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LG Frankenthal: fehlende Telefonnummer in Widerrufsbelehrung bei Fernabsatzverträgen führt nicht zur Verlängerung der Widerrufsfrist auf maximal 12 Monate und 14 Tage in Anwendung der §§ 356 III S. 2, 355 II S. 2, 356 II Nr. 1a BGB 

Es bleibt bei der durch den Verkäufer angegebenen Widerruffrist im Rahmen der Informationen zum Widerrufsrecht. So das Gericht mit Urteil vom 13. Dezember 2023 (Az.: 6 O 198/23) in einem Rechtsstreit über einen Autokauf, der mittels Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde, so dass das Fernabsatzecht wegen der Verbrauchereigenschaft des Klägers grundsätzlich Anwendung findet. Der klagende Käufer hatte einen Widerruf seines Vertrages erklärt. Das beklagte Unternehmen hatte in der verwendeten Widerrufsbelehrung keine Telefonnummer angegeben, obwohl eines solche auf der Internetseite im Impressum angegeben worden war. Das Gericht führt in den Entscheidungsgründen unter anderem aus:

„…Die Belehrung genügt nach Auffassung der Kammer den allgemeinen Anforderungen, nachdem hinreichend über die allgemeinen Bedingungen und Fristen belehrt worden ist, was der Kläger auch nicht ernsthaft in Zweifel zieht. Die Belehrung ist auch hinsichtlich des Verfahrens ausreichend. Insbesondere die einzige vom Kläger konkret gerügte Beanstandung einer fehlenden Telefonnummer führt nicht zu einer Unwirksamkeit der Belehrung, nachdem deren Mitteilung nicht für eine ordnungsgemäße Belehrung über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufs erforderlich ist. Es ist lediglich erforderlich, aber auch ausreichend den Adressaten des Widerrufs zu benennen und einen möglichen Kontaktweg aufzuzeigen (vgl. Staudinger/Thüsing (2019) BGB § 312d, Rn. 47; BeckOK BGB/Martens, 68. Ed. 1.11.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 28). Die in der Belehrung enthaltene Mitteilung des Adressaten einschließlich der Postadresse genügt diesen Anforderungen. Dem Wortlaut des Gesetzes kann nicht entnommen werden, dass sämtliche oder jedenfalls bestimmte Kontaktwege für einen Widerruf in der Belehrung genannt werden müssen, nachdem nur über die Bedingungen, das Verfahren und die Fristen, nicht aber über mögliche Formen des Widerrufs zu belehren ist. Hinzu kommt, dass eine grundsätzliche Pflicht zur Benennung sämtlicher Kontaktwege zu einer kaum zu rechtfertigenden Benachteiligung von Marktakteuren führen würde, die den Widerruf auch über eine Telefonnummer ermöglichen, obwohl sie zur Bereitstellung einer Telefonnummer zu diesem Zweck nach der Rechtsprechung des EuGH nicht verpflichtet sind (vgl. zur fehlenden Verpflichtung zur Einrichtung einer Telefonnummer zum Zwecke des Widerrufs, EuGH (1. Kammer), Urteil vom 10.7.2019 – C-649/17). Die gegenteilige Auffassung (vgl. BeckOGK/Busch, 1.7.2023, EGBGB Art. 246a § 1 Rn. 36; MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312d Rn. 55), wonach eine zum Widerruf bereitstehende Telefonnummer immer anzugeben ist, würde dazu führen, dass diejenigen Marktakteure, die eine Telefonnummer zur Verfügung stellen auch umfangreichere Belehrungspflichten haben, als diejenigen, die diesen (zusätzlichen) Weg zur Erklärung des Widerrufs nicht zur Verfügung stellen und so im Ergebnis einem nicht gerechtfertigten, größeren Risiko einer fehlerhaften Belehrung ausgesetzt wären.

Dieses Ergebnis gilt auch bei Würdigung der in der Anlage zum EGBGB zur Verfügung gestellten Musterwiderrufsbelehrung. Zum einen besteht keine Obliegenheit diese zu verwenden, sondern deren Verwendung bietet lediglich eine rechtssichere Belehrungsmöglichkeit für den Unternehmer (BGH, NJW 2023, 1964), sodass aus deren Inhalt nicht zwingend auf den Inhalt sämtlicher möglicher Belehrungen geschlossen werden kann. Zum anderen kann der bei Vertragsschluss geltenden Musterwiderrufsbelehrung einschließlich der damaligen Gestaltungshinweise nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass die Telefonnummer als möglicher Kommunikationsweg Bestandteil des in Art 246a § 1 EGBGB genannten Verfahrens ist, wenn dort bei den beispielhaft genannten Erklärungswegen lediglich der Brief und die E- Mail, jedoch nicht der telefonische Widerruf genannt werden und eine Telefonnummer nach den Gestaltungshinweisen nur angegeben werden muss, soweit diese verfügbar ist (vgl. mit ähnlichen Erwägungen, OLG Hamm Urt. v. 9.2.2023 – 18 U 125/22, BeckRS 2023, 3615 Rn. 55).

Eine Pflicht zur Angabe der Telefonnummer ergibt sich auch nicht aus Art 10 Abs. 1 RL 2011/83/EU, wonach dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. h RL 2011/83/EU über sein Widerrufsrecht belehrt hat, die Widerrufsfrist erst 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist abläuft. Insofern ist entsprechend der Umsetzung in das deutsche Recht gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. h RL 2011/83/EU ausdrücklich nur über das Bestehen eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und das Verfahren sowie das Muster-Widerrufsformular zu belehren. Jedenfalls ausdrücklich ist keine Mitteilungspflicht der in Art. 6 Abs. 1 lit. a RL 2011/83/EU genannten Telefonnummer oder über die möglichen Formen des Widerrufs normiert worden…“

Ähnlich entschieden hatte auch das LG Arnsberg

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