Informationen, die in der Werbung kombiniert werden, sind für den Durchschnittsverbraucher mehr verwirrend, als dass Klarheit in Bezug auf den Preisvorteil und den Referenzpreis geschaffen wird: Durch die Angabe des Streichpreises und der sich daraus ergebenden prozentualen Rabatthöhe erfolgt vielmehr eine Ablenkung von dem nach § 11 Abs. 1 PAngV maßgeblichen Referenzpreis.
cc) Die Preiswerbung kombiniert jedoch nicht nur vier verschiedene Preisinformationen (prozentuale Rabatthöhe, derzeit verlangter Preis, Streichpreis und niedrigster Preis der letzten 30 Tage), sondern bezieht zusätzlich noch den – plakativ hervorgehobenen – angegebenen prozentualen Preisvorteil auf den zuvor verlangten Preis, statt auf den für den Verbraucher – auch vor dem Hintergrund der normativen Verbrauchererwartung – aussagekräftigeren niedrigsten Preis der letzten 30 Tage. Die Ermäßigung wird mithin zweimal, und zwar jeweils in plakativer Weise, in Bezug zum zuletzt verlangten Preis gesetzt, während der niedrigste Preis, zu deren Angabe die Beklagten gesetzlich verpflichtet ist, nur einmal in weniger deutlicher Weise erwähnt wird.
dd) Darüber hinaus ist der Fußnotentext, auf den die nach der Preisangabe „6.99“ hochgestellte Ziffer 1 verweist und in dem es heißt „Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: Jacobs Krönung 4.44 […]“, vollkommen unklar und missverständlich formuliert.
Den ersten Teil dieses Hinweises versteht der Durchschnittsverbraucher dahingehend, dass es sich bei der Preisangabe in Höhe von „6.99“ bei dem beworbenen Produkt „Jacobs Krönung“ um den „bisherigen 30-Tage-Bestpreis“ handelt, da sich die Fußnote direkt hinter der Preisangabe „6.99“ befindet und der Verbraucher erwartet, dass der Fußnotentext Erläuterungen zu diesem Preis enthält. Es ist bereits fraglich, ob der Durchschnittsverbraucher weiß, dass sich hinter diesem Begriff der Referenzpreis i.S.v. § 11 PAngV – also der niedrigste Gesamtpreis, den die Beklagte innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat – verbirgt. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre diese Information unzutreffend, da die Beklagte für das Produkt „Jacobs Krönung“ in der „Vorvorwoche“ (Zeitraum vom 05.12.2022 bis 10.12.2022) bereits den Preis in Höhe von 4,44 € verlangte.
Noch missverständlicher ist der zweite Teil des Hinweises (“außer: Jacobs Krönung 4.44“): Für den Adressaten, der sich der Werbung mit situationsadäquater Aufmerksamkeit zuwendet, ist dieser – wie der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen kann – nicht nachvollziehbar. Insbesondere versteht der durchschnittliche Verbraucher diese Formulierung, die ein Regel-Ausnahme-Verhältnis durch das Wort „außer“ zum Ausdruck bringt, nicht dahingehend, dass das Produkt „Jacobs Krönung“ in den letzten 30 Tagen schon einmal zum Preis von 4,44 € angeboten wurde. Vielmehr kann diese Angabe bei Verbrauchern auch zu der Annahme führen, der Hinweis in der Fußzeile würde genau für dieses Angebot nicht gelten, zumal der in der Fußzeile angegebene Preis von 4,44 € identisch mit dem in dem Angebot beworbenen Preis ist…“
Hinweis:
Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen.