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BAG: kein Mitbestimmungsrecht für Betriebsrat bei Untersagung der privaten Nutzung von Smartphones durch Beschäftigte während der Arbeitszeit untersagt mit dem Ziel, eine ordnungsgemäße Arbeitsleitung der Beschäftigten zu gewährleisten

So das Gericht in seinem Beschluss vom 17. Oktober 2023 (Az.: 1 ABR 24/22). In dem Rechtsstreit zwischen einem Arbeitgeber und einem Betriebsrat war streitig, ob der Betriebsrat bei einer erfolgten Anordnung der Untersagung der privaten Nutzung übergangen und damit die Rechte aus § 87 I Nr.1 BetrVG im Hinblick auf das Mitbestimmungsrecht bei der betrieblichen Ordnung beeinträchtigt worden war. Die Richter des BAG sahen dies im zu entscheidenden Fall nicht, da es um das Arbeitsverhalten durch die Untersagung ging. In den Entscheidungsgründen wird unter anderem wie folgt begründet:

„…Wirkt sich die arbeitgeberseitige Maßnahme sowohl auf das Arbeits- als auch das Ordnungsverhalten aus, ist der überwiegende Regelungszweck für die Einordnung maßgebend (BAG 17. März 2015 – 1 ABR 48/13 – Rn. 22 mwN, BAGE 151, 117). Dieser richtet sich nach dem objektiven Inhalt der Maßnahme sowie der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens. Dabei ist eine – qualitative – Gewichtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers kommt es insoweit nicht an (vgl. BAG 17. Januar 2012 – 1 ABR 45/10 – Rn. 22 mwN, BAGE 140, 223).

cc) Nach Maßgabe dieser Grundsätze unterliegt die streitbefangene Anordnung der Arbeitgeberin nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Das von ihr ausgesprochene Verbot ist in erster Linie auf die Steuerung des Arbeitsverhaltens gerichtet.

(1) Nach ihrem objektiven Inhalt zielt die Weisung, während der Arbeitszeit keine Mobiltelefone oder Smartphones zu privaten Zwecken zu benutzen, darauf ab, zügiges und konzentriertes Arbeiten der Arbeitnehmer sicherzustellen, indem mögliche Ablenkungen privater Natur durch die Verwendung dieser Geräte unterbunden werden sollen. Die genannten Geräte – im allgemeinen Sprachgebrauch als Handys bezeichnet – verfügen über eine Vielzahl unterschiedlichster Funktionen, die die Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer binden und sie von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung abhalten oder zumindest ablenken können. So können neben dem Führen von Telefonaten durch verschiedene Messengerdienste Sprach- und Wortmitteilungen versendet oder entgegengenommen, auf die im Internet verfügbaren Inhalte und sozialen Netzwerke zugegriffen, Filme oder Videos angesehen sowie Musik abgespielt und ggf. elektronische Spiele gespielt werden. Die genannten – typischen – Verwendungsarten zeichnen sich dadurch aus, dass sie jeweils eine – ggf. auch nur kurze – aktive Bedienung des jeweiligen Geräts erfordern. Diese soll während der Arbeitszeit unterbleiben. Damit ist das von der Arbeitgeberin ausgesprochene Verbot in erster Linie auf die Steuerung des Arbeitsverhaltens gerichtet. Auch Anweisungen, die – wie im Streitfall – die zu verrichtenden Tätigkeiten zwar nicht unmittelbar konkretisieren, aber gleichwohl ihre Erbringung sicherstellen sollen, betreffen das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten (in diesem Sinn auch: von Hoyningen-Huene Anm. AP BetrVG 1972 § 87 Ordnung des Betriebs Nr. 10; Hromadka DB 1986, 1573, 1574). Soweit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Januar 1986 (- 1 ABR 75/83 – zu B 2 c und d der Gründe, BAGE 50, 330) ein engeres Verständnis des Begriffs des Arbeitsverhaltens zu entnehmen sein sollte, hält der Senat daran nicht mehr fest.

(2) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist eine andere Beurteilung nicht deshalb geboten, weil das streitbefangene Verbot Zeiträume mit umfasst, in denen es aus betrieblichen Gründen zu Arbeitsunterbrechungen kommen kann. Die Arbeitgeberin ist auch während dieser Zeiten aufgrund ihres Direktionsrechts berechtigt, die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer abzufordern und ihnen bestimmte Aufgaben zuzuweisen. Darüber hinaus soll die Anordnung sicherstellen, dass die Arbeitnehmer diese Zeiträume nutzen, um selbständig etwaige Nebenarbeiten auszuführen. Damit ist insoweit ebenfalls nicht das Ordnungs-, sondern das – mitbestimmungsfreie – Arbeitsverhalten betroffen. Ob es zu einer konkreten Beeinträchtigung der Arbeitsleistung durch die Nutzung von Mobiltelefonen und Smartphones zu privaten Zwecken kommt oder kommen kann, weil gerade keine Aufgaben zu erledigen sind, ist ohne Belang.

(3) Unerheblich ist, dass sich das von der Arbeitgeberin ausgesprochene Verbot auch auf das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer auswirken kann. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Nutzung von Mobiltelefonen und Smartphones während der Arbeitszeit das betriebliche Zusammenwirken berührt, etwa weil Musik oder Videos (zu) laut abgespielt werden oder das Führen privater Telefonate andere Arbeitnehmer stört. Der Umstand, dass eine arbeitgeberseitige Maßnahme nicht nur das Arbeitsverhalten, sondern – wenngleich in geringem Ausmaß – auch das Ordnungsverhalten betrifft, hat aber, anders als der Betriebsrat meint, nicht schon zur Folge, dass damit die gesamte Maßnahme auf das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Arbeitnehmer gerichtet wäre (aA DKW/Klebe 18. Aufl. § 87 Rn. 55). Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 2009 (- 1 ABR 87/07 – Rn. 23, BAGE 129, 364) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen, weil dort nicht gleichzeitig das Arbeits- und das Ordnungsverhalten betroffen waren. Für die Frage, ob eine Maßnahme, die beide Bereiche berührt, der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliegt, ist vielmehr ihr überwiegender Regelungszweck entscheidend. Im Streitfall liegt der Schwerpunkt der Untersagung – wie insbesondere ihre Beschränkung auf die Arbeitszeit erkennen lässt – auf der Steuerung des mitbestimmungsfreien Arbeitsverhaltens. Die wesentlichen Verwendungsarten von Mobiltelefonen und Smartphones – insbesondere das Telefonieren, das Lesen und Versenden von Kurznachrichten, die Nutzung sozialer Medien und das Anschauen von Videos – erfordern eine Betätigung des Geräts und beanspruchen die Aufmerksamkeit des einzelnen Arbeitnehmers für eine zumindest kurze Zeit. Dadurch kann es zu Arbeitsunterbrechungen, zu unkonzentriertem Arbeiten oder zur mangelnden Erledigung anfallender Nebenarbeiten kommen. Eine entsprechende Untersagung betrifft deshalb typischerweise und in erster Linie das Arbeitsverhalten…“

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